Diese Frage stellt sich wahrscheinlich jeder, der Bulimie hat und sich Gedanken darüber macht, wie es denn aussähe, wenn man sie loswerden würde, die Bulimie. Aber niemand - und ich glaube wirklich niemand - hat Lust darauf, zuzunehmen. Es sei denn, man hat tatsächlich Untergewicht und akzeptiert es aufgrund dessen irgendwie. Solange kein Untergewicht besteht, hegt sicherlich der Großteil der Menschen mit Bulimie den heimlichen Wunsch, noch ein paar Kilos zu verlieren.
Der Haken dabei ist nur: Wenn man immerzu auf sein Gewicht achtet, abnehmen will und es vor allem verabscheut - wenn auch nur wenig - zuzunehmen, dann ist da überhaupt kein Platz für einen gesunden Umgang mit dem Essen. Und es ist leider die Wahrheit: So wird man keinen Weg aus der Bulimie finden. Denn so wird das kleinste über-die-Stränge-Schlagen zum unverzeihlichen Fehltritt, der in den eigenen Augen alles wieder zunichte macht, was man in den Tagen, Wochen und Monaten zuvor erreicht hat. Man hat das Gefühl, wieder bei Null anzufangen. Und das demotiviert und raubt auch den kleinsten Hauch an Selbstdisziplin, die unweigerlich zur Genesung dazugehört. (An dieser Stelle möchte ich anmerken: Selbstdisziplin und Selbstgeißelung sind zwei unterschiedliche Dinge.) Entweder verfällt man nach diesem Ausrutscher in eine „jetzt ist eh schon alles egal“-Haltung oder man kasteit sich selbst ganz schrecklich, und erlaubt sich überhaupt keinen Genuss mehr, denn man hat ja versagt.
Auf meine eigene Geschichte zurückblickend, kann ich in diesen Situationen nur raten: Denkt in Wochen und Monaten, nicht in Tagen. Denkt an das Wohlgefühl, das ihr bekommt, wenn ihr nicht mehr kotzt. Denkt an euren Körper, der gesund sein wird, der gut versorgt wird, nicht an euer Gewicht.
Ich kenne übrigens niemanden, der von der Bulimie losgekommen ist, und der langfristig mit seinem Gewicht (das er sozusagen ohne Bulimie „bekommen“ hat) nicht zufrieden gewesen wäre. In meinem ganz persönlichen Fall liegt mein Gewicht im Normalbereich, ich bewege mich oft und gern, ernähre mich gesund und gönne mir relativ oft was. Das Gewicht zu halten ist kein großer Aufwand mehr, es gehört einfach in den Alltag und bereitet kein Kopfzerbrechen mehr und ich muss auch keine Dinge wieder geradebiegen, die ich durch FAs verbockt habe. Das schafft so viel Zeit für wirklich wichtige Dinge.
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