In den letzten Jahren habe ich immer wieder darüber geschrieben, dass ich von den bei uns gängigen 3 Mahlzeiten (und insbesondere von den meist empfohlenen Zwischenmahlzeiten) so rein gar nichts halte. Die Gründe dafür liegen für mich auf der Hand: Bei zu vielen Gelegenheiten gibt es einerseits umso mehr Risiken, dass die Mahlzeit in einen FA abgleitet, und andererseits ist es für den Körper tatsächlich nicht gesund, ständig etwas verdauen zu müssen. Ich denke bei solchen Gedankenspielen "Ist es wohl gesund oder nicht" immer an unsere Vorfahren zurück, die auch nicht immer auf eine prall gefüllte Vorratskammer zurückgreifen konnten und die wohl damals noch ziemlich gut in der Lage gewesen sein mussten, dennoch schnell genug vor dem angreifenden Säbelzahntiger zu flüchten. Naja. Letzlich ist der Grund natürlich, dass ich persönlich mit einer anderen Ernährungsweise besser klarkomme.
Aber das nur als Einleitung. Denn ich bin vor kurzem auf einen Artikel mit der Überschrift "Frühstücken ist das neue Rauchen" gestolpert und ich dachte mir nur: Halleluja, endlich mal ein sinnvoller Ernährungsratschlag. Auch wenn es im Grunde gar nicht um das Frühstück geht, sondern darum, kulturell fest verankerte Essgewohnheiten in Frage zu stellen, so war ich doch sehr erfreut darüber, dass anscheinend die Idee in der breiten Gesellschaft anzukommen scheint, dass es bei gesundem Essverhalten nicht darum geht, alles genau so zu adaptieren, wie es eben die Norm ist - wie beim Frühstück.
Klar, ich habe jahrelang sehr gut damit gelebt, öfter mal abends nichts mehr oder wenig zu essen (weil eine verlängerte "Fastenperiode" über Abend und Nacht die Zellteilung und damit die Alterung und das Wachstum von entarteten Zellen hemmt), musste mir dafür aber auch oft kritische Kommentare anhören, à la "Aha, sie hat ja immer noch essgestörte Tendenzen". Dass es aber darum geht, dass jeder ehemals Essgestörte seinen eigenen Rhythmus finden muss, sich in der Zwischenzeit auch mit eher ungewöhnlichen Formen des Essverhaltens beschäftigt hat (Stichwort Intermittierendes Fasten, Dinner Cancelling, vegane Ernährung, etc.) und dann irgendwann auch den für sich passenden Weg gefunden hat - und sich dieser dann womöglich auch von der kulturellen Norm unterscheidet - das wird dabei nicht gesehen, und dementsprechend auch nicht als persönliche Leistung anerkannt. Auch wenn es das meiner Meinung nach definitiv ist, denn es zeugt von sehr viel Willen, an sich selbst zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln, den eigenen Körper beobachten zu lernen und letztlich von sehr viel Optimismus und Lebensfreude.
Und ja, ich möchte tatsächlich auch eine Lanze brechen für all diejenigen, die mit der Ernährung experimentieren und sich nicht mit dem abgeben, was von außen auf sie einströmt. Die nicht irgendwelche strikten Ernährungspläne übernehmen, sondern die sich selbst auf die Suche begeben und Dinge einfach mal ausprobieren. Wobei ich an dieser Stellen auch anmerken möchte, dass man für diesen Schritt natürlich auch bereit sein muss - vielen helfen möglichst genaue Essenspläne ja auch, vor allem in einem frühen Stadium der Heilung. Das ist klar. Aber ob Gluten mir gut tut oder nicht, ob ich mit veganer Ernährung leistungsfähiger bin oder nicht, und ob Milchprodukte bei mir verstärkt zu FAs führen oder nicht, das kann ich doch nur herausfinden, wenn ich es ausprobiere. Und an diesem Ausprobieren kann ich tatsächlich nichts Schlimmes finden - im Gegenteil.
Wichtig ist hier dennoch, dass man irgendwann zu einem sicheren Essverhalten findet, das einem eben auch die Geborgenheit und die Sicherheit gibt, die Essen geben kann. Damit meine ich die gesunde Geborgenheit, nicht die falsche, nicht die kontrollierende. Wichtig ist, dass diese Suche nicht zu einer generellen Verunsicherung führt. Die Suche ist richtig und wichtig, wenn der Weg des Experimentierens mit Genussmomenten gepflastert ist, mit neuen Entdeckungen, und wenn sie letztlich zu einem individuell guten Essverhalten führt, das Körper und Geist nährt.
Was bedeutet "normal" im Bezug auf das Essverhalten? Vor vielen Jahren habe ich mich mit dieser Frage beschäftigt und kann heute ganz bestimmt darauf antworten: Normal ist das, was sich im Rahmen der Norm befindet - also das, was der Durchschnitt denkt und macht. Eine Norm ist somit immer ein gesellschaftlich verankertes Phänomen und hat mit dem, was ich persönlich fühle und möchte, zunächst mal rein gar nichts zu tun. Es ist für mich nur ein Orientierungsmaßstab - und wenn ich sehe, ich weiche davon ab, dann ist das in meinen Augen keine Wertung, sondern in allererster Linie erstmal eine Feststellung. Also ist auch ein "normales Essverhalten" nicht gut oder schlecht - es ist nur das Essverhalten des Großteils unserer Gesellschaft.
Man könnte den Gedanken natürlich auch weiterführen und würde dann feststellen, dass ein Großteil unserer Gesellschaft ja auch übergewichtig ist, unter chronischen Krankheiten leidet und dass diese Phänomene auch wiederum auf das Essverhalten zurückzuführen sind. Also gibt es für mich überhaupt keinen Grund, dieses normale Essverhalten anzustreben, da ich ja sehe, dass es nicht immer gut und gesund sein kann.
Darum ist es eben unerlässlich, dass sich jeder mit Essstörung auch ganz persönlich mit der Frage auseinandersetzt, welche Art der Ernährung ihm gut tut, und dass dies nicht nur ein Gedankenspiel bleiben kann, sondern dass das Suchen nach diesem individuell guten Essverhalten auch viel Experimentieren beinhalten sollte, denn nichts ist so wertvoll wie die eigene Erfahrung.
Donnerstag, 4. Februar 2021
Samstag, 12. Oktober 2019
Was tun mit der inneren Leere?
Ja, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern und diese Erinnerung schmerzt: Die innere Leere während meiner Zeit mit Bulimie, die ich viele Jahre erlebt habe, war teils so stark, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass jemals besser werden könnte, dass ich sie irgendwann abstreifen könnte. Aber ich habe es geschafft, und ich werde mal etwas darüber schreiben, wie ich es gemacht habe.
In meinen Augen hat es diese innere Leere bei Betroffenen von Bulimie sehr leicht, "sich breit zu machen". Denn ich sehe einen ganz klaren Zusammenhang zwischen dieser inneren Leere und der Betäubung von Emotionen durch FAs. Bei (vielen) gesunden Menschen ohne Essstörung gibt es diese extreme innere Leere nicht, da sie normalerweise in Kontakt zu ihren Emotionen und zu ihrer inneren Stimme stehen. Sobald die innere Stimme durch FAs immer wieder weggedrückt wird, kommt sie immer schwerer "durch" bzw. nach oben ins Bewusstsein. Dadurch entsteht diese extreme innere Leere oder auch Unruhe - instinktiv weiß der Körper eben, dass etwas ganz enorm nicht stimmt.
Die Emotionen, die eigentlich ja wichtige Wegweiser für unser Leben und unseren Alltag sind, werden durch den FA einfach weggedrückt - und wie bei einem schreienden Kind sind sie dann vielleicht erstmal still, aber durch das Wegdrücken ist der Grund des Schreiens ja nicht behoben. Sie kommen irgendwann wieder, wimmern weiter vor sich hin. Irgendwann hat das Kind dann aber auch gelernt, dass es nicht erwünscht ist und lässt das Schreien ganz sein und versucht stattdessen, sich irgendwie anders zu beruhigen, um nicht "zur Last zu fallen".
Nicht ohne Grund gibt es das Bild des Inneren Kinds. Dabei werden Emotionen und Bedürfnisse durch das Innere Kind personifiziert. Man fragt man sich, was braucht mein inneres Kind gerade, wie könnte ich "ihm" (und damit also mir selbst) gerade helfen, um mich wohl zu fühlen? Dabei habe ich selbst auch die Erfahrung gemacht, dass man sich durch diese Vorstellung, dadurch, sich das Innere Kind ja sozusagen als 2. Person vorzustellen (als kindliche Version der eigenen Person) die eigenen Bedürfnisse sehr viel klarer werden, weil man eine gewisse Distanz gewinnt. Das hat auch viel damit zu tun, dass man eine andere Person normalerweise viel respektloser und einfühlsamer behandeln würde, als das bei einer Person mit Bulimie oft der Fall ist - hier herrscht oft ein respektloser und abfälliger "innerer Ton".
Meiner Erfahrung nach kann diese Vorstellung, dass in einem selbst ein Inneres Kind ist, um das man sich kümmern muss, schon einen sehr guten Ansatz liefern, um diese innere Leere wieder aufzufüllen. Die innere Leere ist nichts, was für immer da sein wird. Sie ist vielmehr ein Symptom der Bulimie, das du genau wie die Bulimie loswerden kannst.
In meinen Augen hat es diese innere Leere bei Betroffenen von Bulimie sehr leicht, "sich breit zu machen". Denn ich sehe einen ganz klaren Zusammenhang zwischen dieser inneren Leere und der Betäubung von Emotionen durch FAs. Bei (vielen) gesunden Menschen ohne Essstörung gibt es diese extreme innere Leere nicht, da sie normalerweise in Kontakt zu ihren Emotionen und zu ihrer inneren Stimme stehen. Sobald die innere Stimme durch FAs immer wieder weggedrückt wird, kommt sie immer schwerer "durch" bzw. nach oben ins Bewusstsein. Dadurch entsteht diese extreme innere Leere oder auch Unruhe - instinktiv weiß der Körper eben, dass etwas ganz enorm nicht stimmt.
Die Emotionen, die eigentlich ja wichtige Wegweiser für unser Leben und unseren Alltag sind, werden durch den FA einfach weggedrückt - und wie bei einem schreienden Kind sind sie dann vielleicht erstmal still, aber durch das Wegdrücken ist der Grund des Schreiens ja nicht behoben. Sie kommen irgendwann wieder, wimmern weiter vor sich hin. Irgendwann hat das Kind dann aber auch gelernt, dass es nicht erwünscht ist und lässt das Schreien ganz sein und versucht stattdessen, sich irgendwie anders zu beruhigen, um nicht "zur Last zu fallen".
Nicht ohne Grund gibt es das Bild des Inneren Kinds. Dabei werden Emotionen und Bedürfnisse durch das Innere Kind personifiziert. Man fragt man sich, was braucht mein inneres Kind gerade, wie könnte ich "ihm" (und damit also mir selbst) gerade helfen, um mich wohl zu fühlen? Dabei habe ich selbst auch die Erfahrung gemacht, dass man sich durch diese Vorstellung, dadurch, sich das Innere Kind ja sozusagen als 2. Person vorzustellen (als kindliche Version der eigenen Person) die eigenen Bedürfnisse sehr viel klarer werden, weil man eine gewisse Distanz gewinnt. Das hat auch viel damit zu tun, dass man eine andere Person normalerweise viel respektloser und einfühlsamer behandeln würde, als das bei einer Person mit Bulimie oft der Fall ist - hier herrscht oft ein respektloser und abfälliger "innerer Ton".
Meiner Erfahrung nach kann diese Vorstellung, dass in einem selbst ein Inneres Kind ist, um das man sich kümmern muss, schon einen sehr guten Ansatz liefern, um diese innere Leere wieder aufzufüllen. Die innere Leere ist nichts, was für immer da sein wird. Sie ist vielmehr ein Symptom der Bulimie, das du genau wie die Bulimie loswerden kannst.
Dienstag, 8. Oktober 2019
Der erste Schritt aus der Bulimie
Eine der meistgestellten Fragen überhaupt: Was genau muss ich eigentlich zuerst machen, damit ich es aus der Bulimie schaffe? Dazu will ich heute schreiben, was meiner Meinung nach der allererste Schritt sein muss.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie es bei mir damals war. Okay, zugegeben, es ist jetzt schon viele Jahre her - aber die Erinnerung daran ist so stark, dass ich es heute mit dir teilen will. Damals, als ich noch mit der Bulimie zu kämpfen hatte, hätte ich mir nie vorstellen können, dass dieser eine Schritt wirklich so viel in Gang setzen kann: Ich habe mich damals dazu entschlossen, mich nicht mehr zu übergeben. Ja, egal, wieviel ich essen sollte und wie "schlimm" der FA sein sollte - kein Übergeben mehr.
Was danach passiert ist: Ich habe mich vorher (also vor einem FA) viel bewusster gefragt, ob dieser FA jetzt wirklich sein muss. Oft habe ich mich dann doch für einen FA "entschieden" - ja, ich habe endlich wieder die Kontrolle bei mir selbst und nicht der Bulimie gesehen. ICH konnte mich für oder gegen einen FA entscheiden.
Wie ich schon öfter beschrieben habe, habe ich dann zu Beginn auch für mich festgelegt, dass FAs am Wochenende erlaubt sind. Dass ich einen FA haben kann, wenn ich möchte. Und interessanterweise hatte ich dann oft am Wochenende gar keine Lust mehr darauf. Auch hier kam das paradoxe Phänomen zum Tragen, das man auch in anderen Bereichen der Bulimie wiederfindet: Was verboten ist, das wird so interessant und faszinierend, dass man fast keine Kontrolle mehr darüber hat. Sobald man es sich aber bewusst erlaubt, verliert das "Objekt" (wie hier der FA) seine Faszination. Es ist wie ein Schleier, den man davon entfernt und erkennt, dass es gar nicht so spannend und toll ist, wie man vorher dachte. Man fängt nämlich plötzlich an, sich dieses Objekt genauer anzuschauen, in dem Fall den FA: Ist es das jetzt wirklich wert? Ist es das wert, dass ich diese ganze Zeit dafür aufwende, dann mich danach vielleicht übergeben muss (für diejenigen, die es genauso ungern gemacht haben wie ich) und mich danach total ausgelaugt und k.o. fühle? Was genau will ich gerade wegdrücken und betäuben - wäre es nicht viel besser, mich damit direkt auseinanderzusetzen, um etwas Belastendes endlich aus der Welt zu schaffen?
Diese ganzen Fragen haben sich mir nach dieser Entscheidung gestellt. Indem ich mir ganz klar gemacht habe, dass es ab sofort einfach kein Übergeben mehr gibt, dass es keine Option mehr ist, wurden wie bei einem Domino-Effekt viele kleine Schritte angestoßen, die mir letztlich den Weg in die Heilung geebnet haben. Ich wünsche dir, dass du auch diesen Mut hast!
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie es bei mir damals war. Okay, zugegeben, es ist jetzt schon viele Jahre her - aber die Erinnerung daran ist so stark, dass ich es heute mit dir teilen will. Damals, als ich noch mit der Bulimie zu kämpfen hatte, hätte ich mir nie vorstellen können, dass dieser eine Schritt wirklich so viel in Gang setzen kann: Ich habe mich damals dazu entschlossen, mich nicht mehr zu übergeben. Ja, egal, wieviel ich essen sollte und wie "schlimm" der FA sein sollte - kein Übergeben mehr.
Was danach passiert ist: Ich habe mich vorher (also vor einem FA) viel bewusster gefragt, ob dieser FA jetzt wirklich sein muss. Oft habe ich mich dann doch für einen FA "entschieden" - ja, ich habe endlich wieder die Kontrolle bei mir selbst und nicht der Bulimie gesehen. ICH konnte mich für oder gegen einen FA entscheiden.
Wie ich schon öfter beschrieben habe, habe ich dann zu Beginn auch für mich festgelegt, dass FAs am Wochenende erlaubt sind. Dass ich einen FA haben kann, wenn ich möchte. Und interessanterweise hatte ich dann oft am Wochenende gar keine Lust mehr darauf. Auch hier kam das paradoxe Phänomen zum Tragen, das man auch in anderen Bereichen der Bulimie wiederfindet: Was verboten ist, das wird so interessant und faszinierend, dass man fast keine Kontrolle mehr darüber hat. Sobald man es sich aber bewusst erlaubt, verliert das "Objekt" (wie hier der FA) seine Faszination. Es ist wie ein Schleier, den man davon entfernt und erkennt, dass es gar nicht so spannend und toll ist, wie man vorher dachte. Man fängt nämlich plötzlich an, sich dieses Objekt genauer anzuschauen, in dem Fall den FA: Ist es das jetzt wirklich wert? Ist es das wert, dass ich diese ganze Zeit dafür aufwende, dann mich danach vielleicht übergeben muss (für diejenigen, die es genauso ungern gemacht haben wie ich) und mich danach total ausgelaugt und k.o. fühle? Was genau will ich gerade wegdrücken und betäuben - wäre es nicht viel besser, mich damit direkt auseinanderzusetzen, um etwas Belastendes endlich aus der Welt zu schaffen?
Diese ganzen Fragen haben sich mir nach dieser Entscheidung gestellt. Indem ich mir ganz klar gemacht habe, dass es ab sofort einfach kein Übergeben mehr gibt, dass es keine Option mehr ist, wurden wie bei einem Domino-Effekt viele kleine Schritte angestoßen, die mir letztlich den Weg in die Heilung geebnet haben. Ich wünsche dir, dass du auch diesen Mut hast!
Samstag, 5. Oktober 2019
Andere enttäuschen - Warum das so wichtig ist
Ist euch schonmal aufgefallen, dass der Begriff "Enttäuschung" eine ganz besondere Bedeutung hat? Aufgrund seiner Wortherkunft hat er nämlich eigentlich gar keine negative Bedeutung. Er bedeutet einfach nur, jemanden zu ent-täuschen, also ihm die Täuschung der eigenen Person zu nehmen. Das ist ja im Grunde nichts schlechtes, denn so hat derjenige die Möglichkeit, die wahre Person hinter dieser Maske wahrzunehmen.
In der letzten Zeit ist mir persönlich immer wieder ein Thema nahe gegangen, und zwar ein persönliches. Es geht dabei darum, dass Menschen aus meinem Umfeld in einem gewissen Bereich enttäuscht von mir sind, da ich mich für einen Lebensweg entschieden habe, den sie nicht gutheißen. Dabei ist mir lange Zeit gar nicht aufgefallen, dass sie das enttäuscht hat. Sie haben es mir nur so offen gezeigt. Nun kam es aber dazu, dass sie es mir ganz offen gesagt haben, als sich ein "passender" Zeitpunkt ergeben hat.
Nun ja, ich habe also lange überlegt, wie ich ihnen meine Entscheidung erklären soll, oder wie ich ihre Enttäuschung verringern könnte. Wie ich ihnen eine "Brücke bauen" kann, so dass wir uns aufgrund der entstandenen Distanz wieder annähern können. Mittlerweile habe ich aber erkannt, dass sie es einfach nicht akzeptieren können, und dass ich meine Aufgabe in dieser Situation auch erfüllt habe- was sie mit der Situation anfangen, liegt jetzt ganz allein bei ihnen.
Das meine ich mit Enttäuschung - sie wissen jetzt Bescheid und können sich selbst überlegen, ob sie weiter damit hadern oder ob sie es akzeptieren. Ob sie mich dafür verurteilen oder eben nicht - es liegt jetzt nicht mehr in meiner Hand. Selbst wenn sie mich jetzt abwerten, kann ich zu meinen Entscheidungen stehen - denn es ist nach wie vor mein Leben, nicht ihres. Ja, natürlich gibt es zwischen Menschen auch immer eine Beziehung, weshalb es sie auch betrifft, aber das ändert nichts daran.
Das hat in meinen Augen auch rein gar nichts mit Egoismus zu tun - sondern vielmehr damit, Grenzen zu setzen. Zu erkennen: Das kann ich tun, und über dies und jenes habe ich einfach keine Macht. Zum Beispiel darüber, wie sie meine Entscheidungen bewerten. Diese Haltung kann vieles vereinfachen und bestimmt auch viele unnötige Sorgen vermeiden. Und sicherlich auch viel Verbiegen, weil man Angst davor hat, wie man und seine Entscheidungen von anderen bewertet werden.
In der letzten Zeit ist mir persönlich immer wieder ein Thema nahe gegangen, und zwar ein persönliches. Es geht dabei darum, dass Menschen aus meinem Umfeld in einem gewissen Bereich enttäuscht von mir sind, da ich mich für einen Lebensweg entschieden habe, den sie nicht gutheißen. Dabei ist mir lange Zeit gar nicht aufgefallen, dass sie das enttäuscht hat. Sie haben es mir nur so offen gezeigt. Nun kam es aber dazu, dass sie es mir ganz offen gesagt haben, als sich ein "passender" Zeitpunkt ergeben hat.
Nun ja, ich habe also lange überlegt, wie ich ihnen meine Entscheidung erklären soll, oder wie ich ihre Enttäuschung verringern könnte. Wie ich ihnen eine "Brücke bauen" kann, so dass wir uns aufgrund der entstandenen Distanz wieder annähern können. Mittlerweile habe ich aber erkannt, dass sie es einfach nicht akzeptieren können, und dass ich meine Aufgabe in dieser Situation auch erfüllt habe- was sie mit der Situation anfangen, liegt jetzt ganz allein bei ihnen.
Das meine ich mit Enttäuschung - sie wissen jetzt Bescheid und können sich selbst überlegen, ob sie weiter damit hadern oder ob sie es akzeptieren. Ob sie mich dafür verurteilen oder eben nicht - es liegt jetzt nicht mehr in meiner Hand. Selbst wenn sie mich jetzt abwerten, kann ich zu meinen Entscheidungen stehen - denn es ist nach wie vor mein Leben, nicht ihres. Ja, natürlich gibt es zwischen Menschen auch immer eine Beziehung, weshalb es sie auch betrifft, aber das ändert nichts daran.
Das hat in meinen Augen auch rein gar nichts mit Egoismus zu tun - sondern vielmehr damit, Grenzen zu setzen. Zu erkennen: Das kann ich tun, und über dies und jenes habe ich einfach keine Macht. Zum Beispiel darüber, wie sie meine Entscheidungen bewerten. Diese Haltung kann vieles vereinfachen und bestimmt auch viele unnötige Sorgen vermeiden. Und sicherlich auch viel Verbiegen, weil man Angst davor hat, wie man und seine Entscheidungen von anderen bewertet werden.
Samstag, 28. September 2019
Ein Weg, seine Angst loszuwerden
Neulich habe ich von einem sehr spannenden Ansatz zu Ängsten gelesen, es war ein Ansatz des Psychologen Alfred Adler. Dabei ging es darum: Ängste entstehen nicht einfach so, sondern werden produziert, um etwas nicht machen zu müssen. Das bedeutet beispielsweise, dass jemand, der sich zuhause in seiner Wohnung isoliert und nicht mehr nach draußen geht, irgendwann früher oder später, auch eine Angst davor entwickelt, seine Wohnung zu verlassen. Von nun an hat er auch eine Begründung dafür, warum er seine Wohnung nicht mehr verlassen kann - seine Angst.
Genau so erklärt er auch andere Ängste - aus dem fehlenden Mut, sich einer Herausforderung nicht stellen zu müssen. Wie im Fall oben die soziale Angst entsteht - aus dem fehlenden Mut, sich den Herausforderungen zu stellen, die sich im sozialen Miteinander gezwungenermaßen ergeben, wählt derjenige den scheinbar einfachen Weg und verkriecht sich in seine Wohnung. Das zugrundeliegende Problem ist also nicht die Angst, sondern der nicht vorhandene Mut.
Die Lösung bei diesem Ansatz, also der Weg, die Angst aufzulösen, liegt also darin, den Mut aufzubringen und zu verstehen, dass man auch nur dann wachsen und sich weiterentwickeln kann, wenn man den Herausforderungen - wie auch immer diese aussehen mögen - des Lebens mutig begegnet.
Bei meinen Überlegungen zu diesem Ansatz ist mir auch wieder mal aufgefallen, dass ich meine größten "inneren Wachstumsschübe" immer dann gemacht habe, wenn ich mich solchen großen Herausforderungen gestellt habe. Das Gefühl, so eine Herausforderung erfolgreich gemeistert zu haben, ist einfach unbeschreiblich und gibt natürlich auch dem Selbstwertgefühl einen enormen Schub.
Übrigens: Der Ansatz Alfred Adler´s nennt sich Individualpsychologie, und weil ich ihn äußerst spannend und sinnvoll finde, werdet ihr sicherlich an anderer Stelle nochmal mehr darüber lesen können. Ich sehe darin auch große Überschneidungen zu Ansätzen von Seneca und anderen Stoikern bzw. der Achtsamkeitsbewegung, von denen ich ebenfalls sehr überzeugt bin, dass sie Betroffenen helfen können.
Genau so erklärt er auch andere Ängste - aus dem fehlenden Mut, sich einer Herausforderung nicht stellen zu müssen. Wie im Fall oben die soziale Angst entsteht - aus dem fehlenden Mut, sich den Herausforderungen zu stellen, die sich im sozialen Miteinander gezwungenermaßen ergeben, wählt derjenige den scheinbar einfachen Weg und verkriecht sich in seine Wohnung. Das zugrundeliegende Problem ist also nicht die Angst, sondern der nicht vorhandene Mut.
Die Lösung bei diesem Ansatz, also der Weg, die Angst aufzulösen, liegt also darin, den Mut aufzubringen und zu verstehen, dass man auch nur dann wachsen und sich weiterentwickeln kann, wenn man den Herausforderungen - wie auch immer diese aussehen mögen - des Lebens mutig begegnet.
Bei meinen Überlegungen zu diesem Ansatz ist mir auch wieder mal aufgefallen, dass ich meine größten "inneren Wachstumsschübe" immer dann gemacht habe, wenn ich mich solchen großen Herausforderungen gestellt habe. Das Gefühl, so eine Herausforderung erfolgreich gemeistert zu haben, ist einfach unbeschreiblich und gibt natürlich auch dem Selbstwertgefühl einen enormen Schub.
Das Schönste, was eine Fee einem Kind in die Wiege legen kann, sind Schwierigkeiten, die es überwinden muß. - Alfred Adler
Übrigens: Der Ansatz Alfred Adler´s nennt sich Individualpsychologie, und weil ich ihn äußerst spannend und sinnvoll finde, werdet ihr sicherlich an anderer Stelle nochmal mehr darüber lesen können. Ich sehe darin auch große Überschneidungen zu Ansätzen von Seneca und anderen Stoikern bzw. der Achtsamkeitsbewegung, von denen ich ebenfalls sehr überzeugt bin, dass sie Betroffenen helfen können.
Samstag, 21. September 2019
Mythbusting: Warum du deine Vergangenheit nicht aufarbeiten musst, um die Bulimie loszuwerden
Moment mal, hab ich mich verschrieben in der Überschrift - Ich muss meine Vergangenheit nicht aufarbeiten, um die Bulimie loszuwerden? Genau, das musst du nicht. Und natürlich werde ich dir auch gleich erklären, warum.
Zunächst mal basiert die Vorstellung davon, das Vergangene aufzuarbeiten und zu verstehen, auf der Annahme, dass die Zukunft nur dann gelingen kann, wenn die Vergangenheit verstanden wurde. Warum waren meine Eltern so und warum haben sie sich so und so verhalten. Warum hat mir XY dies und das angetan. Warum habe ich mich damals so und so verhalten. Nach dem Motto "Nur wenn ich die Vergangenheit verstanden und bewältigt habe, kann ich die Zukunft wirklich angehen".
Meiner Meinung ist das zwar vielleicht in gewisser Hinsicht interessant, mehr über die Zusammenhänge in der Vergangenheit zu erfahren, aber nicht relevant für das Überwinden der Bulimie. Es reicht in meinen Augen völlig, sich mit seiner Vergangenheit zu versöhnen. Sich nicht zu fragen: "Warum haben sich meine Eltern so und so verhalten?" - sondern sich vielmehr zu fragen: "Wie kann ich meinen Eltern verzeihen, obwohl sie sich so und so verhalten haben?"
Bulimie hat immer eine Ursache, sie hat sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in dein Leben eingeschlichen, als sie es einfach hatte, sich dort festzubeißen. Krankheiten können sich auch nur dann ausbreiten, wenn dein Immunsystem zu schwach ist, um den Erreger abzuwehren. Irgendein bestimmter Umstand, ein gewisses ungesundes Denken hat es der Bulimie und dem entsprechenden Gedankengut zu diesem Zeitpunkt einfach gemacht, in dein System, sich in deinen Gedanken einzunisten. Weil du damals zu schwach warst, um diese Gedanken, diese Verhaltensweisen schnell genug wieder abzuwehren, hat sie sich richtig festgesetzt und ist eben jetzt immer noch da.
Das heißt nicht, dass du jetzt, Jahre später, nochmal etliche Jahre damit zubringen musst, nach der "wahren Ursache" zu forschen - aus einem einzigen Grund: alles, was du dir jetzt im Nachhinein konstruierst, wird immer auf Annahmen und verzerrten Erinnerungen basieren. Das liegt nicht dir, sondern daran, dass jeder Mensch nur Bruchstücke erinnert und alle Erinnerungen persönlich eingefärbt sind. Manchmal glauben wir sogar, etwas erlebt zu haben, weil wir Vorstellungen und Wirklichkeit im Nachhinein vermischen - das macht jeder, weil es unser Gehirn nur aufgrund von Verallgemeinerungen und Vereinfachungen und "Schubladendenken" funktionieren kann und nur so die Millionen von Informationen, die wir jeden Tag neu bekommen, überhaupt nur sinnvoll einordnen und verarbeiten kann.
Jetzt kommen wir aber zum wirklich wichtigen, interessanten Teil: Was du stattdessen machen kannst. Dazu möchte ich wieder auf meinen aktuellen Lieblingspsychologen Alfred Adler zurückkommen. Dieser spricht davon, dass wir alle psychischen Störungen loswerden können, wenn wir nur genug Mut aufbringen und uns unseren Herauforderungen in den Bereichen "Lebensaufgaben" angehen: das sind Arbeit, Liebe und Gemeinschaft. Wenn wir versuchen, eine oder mehrere dieser Bereiche zu ignorieren oder als nicht wichtig erachten, dann werden wir seiner Meinung nach ein Ungleichgewicht entwickeln, das wir psychisch versuchen auszugleichen - dadurch entstehen nach diesem Ansatz psychische Störungen.
Dieser Ansatz von Adler ist nur einer von vielen, die alle davon ausgehen, dass unsere Vergangenheit nicht unsere Zukunft bestimmt. Du hast es zu jedem Zeitpunkt selbst in der Hand, deine Zukunft anders zu gestalten als die Vergangenheit, du musst nur den Mut aufbringen, es auch zu tun.
Zunächst mal basiert die Vorstellung davon, das Vergangene aufzuarbeiten und zu verstehen, auf der Annahme, dass die Zukunft nur dann gelingen kann, wenn die Vergangenheit verstanden wurde. Warum waren meine Eltern so und warum haben sie sich so und so verhalten. Warum hat mir XY dies und das angetan. Warum habe ich mich damals so und so verhalten. Nach dem Motto "Nur wenn ich die Vergangenheit verstanden und bewältigt habe, kann ich die Zukunft wirklich angehen".
Meiner Meinung ist das zwar vielleicht in gewisser Hinsicht interessant, mehr über die Zusammenhänge in der Vergangenheit zu erfahren, aber nicht relevant für das Überwinden der Bulimie. Es reicht in meinen Augen völlig, sich mit seiner Vergangenheit zu versöhnen. Sich nicht zu fragen: "Warum haben sich meine Eltern so und so verhalten?" - sondern sich vielmehr zu fragen: "Wie kann ich meinen Eltern verzeihen, obwohl sie sich so und so verhalten haben?"
Bulimie hat immer eine Ursache, sie hat sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in dein Leben eingeschlichen, als sie es einfach hatte, sich dort festzubeißen. Krankheiten können sich auch nur dann ausbreiten, wenn dein Immunsystem zu schwach ist, um den Erreger abzuwehren. Irgendein bestimmter Umstand, ein gewisses ungesundes Denken hat es der Bulimie und dem entsprechenden Gedankengut zu diesem Zeitpunkt einfach gemacht, in dein System, sich in deinen Gedanken einzunisten. Weil du damals zu schwach warst, um diese Gedanken, diese Verhaltensweisen schnell genug wieder abzuwehren, hat sie sich richtig festgesetzt und ist eben jetzt immer noch da.
von Khadeeja Yasser / unsplash.com |
Das heißt nicht, dass du jetzt, Jahre später, nochmal etliche Jahre damit zubringen musst, nach der "wahren Ursache" zu forschen - aus einem einzigen Grund: alles, was du dir jetzt im Nachhinein konstruierst, wird immer auf Annahmen und verzerrten Erinnerungen basieren. Das liegt nicht dir, sondern daran, dass jeder Mensch nur Bruchstücke erinnert und alle Erinnerungen persönlich eingefärbt sind. Manchmal glauben wir sogar, etwas erlebt zu haben, weil wir Vorstellungen und Wirklichkeit im Nachhinein vermischen - das macht jeder, weil es unser Gehirn nur aufgrund von Verallgemeinerungen und Vereinfachungen und "Schubladendenken" funktionieren kann und nur so die Millionen von Informationen, die wir jeden Tag neu bekommen, überhaupt nur sinnvoll einordnen und verarbeiten kann.
Jetzt kommen wir aber zum wirklich wichtigen, interessanten Teil: Was du stattdessen machen kannst. Dazu möchte ich wieder auf meinen aktuellen Lieblingspsychologen Alfred Adler zurückkommen. Dieser spricht davon, dass wir alle psychischen Störungen loswerden können, wenn wir nur genug Mut aufbringen und uns unseren Herauforderungen in den Bereichen "Lebensaufgaben" angehen: das sind Arbeit, Liebe und Gemeinschaft. Wenn wir versuchen, eine oder mehrere dieser Bereiche zu ignorieren oder als nicht wichtig erachten, dann werden wir seiner Meinung nach ein Ungleichgewicht entwickeln, das wir psychisch versuchen auszugleichen - dadurch entstehen nach diesem Ansatz psychische Störungen.
Dieser Ansatz von Adler ist nur einer von vielen, die alle davon ausgehen, dass unsere Vergangenheit nicht unsere Zukunft bestimmt. Du hast es zu jedem Zeitpunkt selbst in der Hand, deine Zukunft anders zu gestalten als die Vergangenheit, du musst nur den Mut aufbringen, es auch zu tun.
Donnerstag, 19. September 2019
Warum ich nichts von Essprotokollen halte
Es gibt in der herkömmlichen Therapie für (bzw. gegen) Bulimie Essprotokolle, die Betroffene schreiben sollen, um sich einen Überblick über ihr Essverhalten zu verschaffen. Teils werden diese Protokolle auch mit den Behandlern geteilt, damit diese einen Einblick bekommen. Essprotokolle sollen beispielsweise auch dabei helfen, bestimmte Situationen zu identifizieren, in denen vermehrt Essanfälle passieren. So hat jemand beispielsweise Angst vor einem Treffen mit anderen Leuten, und bekommt darum vorher einen Essanfall. Dann kann im Nachhinein der Schluss gezogen werden, dass vermutlich diese Angst vor dem Treffen zu dem FA geführt hat.
In dem Protokoll sollen alle Mahlzeiten notiert werden. Außerdem wird notiert, ob andere Personen anwesend waren, an welchem Ort ich gegessen habe, zu welcher Uhrzeit und natürlich was genau und wieviel davon. Auch die Gefühle zum Zeitpunkt der Mahlzeit und danach werden aufgeschrieben.
Diese Methode ist relativ verbreitet und wird auch in vielen auf Essstörungen spezialisierten Kliniken so angewendet.
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich diese Methode nie wirklich konsequent selbst angewendet habe. Wie der eine oder andere Leser vielleicht weiß, war ich nur einmal für wenige Wochen in einer Klinik und meine Besuche bei Psychologen kann man an einer Hand abzählen. Also habe ich diese Methode nie wirklich für mich entdeckt. Es hat aber auch einen bestimmten Grund, warum ich später, als ich die "Behandlung" meiner Bulimie selbst in die Hand genommen habe, nicht zu Essprotokollen gegriffen habe.
Warum habe ich mich also dagegen entschieden? Es gibt zwei wirklich größere Gründe dafür:
Kann gestörtes Verhalten wirklich durch Kontrolle wieder normalisiert werden? Das glaube ich nicht. Mir ging es damals zunächst darum, wieder ein Gefühl für mein Essen und die Mengen zu entwickeln. Dafür brauche ich niemanden, der mir sagt, dass 500 Gramm Brot zum Frühstück zu viel sind - das weiß ich selbst. Und wenn ich mich entscheiden sollte, trotzdem so viel zu essen und es okay für mich ist - dann soll mir bitte auch niemand vorwerfen, dass ich so viel esse. Ich möchte nicht, dass jemand mein Essen beurteilt und bewertet. Denn wenn ich aus der Bulimie rauswill, dann entwickle ich meine eigenen Strategien und Vorgehensweisen, und wenn da 500 Gramm Brot zum Frühstück für eine Weile dazugehört, dann ist das eben so (bei mir war es übrigens wirklich so, und so bin ich auch gesund geworden. Nicht weil ich soviel gegessen habe, sondern weil ich dadurch eine "Strategie" entwickeln konnte, die zu mir gepasst hat). Wenn ich dann bis abends auch keinen Appetit mehr habe und das Mittagessen auslasse - so what? Ich möchte experimentieren, wenn ich in dieser Situation bin und mir kein Korsett anziehen lassen mit so einem Protokoll. Mir hätte das damals in keinem Fall geholfen, sondern es hätte Hass und Wut ausgelöst, weil ich nicht meine eigenen Strategien entwickeln darf.
Dieser Punkt kann gar nicht genug betont werden. Lasst euch von anderen nicht sagen, was ihr wann und wieviel davon essen sollt! Findet es selbst raus.
Von wem wird so ein Essprotokoll bewertet - oft sind es Psychologen, denen ganz essentielles Wissen in Bezug auf Ernährung fehlt. Wenn es andersrum ein Ernährungsberater ist, der es bewertet, dann fehlt ihm das Wissen in psychologischen Bereichen und er kann keine validen Schlüsse aus dem Protokoll ziehen. Wenn ich niemanden habe, der das Protokoll vernünftig auswerten und mir erklären kann - für wen schreibe ich es dann? Mal als Beispiel: Vor etlichen Jahren, als ich noch betroffen war, habe ich das Buch "Zucker und Bulimie" von Inke Jochims gelesen. Darin werden die neurochemischen (suchtähnlichen) Vorgänge erklärt, die v.a. von einfachen Kohlenhydraten (Zuckern) ausgelöst werden. Dieses Wissen ist leider immer noch nicht bei der breiten Masse angekommen. Ein Psychologe würde viele vermutlich auslachen, wenn sie erzählen würden, dass sie von bestimmten Lebensmitteln nahezu abhängig sind, auch wenn diese Zusammenhänge mittlerweile sehr gut erforscht sind. Auch generell rate ich sehr dazu, über Dinge nur mit Leuten zu reden, die selbst Experten auf dem Gebiet sind. Und ein Psychologe ist kein Experte in Ernährungsdingen, das muss jedem klar sein.
So - meine abschließende Meinung dürfte gut rübergekommen sein - ich halte rein gar nichts von Essprotokollen und habe das auch noch nie getan. Es gibt mittlerweile auch digitale Essprotokolle, die natürlich auf dem gleichen Prinzip basieren und in meinen Augen nicht zielführend sind. Falls euch jemand die Methode vorschlägt, dürft ihr das ja gern ablehnen und einen besseren Vorschlag machen: Experimentieren mit Mahlzeiten auf eigene Faust wäre mein Vorschlag :)
In dem Protokoll sollen alle Mahlzeiten notiert werden. Außerdem wird notiert, ob andere Personen anwesend waren, an welchem Ort ich gegessen habe, zu welcher Uhrzeit und natürlich was genau und wieviel davon. Auch die Gefühle zum Zeitpunkt der Mahlzeit und danach werden aufgeschrieben.
Diese Methode ist relativ verbreitet und wird auch in vielen auf Essstörungen spezialisierten Kliniken so angewendet.
von Jan Kahanek / unsplash.com |
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich diese Methode nie wirklich konsequent selbst angewendet habe. Wie der eine oder andere Leser vielleicht weiß, war ich nur einmal für wenige Wochen in einer Klinik und meine Besuche bei Psychologen kann man an einer Hand abzählen. Also habe ich diese Methode nie wirklich für mich entdeckt. Es hat aber auch einen bestimmten Grund, warum ich später, als ich die "Behandlung" meiner Bulimie selbst in die Hand genommen habe, nicht zu Essprotokollen gegriffen habe.
Warum habe ich mich also dagegen entschieden? Es gibt zwei wirklich größere Gründe dafür:
1) Kontrolle
Kann gestörtes Verhalten wirklich durch Kontrolle wieder normalisiert werden? Das glaube ich nicht. Mir ging es damals zunächst darum, wieder ein Gefühl für mein Essen und die Mengen zu entwickeln. Dafür brauche ich niemanden, der mir sagt, dass 500 Gramm Brot zum Frühstück zu viel sind - das weiß ich selbst. Und wenn ich mich entscheiden sollte, trotzdem so viel zu essen und es okay für mich ist - dann soll mir bitte auch niemand vorwerfen, dass ich so viel esse. Ich möchte nicht, dass jemand mein Essen beurteilt und bewertet. Denn wenn ich aus der Bulimie rauswill, dann entwickle ich meine eigenen Strategien und Vorgehensweisen, und wenn da 500 Gramm Brot zum Frühstück für eine Weile dazugehört, dann ist das eben so (bei mir war es übrigens wirklich so, und so bin ich auch gesund geworden. Nicht weil ich soviel gegessen habe, sondern weil ich dadurch eine "Strategie" entwickeln konnte, die zu mir gepasst hat). Wenn ich dann bis abends auch keinen Appetit mehr habe und das Mittagessen auslasse - so what? Ich möchte experimentieren, wenn ich in dieser Situation bin und mir kein Korsett anziehen lassen mit so einem Protokoll. Mir hätte das damals in keinem Fall geholfen, sondern es hätte Hass und Wut ausgelöst, weil ich nicht meine eigenen Strategien entwickeln darf.
Dieser Punkt kann gar nicht genug betont werden. Lasst euch von anderen nicht sagen, was ihr wann und wieviel davon essen sollt! Findet es selbst raus.
2) Bewertung durch Leute, die nicht unbedingt Ahnung von Ernährung haben
Von wem wird so ein Essprotokoll bewertet - oft sind es Psychologen, denen ganz essentielles Wissen in Bezug auf Ernährung fehlt. Wenn es andersrum ein Ernährungsberater ist, der es bewertet, dann fehlt ihm das Wissen in psychologischen Bereichen und er kann keine validen Schlüsse aus dem Protokoll ziehen. Wenn ich niemanden habe, der das Protokoll vernünftig auswerten und mir erklären kann - für wen schreibe ich es dann? Mal als Beispiel: Vor etlichen Jahren, als ich noch betroffen war, habe ich das Buch "Zucker und Bulimie" von Inke Jochims gelesen. Darin werden die neurochemischen (suchtähnlichen) Vorgänge erklärt, die v.a. von einfachen Kohlenhydraten (Zuckern) ausgelöst werden. Dieses Wissen ist leider immer noch nicht bei der breiten Masse angekommen. Ein Psychologe würde viele vermutlich auslachen, wenn sie erzählen würden, dass sie von bestimmten Lebensmitteln nahezu abhängig sind, auch wenn diese Zusammenhänge mittlerweile sehr gut erforscht sind. Auch generell rate ich sehr dazu, über Dinge nur mit Leuten zu reden, die selbst Experten auf dem Gebiet sind. Und ein Psychologe ist kein Experte in Ernährungsdingen, das muss jedem klar sein.
So - meine abschließende Meinung dürfte gut rübergekommen sein - ich halte rein gar nichts von Essprotokollen und habe das auch noch nie getan. Es gibt mittlerweile auch digitale Essprotokolle, die natürlich auf dem gleichen Prinzip basieren und in meinen Augen nicht zielführend sind. Falls euch jemand die Methode vorschlägt, dürft ihr das ja gern ablehnen und einen besseren Vorschlag machen: Experimentieren mit Mahlzeiten auf eigene Faust wäre mein Vorschlag :)
Montag, 16. September 2019
Arte - Doku: Welchen Einfluss hat Essen auf unsere Entscheidungen?
Diese tolle Doku von Arte muss ich unbedingt mit euch teilen:
Hier noch die Beschreibung der Dokumentation:
"[...] Du bist, was du isst! Seit jeher stellt der Volksmund einen engen Zusammenhang zwischen Ernährung und Verhalten her. Forschungsarbeiten in aller Welt belegen derzeit, dass sehr viel Wahres in diesen alten Weisheiten steckt. [...] Und in Deutschland hat eine Psychologin der Universität Lübeck nachgewiesen, dass die Zusammensetzung des Frühstücks das soziale Verhalten beeinflusst. [...] Neuro-Nutrition heißt der Wissenschaftszweig an der Schnittstelle zwischen Neurologie und Ernährungswissenschaft [...] Viele Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass die Auswirkungen ungesunder Ernährung auf das Gehirn mitverantwortlich für die hohe Zahl übergewichtiger Menschen in den westlichen Industrieländern sind [...]"
Hier noch die Beschreibung der Dokumentation:
"[...] Du bist, was du isst! Seit jeher stellt der Volksmund einen engen Zusammenhang zwischen Ernährung und Verhalten her. Forschungsarbeiten in aller Welt belegen derzeit, dass sehr viel Wahres in diesen alten Weisheiten steckt. [...] Und in Deutschland hat eine Psychologin der Universität Lübeck nachgewiesen, dass die Zusammensetzung des Frühstücks das soziale Verhalten beeinflusst. [...] Neuro-Nutrition heißt der Wissenschaftszweig an der Schnittstelle zwischen Neurologie und Ernährungswissenschaft [...] Viele Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass die Auswirkungen ungesunder Ernährung auf das Gehirn mitverantwortlich für die hohe Zahl übergewichtiger Menschen in den westlichen Industrieländern sind [...]"
Samstag, 14. September 2019
Warum du die Angst vor dem Alleinsein überwinden musst
Viele haben heute ja Angst davor, alleine zu sein. Man lässt sich auch sehr leicht vom Smartphone oder irgendwelchen anderen Banalitäten ablenken. Dabei liegt genau im Alleinsein eine ganz besondere Kraft, ein großes Potenzial, um innerlich zu wachsen und seine Persönlichkeit zu entwickeln - was wiederum dazu führt, sich seiner Bedürfnisse deutlicher klar zu werden.
Die Natur hat es für uns vorgesehen, dass wir uns prinzipiell gern in Gruppen oder mit anderen Menschen aufhalten. Extreme Isolation kann sogar zu psychischen Störungen führen. Jemanden ins Exil zu schicken oder in Isolationshaft zu nehmen, deutet schon stark darauf hin, dass das Abgeschnittensein von Anderen im Allgemeinen nicht sehr positiv ist, sondern eher als Bestrafung eingesetzt wurde bzw. immer noch wird.
Um Exil oder Isolationshaft soll es in diesem Artikel natürlich nicht gehen. Es geht vielmehr darum, dass schon die Vorstellung davon, ein paar wenige Tage alleine zu sein, bei vielen Menschen große Angst auslöst. Viele können sich nicht mehr vorstellen, nicht ständig irgendetwas nebenher laufen zu haben und sich passiv berieseln zu lassen.
Auch abends vor dem Einschlafen ist es für viele normal geworden, so lange vor dem Smartphone oder Laptop zu sitzen / zu liegen, bis einem die Augen zufallen. Dabei kann Alleinesein ohne diese ständige Berieselung auch einen inneren Zufluchtsort darstellen - den die meisten aber gar nicht mehr kennen.
Natürlich bedeutet Alleinsein auch gleichzeitig, dass andere Menschen nicht da sind - und damit fällt auch das weg, was uns oft daran hindert, tiefer in uns selbst hineinzublicken. Es ist die sog. "soziale Persona" - also eine Rolle, die wir im Zusammensein mit anderen Menschen zwangsläufig einnehmen. Dabei geht es gar nicht darum, dass wir uns verstellen. Wir müssen nur, um mit anderen Menschen auszukommen, uns nach außen hin fokussieren. Das hat gleichzeitig zur Folge, dass wir unseren Fokus von unserem Inneren weg richten. Dadurch schaffen wir es nicht, tief in unser Inneres einzutauchen, wenn wir unter Anderen sind.
Viele finden diesen Zugang zu sich selbst besonders gut in der Natur... bei einer längeren Reise, auf der man ganz alleine ist, bei einer Wanderung, ... In der Hinsicht will ich aber keine konkreteren Hinweise geben, denn jeder findet etwas eigenes. Bei mir war es mal eine längere Radreise, die relativ spontan war, aber an die ich immer zurückdenken werde. Ich habe sehr viel über mich selbst auf dieser Reise gelernt, aber was noch viel wichtiger war: ich konnte neue Zuversicht schöpfen, dass ich immer zu meinem inneren Zufluchtsort zurückkommen kann - jederzeit, ohne Restriktion. Das ist das beste Gefühl überhaupt, so einen inneren Anker zu haben.
Die Natur hat es für uns vorgesehen, dass wir uns prinzipiell gern in Gruppen oder mit anderen Menschen aufhalten. Extreme Isolation kann sogar zu psychischen Störungen führen. Jemanden ins Exil zu schicken oder in Isolationshaft zu nehmen, deutet schon stark darauf hin, dass das Abgeschnittensein von Anderen im Allgemeinen nicht sehr positiv ist, sondern eher als Bestrafung eingesetzt wurde bzw. immer noch wird.
von Noah Siliman / unsplash.com |
Um Exil oder Isolationshaft soll es in diesem Artikel natürlich nicht gehen. Es geht vielmehr darum, dass schon die Vorstellung davon, ein paar wenige Tage alleine zu sein, bei vielen Menschen große Angst auslöst. Viele können sich nicht mehr vorstellen, nicht ständig irgendetwas nebenher laufen zu haben und sich passiv berieseln zu lassen.
Auch abends vor dem Einschlafen ist es für viele normal geworden, so lange vor dem Smartphone oder Laptop zu sitzen / zu liegen, bis einem die Augen zufallen. Dabei kann Alleinesein ohne diese ständige Berieselung auch einen inneren Zufluchtsort darstellen - den die meisten aber gar nicht mehr kennen.
Natürlich bedeutet Alleinsein auch gleichzeitig, dass andere Menschen nicht da sind - und damit fällt auch das weg, was uns oft daran hindert, tiefer in uns selbst hineinzublicken. Es ist die sog. "soziale Persona" - also eine Rolle, die wir im Zusammensein mit anderen Menschen zwangsläufig einnehmen. Dabei geht es gar nicht darum, dass wir uns verstellen. Wir müssen nur, um mit anderen Menschen auszukommen, uns nach außen hin fokussieren. Das hat gleichzeitig zur Folge, dass wir unseren Fokus von unserem Inneren weg richten. Dadurch schaffen wir es nicht, tief in unser Inneres einzutauchen, wenn wir unter Anderen sind.
"Der eine geht zum Nächsten, weil er sich sucht, und der andre, weil er sich verlieren möchte. Eure schlechte Liebe zu euch selber macht euch aus der Einsamkeit ein Gefängnis." - aus Nietzsches "So sprach Zarathustra"Hier wird deutlich, dass jemand, der sich selbst hasst, natürlich nicht mit sich selbst alleine sein will. Die wichtigen Erkenntnisse über das eigene Leben können nicht komplett von anderen Leuten kommen - sie müssen aus uns selbst kommen. Diese innere Stimme hören wir am besten, wenn wir alleine sind, und uns dabei nicht ablenken lassen.
Viele finden diesen Zugang zu sich selbst besonders gut in der Natur... bei einer längeren Reise, auf der man ganz alleine ist, bei einer Wanderung, ... In der Hinsicht will ich aber keine konkreteren Hinweise geben, denn jeder findet etwas eigenes. Bei mir war es mal eine längere Radreise, die relativ spontan war, aber an die ich immer zurückdenken werde. Ich habe sehr viel über mich selbst auf dieser Reise gelernt, aber was noch viel wichtiger war: ich konnte neue Zuversicht schöpfen, dass ich immer zu meinem inneren Zufluchtsort zurückkommen kann - jederzeit, ohne Restriktion. Das ist das beste Gefühl überhaupt, so einen inneren Anker zu haben.
Donnerstag, 22. August 2019
Eiweißmangel oder nur Lust auf Süßes?
Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass Eiweißmangel sich oft als Heißhunger auf Süßes äußert. Das hat mich ziemlich zum Nachdenken gebracht. Der Zusammenhang war mir zwar schon längere Zeit bewusst, allerdings habe ich es erst so richtig selbst gespürt, als ich einige Zeit mal unabsichtlich etwas weniger Eiweiß als sonst gegessen habe. Da konnte ich sofort den Unterschied zwischen dem Eiweißappetit und sonstigem Hunger erkennen.
Der Eiweißappetit äußerte sich so, dass ich mir beim Gedanken an Eiweißhaltiges sofort das Wasser im Mund zusammenlief. Und beim Gedanken an Schokolade war das dann auch sofort wieder weg. Denn ich wollte ja etwas mit Eiweiß, und alles andere hätte mich in dem Moment nicht zufrieden gestellt.
Inzwischen ist auch alles wieder völlig normal und mein Appetit auf Eiweiß bewegt sich wieder im normalen Bereich. Trotzdem hat mich diese Erfahrung wieder darauf gebracht, weswegen ich das Thema hier eigentlich aufgreife: der Eiweißmangel bei Bulimie.
Wie komme ich darauf? Nunja, Bulimie äußert sich ja nunmal in Heißhungerattacken. Während der restlichen Zeit ernähren sich die Betroffenen ja eher "zurückhaltend". Das heißt, das oft auf Lebensmittel zurückgegriffen wird, die nicht unbedingt reich an Eiweiß sind. Vielmehr werden eiweißhaltige Dinge eher vermieden. Es ist gut möglich, dass viele z.B. aufgrund des Buchs "Zucker und Bulimie" mittlerweile wissen, dass man mit Eiweiß oder Eiweißshakes den FAs vorbeugen kann, aber ob Betroffene das dann auch so machen, steht auf einem anderen Blatt.
Die herkömmlichen eiweißbetonten Lebensmittel wie Fleisch- und Wurstwaren, Fisch oder Käse sind entweder meistens Teil einer "richtigen Mahlzeit" (wie Fleisch, also schwierig) oder fetthaltig (Wurst oder Käse, wegen des Fetts auch schwierig). Andere Milchprodukte wie Joghurt sind nicht unbedingt stark fetthaltig, enthalten aber auch keine großen Mengen an Eiweiß. Zu den ganzen Überlegungen kommt noch hinzu, dass viele Betroffene vielleicht vegan oder vegetarisch sind, und aufgrund dessen viele Eiweißquellen für sich ausschließen.
Eine normale Ernährung, die den Eiweißbedarf deckt, ist bei Betroffenen aufgrund der Natur der "Sache" nicht gegeben. Hinzu kommt eine körperliche Komponente. Kohlenhydrate werden, auch abhängig von ihrer Komplexität, z.B. teilweise schon im Mund resorbiert. Wenn erbrochen wird, können also dennoch "wenigstens" oftmals schon ein paar Kohlenhydrate aufgenommen werden. Proteine hingegen werden zunächst aufgespalten und schließlich im Dünndarm resorbiert. Dahin gelangen sie oftmals jedoch durch das Erbrechen erst gar nicht. Dadurch kann bei Bulimie durchaus ein Eiweißmangel entstehen.
Es ist also relativ wichtig, den Unterschied zu kennen und mal bei sich zu beobachten, worauf sich der Appetit wirklich bezieht, auch um tatsächlich einen Eiweißmangel zu beheben - der unter anderem auch Essanfälle nach sich ziehen kann.
Unterschied zwischen Appetit auf Eiweiß und Appetit auf Süßes
Der Eiweißappetit äußerte sich so, dass ich mir beim Gedanken an Eiweißhaltiges sofort das Wasser im Mund zusammenlief. Und beim Gedanken an Schokolade war das dann auch sofort wieder weg. Denn ich wollte ja etwas mit Eiweiß, und alles andere hätte mich in dem Moment nicht zufrieden gestellt.
Inzwischen ist auch alles wieder völlig normal und mein Appetit auf Eiweiß bewegt sich wieder im normalen Bereich. Trotzdem hat mich diese Erfahrung wieder darauf gebracht, weswegen ich das Thema hier eigentlich aufgreife: der Eiweißmangel bei Bulimie.
Warum sind Betroffene gefährdet, einen Eiweißmangel zu entwickeln?
Wie komme ich darauf? Nunja, Bulimie äußert sich ja nunmal in Heißhungerattacken. Während der restlichen Zeit ernähren sich die Betroffenen ja eher "zurückhaltend". Das heißt, das oft auf Lebensmittel zurückgegriffen wird, die nicht unbedingt reich an Eiweiß sind. Vielmehr werden eiweißhaltige Dinge eher vermieden. Es ist gut möglich, dass viele z.B. aufgrund des Buchs "Zucker und Bulimie" mittlerweile wissen, dass man mit Eiweiß oder Eiweißshakes den FAs vorbeugen kann, aber ob Betroffene das dann auch so machen, steht auf einem anderen Blatt.
Die herkömmlichen eiweißbetonten Lebensmittel wie Fleisch- und Wurstwaren, Fisch oder Käse sind entweder meistens Teil einer "richtigen Mahlzeit" (wie Fleisch, also schwierig) oder fetthaltig (Wurst oder Käse, wegen des Fetts auch schwierig). Andere Milchprodukte wie Joghurt sind nicht unbedingt stark fetthaltig, enthalten aber auch keine großen Mengen an Eiweiß. Zu den ganzen Überlegungen kommt noch hinzu, dass viele Betroffene vielleicht vegan oder vegetarisch sind, und aufgrund dessen viele Eiweißquellen für sich ausschließen.
Eine normale Ernährung, die den Eiweißbedarf deckt, ist bei Betroffenen aufgrund der Natur der "Sache" nicht gegeben. Hinzu kommt eine körperliche Komponente. Kohlenhydrate werden, auch abhängig von ihrer Komplexität, z.B. teilweise schon im Mund resorbiert. Wenn erbrochen wird, können also dennoch "wenigstens" oftmals schon ein paar Kohlenhydrate aufgenommen werden. Proteine hingegen werden zunächst aufgespalten und schließlich im Dünndarm resorbiert. Dahin gelangen sie oftmals jedoch durch das Erbrechen erst gar nicht. Dadurch kann bei Bulimie durchaus ein Eiweißmangel entstehen.
Es ist also relativ wichtig, den Unterschied zu kennen und mal bei sich zu beobachten, worauf sich der Appetit wirklich bezieht, auch um tatsächlich einen Eiweißmangel zu beheben - der unter anderem auch Essanfälle nach sich ziehen kann.
Samstag, 22. Juni 2019
Warum du dir große Ziele setzen solltest
Hast du schonmal darüber nachgedacht, was dich dazu motivieren könnte, den letzten Schritt aus der Bulimie zu gehen? Auf meinem eigenen Weg bis hin zum schließlich letzten Schritt ist mir vieles klar geworden. Dass viele meiner Ziele gar nicht meine eigenen waren. Dass ich in vielen Bereichen gar nicht wusste, was ich mir eigentlich für mein Leben vorstelle.
Irgendwann war mein Leben mit Bulimie so un-lebenswert geworden, dass ich in eine Depression gefallen bin. Erst in diesem Zustand wurde mir klar, dass ich so nicht weitermachen kann. Ich musste mir überlegen, wie mein Leben von nun an aussehen soll. In dieser Zeit beschäftigte ich mich viel mit sehr umfassenden Fragen, wie beispielsweise: Was will ich in dieser Welt verändern? Was will ich hinterlassen? Was sind meine Aufgaben in diesem Leben?
Ich bin der Meinung, dass kleine Fragen und vor allem "kleine Ziele" dir keine Motivation geben. Wenn du Geld sparen willst, wird es dich höchstwahrscheinlich nicht motivieren, wenn du einfach sagst: Ich will 100 EUR sparen. Stattdessen setzt du dir ein Ziel von 10.000 oder 100.000 EUR. Am besten noch verknüpft mit einer bestimmten Aktivität - du willst dir ein Jahr Auszeit gönnen oder dir ein Haus kaufen. Was auch immer - mit kleinen Zielen sperrst du dich selbst ein - und vor allem funktionieren sie nicht.
Darum: Denk darüber nach, was die Welt gewinnen könnte, wenn du frei in ihr "wirken" könntest. Du könntest deine Energie für Dinge einsetzen, die dir wirklich etwas bedeuten. Sei es für die Natur, deine Mitmenschen, deine Familie, für dein ganz eigenes Projekt. Welche Aufgabe wurde dir mitgegeben?
Irgendwann war mein Leben mit Bulimie so un-lebenswert geworden, dass ich in eine Depression gefallen bin. Erst in diesem Zustand wurde mir klar, dass ich so nicht weitermachen kann. Ich musste mir überlegen, wie mein Leben von nun an aussehen soll. In dieser Zeit beschäftigte ich mich viel mit sehr umfassenden Fragen, wie beispielsweise: Was will ich in dieser Welt verändern? Was will ich hinterlassen? Was sind meine Aufgaben in diesem Leben?
Ich bin der Meinung, dass kleine Fragen und vor allem "kleine Ziele" dir keine Motivation geben. Wenn du Geld sparen willst, wird es dich höchstwahrscheinlich nicht motivieren, wenn du einfach sagst: Ich will 100 EUR sparen. Stattdessen setzt du dir ein Ziel von 10.000 oder 100.000 EUR. Am besten noch verknüpft mit einer bestimmten Aktivität - du willst dir ein Jahr Auszeit gönnen oder dir ein Haus kaufen. Was auch immer - mit kleinen Zielen sperrst du dich selbst ein - und vor allem funktionieren sie nicht.
Darum: Denk darüber nach, was die Welt gewinnen könnte, wenn du frei in ihr "wirken" könntest. Du könntest deine Energie für Dinge einsetzen, die dir wirklich etwas bedeuten. Sei es für die Natur, deine Mitmenschen, deine Familie, für dein ganz eigenes Projekt. Welche Aufgabe wurde dir mitgegeben?
Donnerstag, 20. Juni 2019
"Symptomfrei", aber nie geheilt?
Obwohl ich nun die Bulimie schon sehr viele Jahre überwunden habe, bin ich immer mal wieder im Internet auf der Suche nach Erfolgsgeschichten. Einfach um zu schauen, ob es vielleicht neue Ansätze und Strategien gibt.
Dabei bin ich immer wieder auf Aussagen gestoßen (sowohl von Fachleuten als auch von ehemals Betroffenen), dass Bulimiker nicht vollständig geheilt werden, sondern nur symptomfrei werden können. Als Begründung soll herhalten, dass die Gedanken angeblich immer noch ums Essen und Gewicht kreisen, auch wenn man keine klassischen Symptome wie FAs mehr hat.
Das halte ich gelinde gesagt für völligen Schwachsinn. Und ja, ich eigne mich als besten Beweis dafür, dass eine Heilung möglich ist. Ich kann mittlerweile, viele Jahre später, z.B. abends nicht mehr hundertprozentig sicher sagen, ob und was und wieviel ich gefrühstückt habe. Teilweise vergesse ich das Essen sogar. Aber nicht aus dem Grund, weil ich es verhindern möchte, nein - ich habe mittlerweile Besseres zu tun. Nämlich zu leben. Weder versuche ich, mich extrem gesund zu ernähren, noch, meine Nahrung anhand ihres Energiegehalts auszuwählen. Ich esse einfach das, wonach mir ist und wonach mein Körper und meine Seele verlangen. Dabei kann es sein, dass ich mal Lust auf eine Bratwurst habe und am nächsten Tag auf einen großen Salat.
Auch wenn es für viele Außenstehende vielleicht nicht nachzuvollziehen ist - als Mensch ist man durchaus dazu in der Lage, sein Leben komplett umzukrempeln und sozusagen "auf links zu drehen". Man kann Gewohnheiten ablegen und, vor allem als junger Mensch, sich ein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen erschaffen. Ganz ehrlich? Ich kann diese vorgefertigten Meinungen darüber, wie irgendwas sein kann, wirklich nicht mehr hören. Vor allem auch nicht von Leuten, die selbst aus der Bulimie kommen.
"Heilung ist nicht möglich, die Bulimie wird immer in deinem Kopf bleiben" - Bitte, löscht diesen Satz aus eurem Kopf. Ersetzt ihn durch "Heilung für dich ist möglich, und du wirst ein Leben in Fülle führen und dich so ernähren, wie du es magst"!
Und auch mal ganz "wissenschaftlich" gemäß meines auch sonst hier im Blog vertretenen Ansatzes: Durch die Neuroplastizität unseres Gehirns, also seine Fähigkeit sich strukturell anzupassen, so dass Veränderungen und neue Gewohnheiten sich auch bildhaft darstellen lassen, ist ein Zurück auch gar nicht mehr so einfach möglich. Selbst wenn ich es jetzt wollte, könnte ich gar keinen FA wie damals mehr haben, ganz einfach, weil die Sucht in meinem Gehirn gar nicht mehr abgebildet ist. Bulimie mag man vielleicht als stoffgebundene Sucht einordnen, aber anders als Alkoholismus ist sie nicht ein Leben lang "aktiv".
Ja, es gab durchaus schon Momente und belastende Situationen, aus denen ich mich gern kurz und scheinbar leicht mithilfe eines Essanfalls flüchten wollte - aber im selben Moment intuitiv wusste, dass diese Zeit für mich einfach rum ist. Dass ich die ganzen Schmerzen, den ekligen Geschmack im Mund, das widerliche Körpergefühl danach und vor allem den Ekel vor mir selbst dafür niemals wieder in Kauf nehmen will. Nachdem mir das klar war, war es für mich dann auch immer an der Zeit, das als eindeutiges Signal zu werten, mal kurz innezuhalten und mich zu fragen, was eigentlich gerade los ist. Und auch zu merken, dass ich mittlerweile gute Methoden innehabe, die mir wirklich konstruktiv aus der Situation raushelfen, ohne mich dabei komplett zu betäuben und die mich stattdessen an diesen Herausforderungen wachsen lassen.
Das wünsche ich auch dir - dass du irgendwann an diesem Punkt bist, an dem du merkst: Es ist völlig egal, was ich mit dieser Situation mache - Hauptsache, ich flüchte mich nicht in einen Essanfall. Sehe die Situation stattdessen auch mal als Experiment, um neue Handlungsstrategien zu erproben, um dann beim nächsten Mal einfacher damit umgehen zu können.
Dabei bin ich immer wieder auf Aussagen gestoßen (sowohl von Fachleuten als auch von ehemals Betroffenen), dass Bulimiker nicht vollständig geheilt werden, sondern nur symptomfrei werden können. Als Begründung soll herhalten, dass die Gedanken angeblich immer noch ums Essen und Gewicht kreisen, auch wenn man keine klassischen Symptome wie FAs mehr hat.
Das halte ich gelinde gesagt für völligen Schwachsinn. Und ja, ich eigne mich als besten Beweis dafür, dass eine Heilung möglich ist. Ich kann mittlerweile, viele Jahre später, z.B. abends nicht mehr hundertprozentig sicher sagen, ob und was und wieviel ich gefrühstückt habe. Teilweise vergesse ich das Essen sogar. Aber nicht aus dem Grund, weil ich es verhindern möchte, nein - ich habe mittlerweile Besseres zu tun. Nämlich zu leben. Weder versuche ich, mich extrem gesund zu ernähren, noch, meine Nahrung anhand ihres Energiegehalts auszuwählen. Ich esse einfach das, wonach mir ist und wonach mein Körper und meine Seele verlangen. Dabei kann es sein, dass ich mal Lust auf eine Bratwurst habe und am nächsten Tag auf einen großen Salat.
Auch wenn es für viele Außenstehende vielleicht nicht nachzuvollziehen ist - als Mensch ist man durchaus dazu in der Lage, sein Leben komplett umzukrempeln und sozusagen "auf links zu drehen". Man kann Gewohnheiten ablegen und, vor allem als junger Mensch, sich ein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen erschaffen. Ganz ehrlich? Ich kann diese vorgefertigten Meinungen darüber, wie irgendwas sein kann, wirklich nicht mehr hören. Vor allem auch nicht von Leuten, die selbst aus der Bulimie kommen.
"Heilung ist nicht möglich, die Bulimie wird immer in deinem Kopf bleiben" - Bitte, löscht diesen Satz aus eurem Kopf. Ersetzt ihn durch "Heilung für dich ist möglich, und du wirst ein Leben in Fülle führen und dich so ernähren, wie du es magst"!
Und auch mal ganz "wissenschaftlich" gemäß meines auch sonst hier im Blog vertretenen Ansatzes: Durch die Neuroplastizität unseres Gehirns, also seine Fähigkeit sich strukturell anzupassen, so dass Veränderungen und neue Gewohnheiten sich auch bildhaft darstellen lassen, ist ein Zurück auch gar nicht mehr so einfach möglich. Selbst wenn ich es jetzt wollte, könnte ich gar keinen FA wie damals mehr haben, ganz einfach, weil die Sucht in meinem Gehirn gar nicht mehr abgebildet ist. Bulimie mag man vielleicht als stoffgebundene Sucht einordnen, aber anders als Alkoholismus ist sie nicht ein Leben lang "aktiv".
Ja, es gab durchaus schon Momente und belastende Situationen, aus denen ich mich gern kurz und scheinbar leicht mithilfe eines Essanfalls flüchten wollte - aber im selben Moment intuitiv wusste, dass diese Zeit für mich einfach rum ist. Dass ich die ganzen Schmerzen, den ekligen Geschmack im Mund, das widerliche Körpergefühl danach und vor allem den Ekel vor mir selbst dafür niemals wieder in Kauf nehmen will. Nachdem mir das klar war, war es für mich dann auch immer an der Zeit, das als eindeutiges Signal zu werten, mal kurz innezuhalten und mich zu fragen, was eigentlich gerade los ist. Und auch zu merken, dass ich mittlerweile gute Methoden innehabe, die mir wirklich konstruktiv aus der Situation raushelfen, ohne mich dabei komplett zu betäuben und die mich stattdessen an diesen Herausforderungen wachsen lassen.
Das wünsche ich auch dir - dass du irgendwann an diesem Punkt bist, an dem du merkst: Es ist völlig egal, was ich mit dieser Situation mache - Hauptsache, ich flüchte mich nicht in einen Essanfall. Sehe die Situation stattdessen auch mal als Experiment, um neue Handlungsstrategien zu erproben, um dann beim nächsten Mal einfacher damit umgehen zu können.
Donnerstag, 9. Februar 2017
Ein Rechenexperiment. Ein Appell.
Eine große Frage, die ich mir damals mit Bulimie immer gestellt habe, war, wieviel Zeit ich eigentlich "da rein" investiere. Diese Frage ist in meinen Augen sehr wichtig und ich denke, dass du dir darüber Gedanken machen solltest.
Selbst wenn du bisher nur 1, 2 oder 3 FAs pro Woche hattest, dann nimmt die Bulimie einen sehr großen Teil deiner Zeit ein, sie spielt also eine relativ große Rolle in deinem Leben. Wenn du dir jetzt vorstellst, die Zeit, die du mit der Bulimie "verbringst", einfach wegzustreichen, was würdest du mit dieser neu gewonnenen Zeit tun?
Mal ein kleines Rechenexperiment: Meine FAs haben immer ziemlich lange gedauert, sagen wir 4-5 Stunden. Damit war es aber nicht getan. Wenn ich mich danach noch erbrochen habe, kommt dadurch nochmal mindestens eine halbe Stunde dazu. Wenn ich dann noch den ganzen Müll entsorge, Besteck und Geschirr spülen und das Bad putzen muss, kommt locker nochmal eine halbe Stunde dazu. Weil der FA so schwächt, verlängert sich auch noch die Schlafdauer um 1-2 Stunden. Insgesamt sind wir dann bei 6-8 Stunden, die alleine für einen FA draufgehen. Diese Zeit ist Lebenszeit. Ich bekomme diese Zeit nie wieder zurück.
6-8 Stunden sind ein kompletter Arbeitstag. Wenn ich diesen FA 3 mal die Woche "passieren" lasse, dann habe ich 3 ganze Arbeitstage verschwendet. Insgesamt rund 20-25 Stunden für nichts.
Jetzt überlege mal bitte kurz, was du mit 25 Stunden Zeitgewinn alles anstellen könntest:
Überleg mal, was du mit 25 Stunden Lebenszeit anstellen kannst. Das sind übrigens 105 Stunden oder mehr als 4 Tage im Monat und 1300 Stunden oder mehr als 54 Tage im Jahr.
Eigentlich ist diese Rechnung auch nicht ganz richtig. Denn du denkst nicht nur während des FAs über den FA nach. Du denkst noch viel öfter über Essen nach. Diese Stunden und Tage sind in dieser Rechnung noch gar nicht mit drin.
Ja, überleg mal, was du mit der Zeit anstellen könntest. Du könntest nichts weniger tun, als dein Leben sinnvoll zu leben. Anstatt dich zu betäuben und dann alles auszukotzen.
Selbst wenn du bisher nur 1, 2 oder 3 FAs pro Woche hattest, dann nimmt die Bulimie einen sehr großen Teil deiner Zeit ein, sie spielt also eine relativ große Rolle in deinem Leben. Wenn du dir jetzt vorstellst, die Zeit, die du mit der Bulimie "verbringst", einfach wegzustreichen, was würdest du mit dieser neu gewonnenen Zeit tun?
Mal ein kleines Rechenexperiment: Meine FAs haben immer ziemlich lange gedauert, sagen wir 4-5 Stunden. Damit war es aber nicht getan. Wenn ich mich danach noch erbrochen habe, kommt dadurch nochmal mindestens eine halbe Stunde dazu. Wenn ich dann noch den ganzen Müll entsorge, Besteck und Geschirr spülen und das Bad putzen muss, kommt locker nochmal eine halbe Stunde dazu. Weil der FA so schwächt, verlängert sich auch noch die Schlafdauer um 1-2 Stunden. Insgesamt sind wir dann bei 6-8 Stunden, die alleine für einen FA draufgehen. Diese Zeit ist Lebenszeit. Ich bekomme diese Zeit nie wieder zurück.
6-8 Stunden sind ein kompletter Arbeitstag. Wenn ich diesen FA 3 mal die Woche "passieren" lasse, dann habe ich 3 ganze Arbeitstage verschwendet. Insgesamt rund 20-25 Stunden für nichts.
Jetzt überlege mal bitte kurz, was du mit 25 Stunden Zeitgewinn alles anstellen könntest:
- Du könntest 25 Stunden entspannen.
- Du könntest 25 Stunden in deine Zukunft investieren.
- Du könntest nebenher sogar ein weiteres Studium oder eine Fortbildung beginnen.
- Du könntest ein Buch schrieben.
- Du könntest ein neues Hobby finden.
- Du könntest mehr Zeit mit deinen Freundinnen verbringen.
- Du könntest auch mal überlegen, was du in deinem Leben wirklich machen willst, anstatt es den Bach runtergehen zu lassen.
Überleg mal, was du mit 25 Stunden Lebenszeit anstellen kannst. Das sind übrigens 105 Stunden oder mehr als 4 Tage im Monat und 1300 Stunden oder mehr als 54 Tage im Jahr.
Eigentlich ist diese Rechnung auch nicht ganz richtig. Denn du denkst nicht nur während des FAs über den FA nach. Du denkst noch viel öfter über Essen nach. Diese Stunden und Tage sind in dieser Rechnung noch gar nicht mit drin.
Ja, überleg mal, was du mit der Zeit anstellen könntest. Du könntest nichts weniger tun, als dein Leben sinnvoll zu leben. Anstatt dich zu betäuben und dann alles auszukotzen.
- Du könntest anderen Menschen helfen.
- Du könntest die Natur retten.
- Du könntest dich für alles einsetzen, was dir wichtig ist.
- Du könntest dir mal Gedanken darüber machen, was du tun würdest, wenn plötzlich alles vorbei wäre. Würdest du dann immer noch an deine Figur und ans Essen denken? Oder gäbe es dann plötzlich wichtigere Dinge.
Samstag, 27. August 2016
Körperliche Symptome bei der Heilung: Wie lange dauert die Regeneration?
Sehr oft wird mir die Frage gestellt, wie lange es "nach" der Bulimie bzw. auf dem Weg der Genesung dauert, bis sich einzelne Symptome wieder normalisieren. Darum habe ich eine kurze Liste mit den häufigsten Symptomen für euch gemacht, die auf meiner Erfahrung basiert:
Hamsterbacken:
Wie entstehen sie?
Haarausfall
Wie entsteht er?
Trockene Haut
Wie entsteht sie?
Vergrößerter Magen
Empfindliche Zähne
Hamsterbacken:
Wie entstehen sie?
- Hamsterbacken entstehen durch überbeanspruchte Speicheldrüsen. Beim Erbrechen wird sehr viel Speichel gebildet, wodurch die Drüsen teilweise bis auf das Doppelte oder Dreifache der normalen Größe anschwellen und dadurch als ein wichtiges äußeres Erkennungsmerkmal der Bulimie gelten. Der Fachbegriff hierfür ist Sialadenose.
- Damit sie sich zurückbilden, darf also nicht mehr erbrochen werden (dabei wird sehr viel Speichel benötigt). Je seltener erbrochen wird, desto eher bilden sie sich zurück. Möglicherweise unterstützt das Lymphsystem den Prozess, dessen Aktivität durch Bewegung angeregt werden kann. Bewegung könnte das Abschwellen also beschleunigen, allerdings habe ich noch keine wissenschaftlichen Belege für diese Vermutung finden können.
- Nach meiner Erfahrung dauert es ca. 3 - 4 Wochen, je nachdem, wie stark die Schwellung war.
Wie entsteht er?
- Haarausfall bei Bulimie wird durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren verursacht. So sind Hormonstörungen, Nährstoffmangel (inkl. Eiweißmangel) und ein zu hoher Cortisolspiegel (Stresshormone) für den Haarausfall verantwortlich. Dadurch kann es einige Zeit dauern, bis sich das Haarwachstum wieder normalisiert.
- Wenn ausreichend Nährstoffe über die Ernährung zugeführt werden und das Stresslevel gesenkt wird, können sich die Haare wieder regenerieren.
- Es braucht ca. 3-6 Monate (je nach Länge), bis sich Veränderungen zeigen. Der Ansatz kann aber schon sehr viel früher nachwachsen. Die Haare werden wieder gesünder, glänzen mehr und werden voller.
Wikimedia Commons |
Wie entsteht sie?
- Hauptsächlich entsteht trockene Haut aufgrund des Nährstoffmangels und weil die Nahrung durch das Erbrechen nicht vollständig aufgenommen werden kann. In gewissen Bereichen kann trockene Haut allerdings auch durch den Kontakt mit Magensäure entstehen, wie um den Mund herum oder auf der Handfläche.
- Wie bei allen anderen Symptomen auch, hilft nur, das Erbrechen zu reduzieren. Dann kann der Körper wieder die notwendigen Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen und sie den einzelnen Körperbereichen, einschließlich der Haut, zuführen.
- Dieses Symptom ist oft schon schnell wieder verschwunden: ca. nach 3 Monaten.
Wie entsteht er?
- Wer monate- oder jahrelang zuviel auf einmal isst, dessen Magen vergrößert sich, weil sich der Körper an die Gegebenheiten anpasst. Oft geht damit auch eine Verlangsamung der Magenentleerung einher sowie entsprechende Verdauungsprobleme und ein generelles Unwohlsein, weil der Körper nicht mehr richtig arbeitet.
- Wenn die Mahlzeiten hinsichtlich ihrer Größe langsam normalisiert werden, passt sich der Körper auch wieder daran an und schrumpft.
- Meiner Erfahrung nach dauert dieser Prozess ca. 2-4 Monate.
Wie entstehen sie?
- Durch das Erbrechen gelangt Magensäure in den Mund und in Kontakt mit den Zähnen. Dadurch wird der Zahnschmelz, die "Schutzschicht" der Zähne stark angegriffen.
- Durch Vermeiden des Erbrechens und möglichst säurearme Ernährung (also wenig saure Früchte und Süßes), werden die Zähne geschützt und der Zahnschmelz kann remineralisieren. Gewisse Zahnpflegeprodukte wie Elmex Gelee oder Sensodyne Proschmelz können die Zähne zusätzlich schützen und verloren gegangene Mineralien in den Zahnschmelz zurückführen.
- Je nachdem, wieviel Zahnschmelz bereits geschädigt wurde, kann es sein, dass sich das Zahnschmelz gar nicht mehr normalisiert. Wenn allerdings noch keine Zahnschäden bekannt sind und die Zähne nur ab und zu empfindlich reagieren, kann sich das Symptom bereits nach wenigen Wochen wieder zurückbilden.
Verdauungsstörungen (v.a. Verstopfung)
Wie entstehen sie?
- Durch die lange unregelmäßige Nahrungszufuhr und dem Erbrechen wurde der Körper auf eine harte Probe gestellt. Die Verdauung, wie auch alle anderen körperlichen Vorgänge, unterliegen einer biologischen Uhr, dem Biorhythmus. Wenn beispielsweise nachts viel gegessen wird, bringt allein das den Körper schon stark aus seinem ursprünglichen Gleichgewicht. Wenn das Essen dann bei der Bulimie allerdings auch noch erbrochen wird, ohne dass der Körper es "will", dann wurden bereits mehrere Verdauungsprozesse erwartungsvoll angeworfen, ohne dass letztlich "etwas kommt". So können die Abläufe also nicht wie natürlich vorgesehen stattfinden und der Prozess wird verlangsamt: die Verdauung erlahmt und Verstopfung entsteht.
Wie normalisiert sich die Verdauung?
- Wie viele der anderen Symptome auch, funktioniert die Verdauung durch Regelmäßigkeit am besten. Wenn man sich eine Struktur schafft, arbeitet auch der Körper mit und reagiert mit Hunger zu den entsprechenden Zeiten und einer geregelten Verdauung (z.B. Stuhlgang immer morgens zur ungefähr gleichen Uhrzeit).
Wie lange dauert es?
- Auch hier gilt: Je stärker die Verdauung aus dem Gleichgewicht geraten war, desto länger braucht es, bis sie wieder normalisiert ist. Nach ca. 2-3 Monaten kann sie sich schon wesentlich verbessert haben, manchmal sogar schon nach wenigen Wochen.
Wassereinlagerungen
Wie entstehen sie?
- Die offizielle Erklärung für Wassereinlagerungen basiert auf dem Elektrolythaushalt bzw. dem Ungleichgewicht der Mineralien im Körper, die durch Erbrechen und ungenügende / unausgewogene Ernährung entstehen. Daran besteht kein Zweifel. Eine gesunde Ernährung, vor allem mit vielen pflanzlichen Lebensmitteln, enthält aber noch viele Bestandteile, die gegen Wassereinlagerungen wirken, indem sie den Stoffwechsel unterstützen und das überschüssige Wasser abtransportieren. Oft sind bei Bulimie jedoch auch Nierenstörungen vorhanden, die für Wassereinlagerungen verantwortlich sind, und die von einem Arzt behandelt werden müssen.
Wie können die Wassereinlagerungen wieder verschwinden?
- Wie alle anderen Symptome auch, können die Wassereinlagerungen durch eine ausgewogene Ernährung und das Vermeiden von Erbrechen rückgängig gemacht werden. Indem dem Körper wieder die notwendigen Mineralien und Nährstoffe zugeführt werden, besteht kein "Anlass" mehr, Wasser im Körper anzulagern.
Wie lange dauert es?
- Die Wassereinlagerungen können nach wenigen Wochen wieder verschwinden. Sport kann den Prozess beschleunigen, indem es den Stoffwechsel anregt und das Lymphsystem und somit den Abtransport des überschüssigen Wassers unterstützt. Gleichzeitig sollte ausreichend getrunken werden, um dem Körper bei diesem Prozess zu helfen.
Samstag, 20. August 2016
Von der Bulimie wegkommen: Ein Ernährungs-Gerüst, das dabei helfen kann
Die Frage danach, ob es eine Ernährungsweise gibt, um die Bulimie zu überwinden, stellt sich wohl jeder Betroffene regelmäßig.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass es niemanden gibt, der verlässlich Auskunft dazu geben kann. Viele Ratschläge, die man im Internet finden kann, sind widersprüchlich. Mal ist es die Rohkost, mal vegan, mal steinzeitlich. Mal soll man Weizen- und Milchprodukte weglassen, weil sie suchtauslösend wirken sollen.
Und mal soll man gar nicht über die richtige Ernährung nachdenken, sondern hauptsächlich auf seinen Körper hören - doch genau damit tun sich so viele Betroffene schwer.
Im Endeffekt willst du mit einer normalen Ernährung wahrscheinlich folgendes erreichen:
Meine eigene Erfahrung hat mir gezeigt, dass eine feste Struktur (ein "Gerüst) enorm wichtig ist, um die Bulimie hinter sich zu lassen. Daher will ich euch heute ein paar Eckpfeiler dazu aufzeigen, damit ihr euch solch ein solches Gerüst aufbauen könnt.
Das kann man natürlich nicht zu jeder Zeit einhalten, denn als soziale Wesen begeben wir uns in Situationen, in denen wir nicht alle Bedingungen steuern können. Das gehört zu einem normalen, anzustrebenden Essverhalten auch dazu, und damit von vornherein zu rechnen und sich zu überlegen, wie man damit umgehen kann, kann die Angst davor nehmen.
Diese Tipps kannst du zum Aufbauen eines eigenen Ernährungs-Gerüsts nutzen. Sie geben zunächst keine Hinweise darauf, welche Art von Lebensmittel dir helfen könnten, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass dieses Gerüst am Anfang sehr viel wichtiger ist.
1. Nicht zu viel auf einmal wollen:
Das bedeutet beispielsweise, sich am Anfang nicht zu viele Herausforderungen zu stellen. Anstatt gleichzeitig normale Portionen und sehr gesund essen zu wollen, wird wahrscheinlich nicht klappen. Besser ist es, beispielsweise mit den Abständen zwischen den Mahlzeiten zu beginnen
Wenn du normal einkaufst, hast du vielleicht die Vorstellung, dass normale Menschen ja auch mehr einkaufen, als sie an einem oder zwei Tagen essen können. Ja, normale Menschen machen das so, sie legen Vorräte an, und lagern die Sachen für Wochen oder Monate. Aber es ist keine gute Idee, es genauso zu machen. Denn wenn die Sachen erstmal in deiner Wohnung sind, ist die Hürde sehr viel niedriger, sie auch zu essen - und das während eines FAs. Du weißt für dich selbst, welche Lebensmittel gefährlich sind, und welche du ohne Probleme auch als Vorrat zuhause haben kannst. Aber stell dich nicht unnötig unter Druck. Geh lieber zur Not jeden Tag einkaufen, als weiter im Bulimie-Kreislauf zu versacken - du wirst immer noch Zeit (und Geld) sparen.
Weizen und Milch enthalten Stoffe (Gluten und Kasein), das süchtig machen kann (und FAs auslösen kann), wenn eine gewisse Veranlagung oder Sucht-„Erinnerung“ besteht. Das heißt aber nicht, dass du auf diese Lebensmittel verzichten musst. Teste es für dich aus, wie du darauf reagierst, oder ob es dir vielleicht sogar hilft, diese Lebensmittel einzubauen, weil sie einen besonderen Belohnungseffekt haben, für den Betroffene besonders empfänglich sind.
Dieser Gedanke ist sehr wichtig, um dieses Gerüst entstehen zu lassen. Essen sollte wieder etwas werden, das Körper, Geist und Seele nährt. Essen gibt dem Körper eben nicht nur Energie und Nährstoffe, sondern hat auch sehr viel mit Genuss zu tun, den man wieder lernen kann.
Lass zwischen den Mahlzeiten Pausen, die lang genug sind, um wieder ein Hungergefühl wahrzunehmen bzw. zu entwickeln (4-5 Stunden) und auch, um dem Körper genug Zeit zum Verdauen zu geben. Das Prinzip des „Snackens“ ist überhaupt nicht gesund für den Körper. Vielmehr ist das Verdauungssystem darauf ausgelegt, auch mit längeren Pausen klarzukommen. Pausen zwischen den Mahlzeiten entlasten die Verdauung und geben dem Körper so Zeit, sich anderen Baustellen zu widmen, wie der Reparatur von ganz normalen Zellschäden, die ständig überall im Körper entstehen. In vielen anderen Kulturen wird traditionell "mit Pausen" gegessen, z.B. in der indischen Ernährungsweise des Ayurveda.
Von der Bulimie bist du wahrscheinlich Essanfälle mit riesigen Mengen gewöhnt. Davon willst du natürlich wegkommen. Sich gleich von Anfang an an normalen Portionen zu orientieren muss aber nicht unbedingt der richtige Weg für jeden sein. Für mich hat das zum Beispiel nicht funktioniert. Ich habe mich auf das Frühstück als Hauptmahlzeit orientiert. Das heißt, ich habe mir viel Zeit dafür genommen und die meisten meiner Tageskalorien zum Frühstück gegessen. Lass dich also nicht von der "Norm" irritieren. Auch wenn es mehr ist, als andere Menschen essen würden.
Wenn du die langen Pausen zwischen den Mahlzeiten am Anfang nicht leicht erträgst, kaue ruhig Kaugummi, trinke etwas oder lenk dich ab. Das Ziel sollte sein, dich an diesem Gerüst orientieren zu können, dich daran entlanghangeln zu können, so dass es dir mit der Zeit immer leichter fallen wird, nicht ständig ans Essen zu denken. Es geht darum, sich eine andere Verhaltenweise beim Essen anzugewöhnen. Und das geschieht durch ständige Wiederholungen. Egal, wie schwer es am Anfang ist, wenn du es schaffst, lange Zeit keinen FA zu bekommen, wird es dir immer leichter fallen, auf alternative Handlungsstrategien zurückzugreifen, weil im Gehirn die entsprechenden Netzwerke dafür geschaffen wurden, die dich dabei unterstützen.
Dieser Punkt muss nicht für jeden zutreffen - mir hat er sehr geholfen: Entscheide dich, welche Mahlzeit am Tag die wichtigste für dich sein soll und wann du sie einnehmen willst. Viele Menschen müssen sich bei ihren Mahlzeiten an gesellschaftlich genormten Uhrzeiten orientieren: Frühstück, Mittagessen und Abendessen haben sich bei uns etabliert. Wenn du alleine lebst und beispielsweise Student bist, kannst du vieles frei entscheiden. Wenn du jeden Tag Lust auf einen ausgiebigen Brunch hast, warum nicht? In vielen anderen Fällen, bei Berufstätigkeit beispielsweise, wirst du dich wahrscheinlich auf das Abendessen konzentrieren. Lass dir dann genug Zeit bei der Zubereitung der Mahlzeit und genieße dein Essen.
Das klingt vielleicht ein bisschen profan und banal, aber überlege mal: wie oft hast du schon etwas gegessen, nur weil es eben da war, weil es gesund war, oder weil es andere auch gegessen haben? Klar, oft gibt es Situationen, in denen man etwas mitisst, das ist auch ok und man muss es auch nicht übertreiben. Aber das Ziel sollte es sein, sein Essen wirklich wieder bewusst wahrzunehmen. Wie gut gelingt das bei Essen, das du eigentlich gar nicht magst? Dann versuchst du, es schnell hinter dich zu bringen. Dann lass es lieber sein, denn das kenne ich auch noch von mir selbst: wie oft hat beispielsweise ein gesundes, aber nicht wohlschmeckendes Essen, einen anschließenden Essanfall ausgelöst? Man hat in diesen Situationen das Gefühl, als hätte man sich mit dem gesunden Essen zu etwas gezwungen, das man eigentlich nicht wollte, und fühlt sich dadurch in seinen Bedürfnissen missachtet- dann ist der Schritt zum FA nicht mehr weit.
Wenn du die dich mit deinem Gerüst sicher fühlst, kannst du es sozusagen mit "Inhalt" füllen und dich näher mit der Frage beschäftigen: "Was soll ich essen?".
1. Möglichst viele pflanzliche Lebensmittel einbauen
Pflanzliche Lebensmittel haben sehr viele Vorteile, und das haben sie eigentlich für alle Menschen, aber insbesondere für Menschen, die aus der Bulimie herauskommen wollen. Denn pflanzliche Lebensmittel enthalten viele Ballaststoffe, die die Verdauung wieder ins Gleichgewicht bringen können. Die in Pflanzen enthaltenen Phytochemikalien erfüllen im Körper einige wichtige Funktionen (Auszug aus "Superimmun" von Joel Fuhrmann, S. 25):
Wenn du dir überlegst, wie du Essen wieder in gesundem Maß zu dir nehmen kannst, dann kommst du um unverarbeitete Lebensmittel nicht herum. Nur so kannst du sicherstellen, dass nichts enthalten ist, was du nicht auch in deinem Körper haben willst. Also keine Konservierungsstoffe, Füllmittel oder andere künstliche Zusatzstoffe.
Wenn du nun zum Schluss kommst, dass dir so ein Gerüst helfen könnte, dann kannst du es optimal planen, wenn du dich wirklich mit einem Blatt Papier und Stift hinsetzt und dir deine konkrete Vorstellung dazu aufschreibst oder aufzeichnest. Das muss nicht direkt alle Mahlzeiten abdecken, du kannst auch erstmal mit einem Beispieltag beginnen.
Vielleicht machst du auch eine Collage mit Bildern von Mahlzeiten an deinem Computer. Am besten wird es funktionieren, wenn du dir ganz genau vorstellst, was du wann etc. essen willst. Frag dich also auch, wie es schmecken und aussehen wird, und wie du es anrichten willst. Probier einfach ein bisschen herum, so dass du mit einem guten Gefühl aus der Planung herausgehst.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass es niemanden gibt, der verlässlich Auskunft dazu geben kann. Viele Ratschläge, die man im Internet finden kann, sind widersprüchlich. Mal ist es die Rohkost, mal vegan, mal steinzeitlich. Mal soll man Weizen- und Milchprodukte weglassen, weil sie suchtauslösend wirken sollen.
Und mal soll man gar nicht über die richtige Ernährung nachdenken, sondern hauptsächlich auf seinen Körper hören - doch genau damit tun sich so viele Betroffene schwer.
Im Endeffekt willst du mit einer normalen Ernährung wahrscheinlich folgendes erreichen:
- dir weniger Sorgen ums Essen machen
- weniger Gedanken ans Essen verschwenden, um mehr Zeit für die wesentlichen Dinge des Lebens zu haben
- deinem Körper wieder die Nährstoffe geben, die er braucht
- das Essen wieder genießen
Meine eigene Erfahrung hat mir gezeigt, dass eine feste Struktur (ein "Gerüst) enorm wichtig ist, um die Bulimie hinter sich zu lassen. Daher will ich euch heute ein paar Eckpfeiler dazu aufzeigen, damit ihr euch solch ein solches Gerüst aufbauen könnt.
Mit einem eigenen Ernährungs-Gerüst beantwortet ihr euch selbst einzelne Fragen:
- wann (welche Tageszeit)
- esse ich was (welche Lebensmittel, wie sind sie zubereitet)
- wie (unter welchen Umständen, schön gedeckter Tisch etc.)
- wo (an welchem Ort - zuhause, an einem Tisch, auf dem Sofa, etc.)
- und wieviel davon (welche Portionsgröße, vielleicht gibt es einen bevorzugten Teller, eine Schale etc.).
Das kann man natürlich nicht zu jeder Zeit einhalten, denn als soziale Wesen begeben wir uns in Situationen, in denen wir nicht alle Bedingungen steuern können. Das gehört zu einem normalen, anzustrebenden Essverhalten auch dazu, und damit von vornherein zu rechnen und sich zu überlegen, wie man damit umgehen kann, kann die Angst davor nehmen.
9 Tipps für Einsteiger:
Diese Tipps kannst du zum Aufbauen eines eigenen Ernährungs-Gerüsts nutzen. Sie geben zunächst keine Hinweise darauf, welche Art von Lebensmittel dir helfen könnten, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass dieses Gerüst am Anfang sehr viel wichtiger ist.
1. Nicht zu viel auf einmal wollen:
Das bedeutet beispielsweise, sich am Anfang nicht zu viele Herausforderungen zu stellen. Anstatt gleichzeitig normale Portionen und sehr gesund essen zu wollen, wird wahrscheinlich nicht klappen. Besser ist es, beispielsweise mit den Abständen zwischen den Mahlzeiten zu beginnen
2. Keine Vorräte von riskanten (oder nicht völlig risikofreien) Lebensmitteln
Wenn du normal einkaufst, hast du vielleicht die Vorstellung, dass normale Menschen ja auch mehr einkaufen, als sie an einem oder zwei Tagen essen können. Ja, normale Menschen machen das so, sie legen Vorräte an, und lagern die Sachen für Wochen oder Monate. Aber es ist keine gute Idee, es genauso zu machen. Denn wenn die Sachen erstmal in deiner Wohnung sind, ist die Hürde sehr viel niedriger, sie auch zu essen - und das während eines FAs. Du weißt für dich selbst, welche Lebensmittel gefährlich sind, und welche du ohne Probleme auch als Vorrat zuhause haben kannst. Aber stell dich nicht unnötig unter Druck. Geh lieber zur Not jeden Tag einkaufen, als weiter im Bulimie-Kreislauf zu versacken - du wirst immer noch Zeit (und Geld) sparen.
3. Wissen, dass Weizen und Milch tatsächlich „süchtig“ machen kann
Weizen und Milch enthalten Stoffe (Gluten und Kasein), das süchtig machen kann (und FAs auslösen kann), wenn eine gewisse Veranlagung oder Sucht-„Erinnerung“ besteht. Das heißt aber nicht, dass du auf diese Lebensmittel verzichten musst. Teste es für dich aus, wie du darauf reagierst, oder ob es dir vielleicht sogar hilft, diese Lebensmittel einzubauen, weil sie einen besonderen Belohnungseffekt haben, für den Betroffene besonders empfänglich sind.
4. Essen langfristig wieder als etwas Nährendes betrachten
Dieser Gedanke ist sehr wichtig, um dieses Gerüst entstehen zu lassen. Essen sollte wieder etwas werden, das Körper, Geist und Seele nährt. Essen gibt dem Körper eben nicht nur Energie und Nährstoffe, sondern hat auch sehr viel mit Genuss zu tun, den man wieder lernen kann.
5. Pausen zwischen den Mahlzeiten lassen
Lass zwischen den Mahlzeiten Pausen, die lang genug sind, um wieder ein Hungergefühl wahrzunehmen bzw. zu entwickeln (4-5 Stunden) und auch, um dem Körper genug Zeit zum Verdauen zu geben. Das Prinzip des „Snackens“ ist überhaupt nicht gesund für den Körper. Vielmehr ist das Verdauungssystem darauf ausgelegt, auch mit längeren Pausen klarzukommen. Pausen zwischen den Mahlzeiten entlasten die Verdauung und geben dem Körper so Zeit, sich anderen Baustellen zu widmen, wie der Reparatur von ganz normalen Zellschäden, die ständig überall im Körper entstehen. In vielen anderen Kulturen wird traditionell "mit Pausen" gegessen, z.B. in der indischen Ernährungsweise des Ayurveda.
6. Portionsgröße: große Portionen sind OK!
Von der Bulimie bist du wahrscheinlich Essanfälle mit riesigen Mengen gewöhnt. Davon willst du natürlich wegkommen. Sich gleich von Anfang an an normalen Portionen zu orientieren muss aber nicht unbedingt der richtige Weg für jeden sein. Für mich hat das zum Beispiel nicht funktioniert. Ich habe mich auf das Frühstück als Hauptmahlzeit orientiert. Das heißt, ich habe mir viel Zeit dafür genommen und die meisten meiner Tageskalorien zum Frühstück gegessen. Lass dich also nicht von der "Norm" irritieren. Auch wenn es mehr ist, als andere Menschen essen würden.
7. Hilfsmittel sind auch OK!
Wenn du die langen Pausen zwischen den Mahlzeiten am Anfang nicht leicht erträgst, kaue ruhig Kaugummi, trinke etwas oder lenk dich ab. Das Ziel sollte sein, dich an diesem Gerüst orientieren zu können, dich daran entlanghangeln zu können, so dass es dir mit der Zeit immer leichter fallen wird, nicht ständig ans Essen zu denken. Es geht darum, sich eine andere Verhaltenweise beim Essen anzugewöhnen. Und das geschieht durch ständige Wiederholungen. Egal, wie schwer es am Anfang ist, wenn du es schaffst, lange Zeit keinen FA zu bekommen, wird es dir immer leichter fallen, auf alternative Handlungsstrategien zurückzugreifen, weil im Gehirn die entsprechenden Netzwerke dafür geschaffen wurden, die dich dabei unterstützen.
8. Eine „Haupt"- Mahlzeit festlegen
Dieser Punkt muss nicht für jeden zutreffen - mir hat er sehr geholfen: Entscheide dich, welche Mahlzeit am Tag die wichtigste für dich sein soll und wann du sie einnehmen willst. Viele Menschen müssen sich bei ihren Mahlzeiten an gesellschaftlich genormten Uhrzeiten orientieren: Frühstück, Mittagessen und Abendessen haben sich bei uns etabliert. Wenn du alleine lebst und beispielsweise Student bist, kannst du vieles frei entscheiden. Wenn du jeden Tag Lust auf einen ausgiebigen Brunch hast, warum nicht? In vielen anderen Fällen, bei Berufstätigkeit beispielsweise, wirst du dich wahrscheinlich auf das Abendessen konzentrieren. Lass dir dann genug Zeit bei der Zubereitung der Mahlzeit und genieße dein Essen.
9. Nur das essen, was dir wirklich schmeckt.
Das klingt vielleicht ein bisschen profan und banal, aber überlege mal: wie oft hast du schon etwas gegessen, nur weil es eben da war, weil es gesund war, oder weil es andere auch gegessen haben? Klar, oft gibt es Situationen, in denen man etwas mitisst, das ist auch ok und man muss es auch nicht übertreiben. Aber das Ziel sollte es sein, sein Essen wirklich wieder bewusst wahrzunehmen. Wie gut gelingt das bei Essen, das du eigentlich gar nicht magst? Dann versuchst du, es schnell hinter dich zu bringen. Dann lass es lieber sein, denn das kenne ich auch noch von mir selbst: wie oft hat beispielsweise ein gesundes, aber nicht wohlschmeckendes Essen, einen anschließenden Essanfall ausgelöst? Man hat in diesen Situationen das Gefühl, als hätte man sich mit dem gesunden Essen zu etwas gezwungen, das man eigentlich nicht wollte, und fühlt sich dadurch in seinen Bedürfnissen missachtet- dann ist der Schritt zum FA nicht mehr weit.
2 weitere Tipps für Fortgeschrittene:
1. Möglichst viele pflanzliche Lebensmittel einbauen
Pflanzliche Lebensmittel haben sehr viele Vorteile, und das haben sie eigentlich für alle Menschen, aber insbesondere für Menschen, die aus der Bulimie herauskommen wollen. Denn pflanzliche Lebensmittel enthalten viele Ballaststoffe, die die Verdauung wieder ins Gleichgewicht bringen können. Die in Pflanzen enthaltenen Phytochemikalien erfüllen im Körper einige wichtige Funktionen (Auszug aus "Superimmun" von Joel Fuhrmann, S. 25):
Phytochemikalien schützen zudem vor Krebs, indem sie das Immunsystem stärken - sie vernichten Krankheitserreger wie Viren und Bakterien.
- "Sie regen die Produktion entgiftender Enzyme an.
- Sie hemmen die Entstehung freier Radikale
- Sie deaktivieren und entgiften krebserregende Substanzen.
- Sie schützen Zellen vor Schäden durch Toxine
- Sie kurbeln die Reparatur beschädigter DNA-Sequenzen an.
- Sie hemmen die Replikation (Verdoppelung) des DNA-Gehaltes einer Zelle, wenn diese beschädigt ist.
- Sie bekämpfen Pilze, Viren und Bakterien.
- Sie hemmen die Funktion beschädigter oder genetisch veränderter DNA.
- Sie verbessern die Fähigkeit der Immunzellen, Krankheitserreger und Krebszellen zu vernichten (zytotoxische Wirkung).
2. Möglichst viele unverarbeitete Lebensmittel essen
Wenn du dir überlegst, wie du Essen wieder in gesundem Maß zu dir nehmen kannst, dann kommst du um unverarbeitete Lebensmittel nicht herum. Nur so kannst du sicherstellen, dass nichts enthalten ist, was du nicht auch in deinem Körper haben willst. Also keine Konservierungsstoffe, Füllmittel oder andere künstliche Zusatzstoffe.
Tipp zum Schluss: Die Umsetzung
Wenn du nun zum Schluss kommst, dass dir so ein Gerüst helfen könnte, dann kannst du es optimal planen, wenn du dich wirklich mit einem Blatt Papier und Stift hinsetzt und dir deine konkrete Vorstellung dazu aufschreibst oder aufzeichnest. Das muss nicht direkt alle Mahlzeiten abdecken, du kannst auch erstmal mit einem Beispieltag beginnen.
Vielleicht machst du auch eine Collage mit Bildern von Mahlzeiten an deinem Computer. Am besten wird es funktionieren, wenn du dir ganz genau vorstellst, was du wann etc. essen willst. Frag dich also auch, wie es schmecken und aussehen wird, und wie du es anrichten willst. Probier einfach ein bisschen herum, so dass du mit einem guten Gefühl aus der Planung herausgehst.
Samstag, 13. August 2016
Die größte Gefahr, wenn man die Bulimie hinter sich lässt
Ich kann mich noch gut erinnern, wie es damals war... Man hat man das Gefühl: Wenn ich die Bulimie erstmal los bin, habe ich mein größtes Problem beiseite geschafft - und dann mach ich alles mit links. Nichts kann mich dann mehr aufhalten, das zu tun, was ich wirklich tun möchte.
Natürlich ist das Quatsch. Und ich glaube auch, dass das die meisten zumindest ahnen. Denn klar, die Bulimie hinter sich zu lassen, ist eine Monsteraufgabe, das schafft man nicht „einfach so“, und auch nicht von einem Tag auf den anderen.
Aber was danach kommt, darüber sind sich viele zumindest zu Beginn ihres Heilungswegs nicht ganz klar - und das ist auch niemandem zu verdenken. Danach, nach dem Loslassen der bulimischen Symptomatik, warten noch ganz viele andere, neue Herausforderungen, die niemand im Vorfeld wirklich vorhersehen kann.
Der Grund dieser neuen Herausforderungen liegt in der Vergangenheit begründet: jemand, der sich über Jahre hinweg hauptsächlich mit Essen, Nichtessen, Ernährung und diversen organisatorischen Dingen wie Einkaufen, Übergeben und „Ausgleichssport“ beschäftigt hat, der wird sich in vielen normalen Bereichen des Lebens schwertun: sei es, wenn es um soziale Kontakte geht, in der Freizeitgestaltung (was tun mit der vielen freien Zeit?) oder dabei, eine neue, echte Sicherheit in sich selbst zu finden.
Dass das überaus schwierig sein kann, zeigt zum Beispiel auch der Umstand, dass die Selbstmordrate unter Adipositaspatienten nach einer Magenbandoperation 4 mal höher sind als bei Nichtoperierten. Der Grund liegt ganz einfach darin, dass diesen Menschen der für sie einzig funktionierende Kompensationsmechanismus „genommen" wird. Sie können mit den Emotionen, Konflikten und vielleicht auch der vielen freien Zeit (die sie nicht mehr mit Essen füllen können) nicht umgehen, so dass ihnen der Suizid als einziger Ausweg erscheint.
Auch beim Weg aus der Bulimie gibt es keinen „Quick Fix“, keinen Schalter, den man schnell umlegen kann. Scheitern gehört auf diesem Weg mit dazu, und scheitern ist normal und längst kein Grund aufzugeben.
Beachtet auf eurem Weg auch immer, dass die Bulimie keine rein psychologische Störung ist, sondern dass die Ernährung eine ganz große Rolle spielt. Es gibt Lebensmittel, die wie Drogen wirken, und das weiß glücklicherweise mittlerweile auch die Wissenschaft (und auch viele Psychologen). 2 wichtige Stichworte hierzu sind Kasein und Gluten, hier auf dem Blog habe ich vor längerem schon Artikel dazu geschrieben.
Natürlich ist das Quatsch. Und ich glaube auch, dass das die meisten zumindest ahnen. Denn klar, die Bulimie hinter sich zu lassen, ist eine Monsteraufgabe, das schafft man nicht „einfach so“, und auch nicht von einem Tag auf den anderen.
Aber was danach kommt, darüber sind sich viele zumindest zu Beginn ihres Heilungswegs nicht ganz klar - und das ist auch niemandem zu verdenken. Danach, nach dem Loslassen der bulimischen Symptomatik, warten noch ganz viele andere, neue Herausforderungen, die niemand im Vorfeld wirklich vorhersehen kann.
Der Grund dieser neuen Herausforderungen liegt in der Vergangenheit begründet: jemand, der sich über Jahre hinweg hauptsächlich mit Essen, Nichtessen, Ernährung und diversen organisatorischen Dingen wie Einkaufen, Übergeben und „Ausgleichssport“ beschäftigt hat, der wird sich in vielen normalen Bereichen des Lebens schwertun: sei es, wenn es um soziale Kontakte geht, in der Freizeitgestaltung (was tun mit der vielen freien Zeit?) oder dabei, eine neue, echte Sicherheit in sich selbst zu finden.
Dass das überaus schwierig sein kann, zeigt zum Beispiel auch der Umstand, dass die Selbstmordrate unter Adipositaspatienten nach einer Magenbandoperation 4 mal höher sind als bei Nichtoperierten. Der Grund liegt ganz einfach darin, dass diesen Menschen der für sie einzig funktionierende Kompensationsmechanismus „genommen" wird. Sie können mit den Emotionen, Konflikten und vielleicht auch der vielen freien Zeit (die sie nicht mehr mit Essen füllen können) nicht umgehen, so dass ihnen der Suizid als einziger Ausweg erscheint.
Auch beim Weg aus der Bulimie gibt es keinen „Quick Fix“, keinen Schalter, den man schnell umlegen kann. Scheitern gehört auf diesem Weg mit dazu, und scheitern ist normal und längst kein Grund aufzugeben.
Beachtet auf eurem Weg auch immer, dass die Bulimie keine rein psychologische Störung ist, sondern dass die Ernährung eine ganz große Rolle spielt. Es gibt Lebensmittel, die wie Drogen wirken, und das weiß glücklicherweise mittlerweile auch die Wissenschaft (und auch viele Psychologen). 2 wichtige Stichworte hierzu sind Kasein und Gluten, hier auf dem Blog habe ich vor längerem schon Artikel dazu geschrieben.
Freitag, 5. August 2016
Kann man von der Bulimie loskommen und gleichzeitig auf sein Gewicht achten?
Diese Frage stellt sich wahrscheinlich jeder, der Bulimie hat und sich Gedanken darüber macht, wie es denn aussähe, wenn man sie loswerden würde, die Bulimie. Aber niemand - und ich glaube wirklich niemand - hat Lust darauf, zuzunehmen. Es sei denn, man hat tatsächlich Untergewicht und akzeptiert es aufgrund dessen irgendwie. Solange kein Untergewicht besteht, hegt sicherlich der Großteil der Menschen mit Bulimie den heimlichen Wunsch, noch ein paar Kilos zu verlieren.
Der Haken dabei ist nur: Wenn man immerzu auf sein Gewicht achtet, abnehmen will und es vor allem verabscheut - wenn auch nur wenig - zuzunehmen, dann ist da überhaupt kein Platz für einen gesunden Umgang mit dem Essen. Und es ist leider die Wahrheit: So wird man keinen Weg aus der Bulimie finden. Denn so wird das kleinste über-die-Stränge-Schlagen zum unverzeihlichen Fehltritt, der in den eigenen Augen alles wieder zunichte macht, was man in den Tagen, Wochen und Monaten zuvor erreicht hat. Man hat das Gefühl, wieder bei Null anzufangen. Und das demotiviert und raubt auch den kleinsten Hauch an Selbstdisziplin, die unweigerlich zur Genesung dazugehört. (An dieser Stelle möchte ich anmerken: Selbstdisziplin und Selbstgeißelung sind zwei unterschiedliche Dinge.) Entweder verfällt man nach diesem Ausrutscher in eine „jetzt ist eh schon alles egal“-Haltung oder man kasteit sich selbst ganz schrecklich, und erlaubt sich überhaupt keinen Genuss mehr, denn man hat ja versagt.
Auf meine eigene Geschichte zurückblickend, kann ich in diesen Situationen nur raten: Denkt in Wochen und Monaten, nicht in Tagen. Denkt an das Wohlgefühl, das ihr bekommt, wenn ihr nicht mehr kotzt. Denkt an euren Körper, der gesund sein wird, der gut versorgt wird, nicht an euer Gewicht.
Ich kenne übrigens niemanden, der von der Bulimie losgekommen ist, und der langfristig mit seinem Gewicht (das er sozusagen ohne Bulimie „bekommen“ hat) nicht zufrieden gewesen wäre. In meinem ganz persönlichen Fall liegt mein Gewicht im Normalbereich, ich bewege mich oft und gern, ernähre mich gesund und gönne mir relativ oft was. Das Gewicht zu halten ist kein großer Aufwand mehr, es gehört einfach in den Alltag und bereitet kein Kopfzerbrechen mehr und ich muss auch keine Dinge wieder geradebiegen, die ich durch FAs verbockt habe. Das schafft so viel Zeit für wirklich wichtige Dinge.
Der Haken dabei ist nur: Wenn man immerzu auf sein Gewicht achtet, abnehmen will und es vor allem verabscheut - wenn auch nur wenig - zuzunehmen, dann ist da überhaupt kein Platz für einen gesunden Umgang mit dem Essen. Und es ist leider die Wahrheit: So wird man keinen Weg aus der Bulimie finden. Denn so wird das kleinste über-die-Stränge-Schlagen zum unverzeihlichen Fehltritt, der in den eigenen Augen alles wieder zunichte macht, was man in den Tagen, Wochen und Monaten zuvor erreicht hat. Man hat das Gefühl, wieder bei Null anzufangen. Und das demotiviert und raubt auch den kleinsten Hauch an Selbstdisziplin, die unweigerlich zur Genesung dazugehört. (An dieser Stelle möchte ich anmerken: Selbstdisziplin und Selbstgeißelung sind zwei unterschiedliche Dinge.) Entweder verfällt man nach diesem Ausrutscher in eine „jetzt ist eh schon alles egal“-Haltung oder man kasteit sich selbst ganz schrecklich, und erlaubt sich überhaupt keinen Genuss mehr, denn man hat ja versagt.
Auf meine eigene Geschichte zurückblickend, kann ich in diesen Situationen nur raten: Denkt in Wochen und Monaten, nicht in Tagen. Denkt an das Wohlgefühl, das ihr bekommt, wenn ihr nicht mehr kotzt. Denkt an euren Körper, der gesund sein wird, der gut versorgt wird, nicht an euer Gewicht.
Ich kenne übrigens niemanden, der von der Bulimie losgekommen ist, und der langfristig mit seinem Gewicht (das er sozusagen ohne Bulimie „bekommen“ hat) nicht zufrieden gewesen wäre. In meinem ganz persönlichen Fall liegt mein Gewicht im Normalbereich, ich bewege mich oft und gern, ernähre mich gesund und gönne mir relativ oft was. Das Gewicht zu halten ist kein großer Aufwand mehr, es gehört einfach in den Alltag und bereitet kein Kopfzerbrechen mehr und ich muss auch keine Dinge wieder geradebiegen, die ich durch FAs verbockt habe. Das schafft so viel Zeit für wirklich wichtige Dinge.
Samstag, 30. Juli 2016
Was ist Selbsterkenntnis und warum ist sie so wichtig auf dem Heilungsweg?
Selbsterkenntnis ist die Fähigkeit eines Menschen, sein Handeln, sein Denken und seine Standpunkte selbst wahrzunehmen, kritisch zu hinterfragen und zu beurteilen. Sie beinhaltet auch die Erkenntnis über das eigene Wachstumspotenzial.
Da Selbsttäuschung das Gegenteil von Selbsterkenntnis ist, könnte man fast schon so weit gehen, Bulimie oder das „Ausführen“ der bulimischen Symptomatik als ein Ausdruck unterdrückter Selbsterkenntnis zu bezeichnen.
Selbsterkenntnis ist die Grundvoraussetzung, um sich selbst weiterzuentwickeln. Sie ist erforderlich, um die eigene Persönlichkeit entfalten zu können und um sich letztlich selbst zu verwirklichen. Selbsterkenntnis ist ein langer Prozess, und viele Auffassungen gehen davon aus, dass er das ganze Leben lang dauert.
Ein Weg aus der Bulimie ist nur dann möglich, wenn man sich weiterentwickelt. Also ist Selbsterkenntnis Teil dieses Wegs.
Selbsterkenntnis erlangt man dann, wenn man sich selbst besser kennenlernt: Wenn man die eigenen Schwächen und Stärken, Wünsche und Ängste, Ziele und Hindernisse, Vorlieben und Abneigungen wahrnimmt und bewusst formuliert.
Zu Beginn klappt das tatsächlich am Besten, wenn man es aufschreibt, z.B.:
Selbsterkenntnis ist für jeden Menschen wichtig, egal, ob er Bulimie oder eine andere Essstörung hat oder „normal“ ist. Selbsterkenntnis und Persönlichkeitsentwicklung sollten jedem Menschen wichtig sein- denn wir leben in einer Welt, die sich ständig verändert, und daher ergibt sich eine ständig wechselnde Umgebung. Daher ist jeder Mensch immer wieder dazu angehalten, sich neu zu hinterfragen und seine Handlungen und Einstellungen zu überdenken.
Da Selbsttäuschung das Gegenteil von Selbsterkenntnis ist, könnte man fast schon so weit gehen, Bulimie oder das „Ausführen“ der bulimischen Symptomatik als ein Ausdruck unterdrückter Selbsterkenntnis zu bezeichnen.
Selbsterkenntnis ist die Grundvoraussetzung, um sich selbst weiterzuentwickeln. Sie ist erforderlich, um die eigene Persönlichkeit entfalten zu können und um sich letztlich selbst zu verwirklichen. Selbsterkenntnis ist ein langer Prozess, und viele Auffassungen gehen davon aus, dass er das ganze Leben lang dauert.
Ein Weg aus der Bulimie ist nur dann möglich, wenn man sich weiterentwickelt. Also ist Selbsterkenntnis Teil dieses Wegs.
Doch wie erlangt man diese Selbsterkenntnis?
Selbsterkenntnis erlangt man dann, wenn man sich selbst besser kennenlernt: Wenn man die eigenen Schwächen und Stärken, Wünsche und Ängste, Ziele und Hindernisse, Vorlieben und Abneigungen wahrnimmt und bewusst formuliert.
Zu Beginn klappt das tatsächlich am Besten, wenn man es aufschreibt, z.B.:
- Was kann ich gut? / Womit habe ich Schwierigkeiten, wobei bin ich schnell frustriert?
- Was mache ich gern, was begeistert mich? / Was mache ich nicht so gern, wobei langweile / ärgere ich mich?
- Womit kann man mir eine Freude machen? (was oft auch bedeutet: damit kann ich mir selbst eine Freude machen!) / Worüber freue ich mich überhaupt nicht?
- Was macht mir Angst? / Aber auch: Womit kann ich mich herausfordern, um daran zu wachsen?
- Welche Wünsche und Ziele habe ich? Und auch: Wo möchte ich in 5 Jahren stehen, was möchte ich erreicht haben, welche Menschen umgeben mich?
Selbsterkenntnis ist für jeden Menschen wichtig, egal, ob er Bulimie oder eine andere Essstörung hat oder „normal“ ist. Selbsterkenntnis und Persönlichkeitsentwicklung sollten jedem Menschen wichtig sein- denn wir leben in einer Welt, die sich ständig verändert, und daher ergibt sich eine ständig wechselnde Umgebung. Daher ist jeder Mensch immer wieder dazu angehalten, sich neu zu hinterfragen und seine Handlungen und Einstellungen zu überdenken.
Samstag, 23. Juli 2016
Ein Wundermittel?!
Was kommt auf eure FA-Wunschliste? Bildquelle |
Diesen Blog gibt es nun schon mehrere Jahre (seit 2010), und all die Jahre habe ich ein Geheimnis für mich behalten.
Heute ist es soweit- ich verrate euch eines meiner „Wundermittel“, das mir beim Weg aus der Bulimie geholfen hat.
Der wesentliche Grund, warum ich bisher noch nichts darüber geschrieben habe, war der, dass ich bisher dachte, es wäre "zu krass" und zu riskant. Mittlerweile denke ich aber, dass es ein zu krass oder zu riskant bei Bulimie überhaupt nicht gibt - richtig ist, was hilft. Und daher ist es auch wichtig, darüber zu schreiben.
Wie ich darauf kam
Die Idee zu diesem "Mittel" kam mir, als ich fieberhaft nach einer Möglichkeit suchte, von dem immensen Druck wegzukommen, keinen FA mehr zu bekommen. Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, dass ich es schaffen würde, wenn ich mir die FAs für immer verbieten würde. Aber ich hatte auch keine Lust und auch keine Energie mehr, ständig von ihnen überrollt zu werden und die Kontrolle zu verlieren. Und dann auch noch Sachen in mich hineinzustopfen, die ich gar nicht mochte.
Das "Wundermittel"
Meine Antwort auf diesen Konflikt war eigentlich ganz simpel: Ich plante einen FA am Wochenende. Ich erlaubte mir also einen FA an einem Tag in der Woche, und alle anderen Tage waren tabu. Da ich schon relativ normal aß und nicht jeden Tag FAs hatte, war das für mich absolut machbar.
Der große Vorteil daran war, dass ich bewusst für diesen FA einkaufen konnte. So kaufte ich also nur das ein, was ich wirklich essen wollte. Ich musste nicht auf rohen Kuchenteig oder trockenen Reis zurückgreifen.
Durch diese Methode bekam ich zumindest teilweise das Gefühl der Kontrolle zurück. Ich plante den FA, kaufte dafür ein und schuf die Rahmenbedingungen, um ihn bewusst wahrzunehmen. Konkret sah es so aus, dass ich über die Woche hinweg eine Liste anfertigte, auf der ich alle Lebensmittel notierte, die ich gerne an meinem erlaubten FA essen wollte. Erstaunlich daran war, dass ich dadurch feststellte, dass ich einige Dinge eigentlich gar nicht mochte, sondern dass ich sie aus reiner Gewohnheit immer wieder während der FAs gegessen hatte. Die Liste wurde also zu einer Art "Wunschliste" für meinen FA-Einkauf.
Das Paradoxe an dem Ganzen war, dass ich irgendwann gar keine Lust mehr auf diesen geplanten FA hatte, denn mir wurde dadurch klar, wieviel Zeit ich für dieses absurde Hobby verschwendete und was ich alles Schöneres hätte tun können.
Zunächst plante ich diese FAs als normale FAs, nach einiger Zeit nahm ich mir auch vor, danach nicht mehr zu erbrechen. Dieser zweite Schritt hatte einen weiteren Effekt: Ich nahm nämlich viel stärker wahr, wann ich wirklich befriedigt war - wo also die Grenze lag zwischen "gesättigt / befriedigt" und dem Punkt, ab dem es nur noch um reines Vollstopfen ging.
Und nicht nur Essgestörte machen es...
Wie ich erst vor kurzem erfahren habe, wird diese Idee als sog. Cheatday auch in anderen Bereichen (Fitness und Bodybuilding) als bewährte Methode eingesetzt, um das Gewicht zu halten und gleichzeitig seinen ungesunden Gelüsten fröhnen zu können.
Klar ist, dass diese Methode eher nicht dauerhaft eingesetzt werden sollte, dazu ist sie auch gar nicht gedacht. Sie kann aber beim Einstieg in einen angenehmeren, druckfreieren und FA-bereinigten Alltag sehr wohl helfen. Schreibt mir doch mal, ob ihr sowas schon mal selbst gemacht habt oder ob ihr euch das vorstellen könntet.
Samstag, 3. Oktober 2015
Kann man es eigentlich auch ohne Therapie schaffen?
Oftmals bekomme ich die Frage gestellt - meist von Leuten, die schon mehrere Therapien hinter sich haben - ob eigentlich jeder Betroffene eine (Psycho-)Therapie machen sollte, beziehungsweise ob man es auch ohne Therapie aus der Bulimie herausschaffen kann.
Prinzipiell lautet meine Antwort darauf: Ja, man kann ohne Therapie gesund werden (schließlich habe ich es auch letztlich alleine herausgeschafft und vertrete daher natürlich diese Meinung) - aber man muss eine Reihe von Voraussetzungen mitbringen, um diesen Weg alleine zu bestreiten.
Leider sind die meisten Leute nicht dafür bereit. Das hat unterschiedliche Gründe. Viele wissen nicht, woher sie die nötige Hilfe zur Selbsthilfe bekommen und fühlen sich aufgrund der Krankheit meist selbst auch so entmutigt, dass sie diesen Schritt von sich aus gar nicht erst wagen. Das ist kein Vorwurf an Betroffene, sondern leider die Realität, die durch die öffentliche Meinung auch oft noch verstärkt wird.
Es ist zwar äußerst schwierig, diesen Weg ohne Therapie zu gehen- aber nicht unmöglich - und es kann sogar eine Chance sein, sich bewusst keinen Therapeuten zu suchen. Warum? Weil man sich unabhängig macht und dann in den allermeisten Fällen auch zu denen gehört, die erkannt haben, dass man sich selbst helfen muss und das Leben, ganz allgemein und nicht nur auf die Bulimie bezogen, nur gelingen kann, wenn man es in die eigenen Hände nimmt.
Dabei schließt diese Erkenntnis gar nicht aus, dass man sich trotzdem einen Therapeuten sucht.
Aber wie auch immer- eines ist klar: die Heilung von Bulimie ist ein Weg und kein Einzel-Event. Kein "Klick" und dann ist alles anders. Denn Veränderungen brauchen Zeit, und letztlich muss man in jedem Fall, auch wenn der Wille noch so groß ist, gegen alte Gewohnheiten kämpfen. Dabei gibt es leichte und schwere Tage, Momente, Phasen.
Ich weiß, dass viele auf diesen "Klick" jahrelang warten und sich auch wiederholt bewusst dafür entscheiden, es jetzt sein zu lassen.
Eine Therapie kann generell zweierlei bewirken: einerseits kann sie jemanden dabei unterstützen, die Entscheidung gegen die Bulimie bewusst zu fällen und andererseits kann sie jemandem helfen, der diese Entscheidung schon für sich getroffen hat, den Weg zu bestreiten. Eigentlich sind es nur diese beiden Dinge, bei denen die Therapie den Betroffenen unterstützt. Die dann Lösungen anbietet, wenn man selbst nicht mehr weiterkommt; die den Druck angesichts der unklaren Beschaffenheit dieses Wegs, der vor einem liegt, ein wenig wegnimmt.
Oft spielt auch der Aspekt eine Rolle, dass der Therapeut sich exklusiv Zeit zum Zuhören nimmt. Das ist beispielsweise mit Freunden nur begrenzt möglich, da man sich mit Freunden meist im Dialog unterhält. Im Normalfall möchte man als Betroffener seine Freunde auch nicht derart mit den eigenen Problemen belasten, und auch der Freund / die Freundin könnte sich aufgrund der Schwere des Problems überfordert fühlen. Wenn sich allerdings jemand von sich aus als Gesprächspartner genau dafür anbietet, so ist das natürlich einen Gedanken wert.
Hat man den Eindruck, gar nicht unbedingt einen regelmäßigen Gesprächspartner zu brauchen (auch wenn Gespräche für jeden Menschen für das psychische Wohlergehen wichtig sind), und das Thema eher mit sich selbst ausmachen oder "bearbeiten" möchte, dann sollte hierfür natürlich ein großes Maß an Selbststeuerungs-Fähigkeiten vorhanden sein. Im Normalfall hängt das auch vom Alter ab, und ich würde schätzen, dass diese zumindest im minderjährigen Alter noch nicht ausreichend vorhanden sind.
Viele Fragen, die im Alltag bei der Bewältigung der Bulimie auftauchen, kann zudem auch ein Psychotherapeut nicht beantworten. Hierzu zählen beispielsweise Fragen zur Ernährung. Hierbei könnte im Rahmen einer Therapie eigentlich nur ein Netzwerk an Experten helfen, das über Fachwissen in sämtlichen relevanten Bereichen verfügt. Aufgrund dessen wird auch in vielen Fachkliniken ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt.
Sobald man selbst das Gefühl hat, dass Therapien nichts (mehr) bringen, und man darüber hinaus bereit ist, sich eigenverantwortlich weiterzuentwickeln, und diese Lösungen selbst suchen will, dann kann man es zumindest versuchen. Wenn man dann merkt, dass man nicht vorankommt, kann man immer noch einen Therapeuten aufsuchen.
Letztlich ist es immer wichtig, bei einem solchen "Abenteuer" seinen körperlichen Zustand zu kennen und sich bei riskantem Gewicht oder anderen gesundheitlichen Einschränkungen ärztlich durchchecken und eventuell begleiten zu lassen. Auch schwerwiegende psychiatrische Störungen neben der Bulimie schließen ein solches Vorhaben sicherlich aus.
Eigentlich geht es immer nur darum zu erkennen, dass man selbst derjenige ist, der die Bulimie besiegen muss. Solange das nicht wirklich verstanden wurde, ist es eigentlich völlig egal, ob man eine Therapie macht oder nicht - dann ist alles umsonst.
Sobald man diesen einen Aspekt aber wirklich verstanden hat, kann man sich einen Therapeuten suchen, der einem auf dem Weg unterstützt- oder sich dafür entscheiden, diesen Weg alleine zu gehen und sich je nach Bedarf Hilfe zu holen. Und das kann dann auch in Form von Büchern, Coaching oder eben Gesprächen mit Freunden passieren.
So einzigartig und individuell Menschen sind, so vielfältig sind auch die Möglichkeiten zur Heilung.
Prinzipiell lautet meine Antwort darauf: Ja, man kann ohne Therapie gesund werden (schließlich habe ich es auch letztlich alleine herausgeschafft und vertrete daher natürlich diese Meinung) - aber man muss eine Reihe von Voraussetzungen mitbringen, um diesen Weg alleine zu bestreiten.
Aber wieviele Leute sind dafür bereit?
Leider sind die meisten Leute nicht dafür bereit. Das hat unterschiedliche Gründe. Viele wissen nicht, woher sie die nötige Hilfe zur Selbsthilfe bekommen und fühlen sich aufgrund der Krankheit meist selbst auch so entmutigt, dass sie diesen Schritt von sich aus gar nicht erst wagen. Das ist kein Vorwurf an Betroffene, sondern leider die Realität, die durch die öffentliche Meinung auch oft noch verstärkt wird.
"Ohne Hilfe von außen kannst du es nie schaffen" scheint ein Standardsatz zu sein, den viele Betroffene hören. Dabei ist dieser Satz nicht immer wahr.
Es ist zwar äußerst schwierig, diesen Weg ohne Therapie zu gehen- aber nicht unmöglich - und es kann sogar eine Chance sein, sich bewusst keinen Therapeuten zu suchen. Warum? Weil man sich unabhängig macht und dann in den allermeisten Fällen auch zu denen gehört, die erkannt haben, dass man sich selbst helfen muss und das Leben, ganz allgemein und nicht nur auf die Bulimie bezogen, nur gelingen kann, wenn man es in die eigenen Hände nimmt.
Dabei schließt diese Erkenntnis gar nicht aus, dass man sich trotzdem einen Therapeuten sucht.
Aber wie auch immer- eines ist klar: die Heilung von Bulimie ist ein Weg und kein Einzel-Event. Kein "Klick" und dann ist alles anders. Denn Veränderungen brauchen Zeit, und letztlich muss man in jedem Fall, auch wenn der Wille noch so groß ist, gegen alte Gewohnheiten kämpfen. Dabei gibt es leichte und schwere Tage, Momente, Phasen.
Ich weiß, dass viele auf diesen "Klick" jahrelang warten und sich auch wiederholt bewusst dafür entscheiden, es jetzt sein zu lassen.
Wann also Therapie?
Eine Therapie kann generell zweierlei bewirken: einerseits kann sie jemanden dabei unterstützen, die Entscheidung gegen die Bulimie bewusst zu fällen und andererseits kann sie jemandem helfen, der diese Entscheidung schon für sich getroffen hat, den Weg zu bestreiten. Eigentlich sind es nur diese beiden Dinge, bei denen die Therapie den Betroffenen unterstützt. Die dann Lösungen anbietet, wenn man selbst nicht mehr weiterkommt; die den Druck angesichts der unklaren Beschaffenheit dieses Wegs, der vor einem liegt, ein wenig wegnimmt.
Oft spielt auch der Aspekt eine Rolle, dass der Therapeut sich exklusiv Zeit zum Zuhören nimmt. Das ist beispielsweise mit Freunden nur begrenzt möglich, da man sich mit Freunden meist im Dialog unterhält. Im Normalfall möchte man als Betroffener seine Freunde auch nicht derart mit den eigenen Problemen belasten, und auch der Freund / die Freundin könnte sich aufgrund der Schwere des Problems überfordert fühlen. Wenn sich allerdings jemand von sich aus als Gesprächspartner genau dafür anbietet, so ist das natürlich einen Gedanken wert.
Wann kann es auch ohne Therapie funktionieren?
Hat man den Eindruck, gar nicht unbedingt einen regelmäßigen Gesprächspartner zu brauchen (auch wenn Gespräche für jeden Menschen für das psychische Wohlergehen wichtig sind), und das Thema eher mit sich selbst ausmachen oder "bearbeiten" möchte, dann sollte hierfür natürlich ein großes Maß an Selbststeuerungs-Fähigkeiten vorhanden sein. Im Normalfall hängt das auch vom Alter ab, und ich würde schätzen, dass diese zumindest im minderjährigen Alter noch nicht ausreichend vorhanden sind.
Viele Fragen, die im Alltag bei der Bewältigung der Bulimie auftauchen, kann zudem auch ein Psychotherapeut nicht beantworten. Hierzu zählen beispielsweise Fragen zur Ernährung. Hierbei könnte im Rahmen einer Therapie eigentlich nur ein Netzwerk an Experten helfen, das über Fachwissen in sämtlichen relevanten Bereichen verfügt. Aufgrund dessen wird auch in vielen Fachkliniken ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt.
Sobald man selbst das Gefühl hat, dass Therapien nichts (mehr) bringen, und man darüber hinaus bereit ist, sich eigenverantwortlich weiterzuentwickeln, und diese Lösungen selbst suchen will, dann kann man es zumindest versuchen. Wenn man dann merkt, dass man nicht vorankommt, kann man immer noch einen Therapeuten aufsuchen.
Letztlich ist es immer wichtig, bei einem solchen "Abenteuer" seinen körperlichen Zustand zu kennen und sich bei riskantem Gewicht oder anderen gesundheitlichen Einschränkungen ärztlich durchchecken und eventuell begleiten zu lassen. Auch schwerwiegende psychiatrische Störungen neben der Bulimie schließen ein solches Vorhaben sicherlich aus.
Fazit
Eigentlich geht es immer nur darum zu erkennen, dass man selbst derjenige ist, der die Bulimie besiegen muss. Solange das nicht wirklich verstanden wurde, ist es eigentlich völlig egal, ob man eine Therapie macht oder nicht - dann ist alles umsonst.
Sobald man diesen einen Aspekt aber wirklich verstanden hat, kann man sich einen Therapeuten suchen, der einem auf dem Weg unterstützt- oder sich dafür entscheiden, diesen Weg alleine zu gehen und sich je nach Bedarf Hilfe zu holen. Und das kann dann auch in Form von Büchern, Coaching oder eben Gesprächen mit Freunden passieren.
So einzigartig und individuell Menschen sind, so vielfältig sind auch die Möglichkeiten zur Heilung.
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