Samstag, 18. Dezember 2010

Warum reicht Motivation allein manchmal nicht aus?

Johann Ludwig Wilhelm Thudichum, Begründer der Gehirnchemie
Die Antwort auf diese Frage liegt wohl in der Gehirnchemie begründet: das Gehirn braucht seine Zeit, um die Verhaltensmuster, wozu auch die FAs gehören, zum Besseren zu verändern. Wenn ab und an ein Rückfall passiert, scheint das neue Verhalten ohne FAs noch nicht ganz zur Gewohnheit geworden zu sein. Nicht aufgeben!! Das wäre das Schlimmste, eure Synapsen werden es euch danken, wenn ihr stur weitermacht und euch nicht unterkriegen lasst. Siehe http://bulimieneindanke.blogspot.com/2010/11/neurochemie-wie-ist-die-uberwindung-der.html 
Darum ist es so immens wichtig, nicht aufzugeben, und euch wirklich die Zeit zu geben, die für die Einprägung und Gewöhnung an neue, schönere Dinge im Leben wichtig sind. Genießen lernen, Gefühle zulassen (ich weiß, das klingt blöd, aber denkt mal drüber nach), und sich auch Fehler, auch Rückfälle, einzugestehen. Sobald ein Rückfall nicht mehr die Riesen-Katastrophe ist, wird er euch nicht mehr in die Enge drängen!

Freitag, 17. Dezember 2010

Wie kann ich mit Rückfällen umgehen?

Diese Frage habe ich letztens in einem Forum gelesen und da ich denke, dass es eine vielgestellte Frage ist,  werde ich sie mal aus meiner Sicht beantworten.
Rückfälle sind sicherlich nicht selten, nicht wenige haben wohl damit zu kämpfen, wenn nicht sogar jeder. Wie soll man jetzt damit umgehen, wenn es doch passiert ist, man hat doch gedacht, es sei geschafft?
Ich sehe es als Zeichen dafür, dass bei mir doch noch was im Argen liegt, dass ich mich doch noch nicht mir selbst angemessen verhalte. Früher habe ich immer gedacht, es bringt doch nichts, sich nach dem Rückfall zu fragen, warum es passiert ist. Heute hab ich dazugelernt. Nachdem ich mich einigermaßen mit meiner Vergangenheit arrangiert habe, sind es tatsächlich eher kleine Dinge, die mich dazu bringen, mich vollzustopfen, die aber darauf hindeuten, welche größeren Dinge ich noch besser machen kann. Größere Dinge wie z.B. dass ich jemandem anderen einen Gefallen tu, obwohl ich es gar nicht will, weil ich mich aus Höflichkeit und anderen Gründen verpflichtet dazu fühle. Und dann später feststelle, dass das eigentlich mein einziger freier Tag in der Woche ist und mich vorher jeden Tag verrückt deswegen mache, warum ich nur "ja" gesagt habe. Ich wurde neulich auch gefragt, ob ich nicht jemandem helfen könnte, etwas mit dem Auto abzuholen. Ich habe nein gesagt, weil es mir zu stressig war. Im Moment ist mir meine Zeit heilig, Zeit ist das einzige, was nie wiederkommt, im Gegensatz zu Geld....die betreffende Person hat dann jemand anderen gefragt, sie hat also am Ende das bekommen, was sie wollte.
Das nur als Beispiel. Nehme ich mich selbst ernst genug? Oder gibt es Verhaltensmuster, die mich total einengen, die zu sein, die ich eigentlich bin??!
Rückfälle sollten also wirklich nicht als Katastrophe gesehen werden, mal ganz makaber ausgedrückt, ist es ja immer noch besser, sich einmal zu quälen, als jeden Tag, es ist und bleibt also ein Fortschritt! Das habe ich mir immer gesagt, und ich denke auch, dass ein Rückfall einfach ein Zeichen dafür ist, dass man eben noch nicht genügend Handlungsalternativen probiert hat, die reibungslos laufen. Solange keine funktionierende Alternative zum FA vorhanden ist, wird dieser auch immer wieder auftauchen...
Wenn ich mich immer nur zusammenreiße, aber nichts anstelle des FA tu, um mit den Gefühlen umzugehen, glaube ich nicht, dass man heil aus der Bulimie kommt.
Ich glaube, je mehr Angst man vor einem Rückfall hat, und je mehr Vorwürfe man sich danach macht, desto höher ist das Risiko, wieder in die Bulimie zu rutschen.
Wenn man aber souverän mit dem Rückfall umgeht, sich selbst bewusst macht, dass man selbst die Wahl hat, und der Bulimie nicht die Macht gibt, dann braucht man auch keine Angst vor ihr und dem Rückfall zu haben.
Ein Rückfall kann also durchaus auch seine positiven Seiten haben: er kann ein Zeichen sein, dass es noch einige Bereiche in meinem Leben gibt, in denen ich nach Möglichkeiten suchen muss, mich gegen die Außenwelt abzugrenzen, meine Bedürfnisse zu kommunizieren, meine Gefühle rauszulassen. Und dass ich nicht perfekt sein muss, dass es noch nicht an der Zeit war, ohne FA auszukommen. Der FA musste sein, basta. Danach kann ich mich ruhig und entspannt daran machen, nach Lösungen zu suchen, die mir in Zukunft im Alltag helfen.

Dienstag, 14. Dezember 2010

Sag deine Meinung!! Immer!

Mann mann mann. Dass ich das jemals schaffe, hätte ich vor ein paar Jahren nicht geglaubt.
Als ich ca. 19 war, hatte ich schon einige Jahre Bulimie, und sie war schon zur Normalität geworden. Ich schämte mich dafür, dass ich mich der Krankheit so ausgeliefert hatte. Trotzdem, ich weiß nicht, warum ich soviel Glück hatte, habe ich immer gespürt, dass ich eines Tages wieder das Licht sehen würde. Dass ich es schaffen würde. Ich wusste noch nicht, dass es noch mindestens 4 Jahre dauern würde, bis ich das Gröbste überstanden hatte und ich kein Knecht der Bulimie mehr sein würde. Es war eine grausame Zeit, vor allem im Nachhinein betrachtet.
Ich war still, angepasst, litt unter sozialer Phobie. Ich traute mich kaum, mit anderen zu sprechen, und war es nur ein harmloses, kleines Gespräch, "wie man das so macht".
Ich war schon früh ausgezogen, ich glaube heute, dass es auch meine Eltern nicht länger mitansehen konnte, wie ich mich selbst zerstörte, und wie ich der Bulimie mein Leben versprochen hatte. Das schien wohl eine Art Pakt mit dem Teufel gewesen zu sein, und ich kann ihnen kaum böse dafür sein, dass sie so hilflos waren. Ich war es auch.
Das war es also, ich war 19, angepasst, hatte immensen Respekt vor Frauen, die laut ihre Meinung sagten, die sich trauten, ihr Gehirn zu benutzen. Wie schafften sie das bloß? Es war mir wirklich ein Rätsel, und ich war so sehr im Kampf mit der Bulimie verstrickt, dass mein eigenes Gehirn davon ganz vernebelt war. An eine eigene Meinung war also nicht zu denken.
Ich glaube im Nachhinein, dass ich wohl einige lichte Momente hatte, wenn ich mich nicht vollstopfte nämlich. Das kam so ca. alle Lichtjahre mal vor. Dann schaffte ich 1en in der Schule, die ich mit Ach und Krach und einiger Verspätung hinter mich brachte. Ich dachte mir immer, wenn es doch nur immer so wär! Ich konnte also, wenn ich wollte. Scheinbar wollte ich aber nicht.
Die Folge war, dass ich ein gerade noch so das Abitur ablegte, mich dafür schämte, und seit dieser Zeit das latente Gefühl des "ich könnts eigentlich viel viel viel besser" mit mir herumtrug. Ich beneidete die Schüler nicht, die ein Einserabitur gemacht hatten, nein, ich verachtete sie dafür, dass sie dasselbe Potenzial in mir nicht sehen konnten und nicht sehen wollten.
So war ich also jahrelang das brave Mädchen, das nie den Mund aufmachte, das still alles über sich ergehen ließ.

Montag, 13. Dezember 2010

Die Was-brauche-ich-wirklich-Liste

Es tut soo gut, sich um seine wahren Bedürfnisse zu kümmern. Anstatt seine Bedürfnisse mit Essen zu betäuben und zuzustopfen. Alle Dinge, die ich für mich entdeckt habe, sind hier aufgelistet.
Mir haben sie sehr dabei geholfen, meine Welt um mich herum neu zu entdecken, weil ich mich ja vorher nur vor ihr zurückgezogen habe. 
Einfach unglaublich, was diese Welt dann auf einmal für mich bereithält, wenn ich mich dafür öffne!
Hier meine Liste "Was brauche ich wirklich?":
  • Musik
  • Ruhe
  • Ein Ziel erreichen
  • Information
  • mit jemandem reden
  • Etwas selber machen
  • Bilder / Visionen
  • Sportlich auspowern
  • was Leckeres kochen
  • etwas backen
  • mich belohnen: kleines Schmuckstück, neues Kleidungsstück
  • Relax-Unterhaltung (Vox,... ohne Gehirn-Anstrengung)
  • süße Wohltat
  • etwas Neues entdecken
  • ein Bad nehmen 
  • mich eincremen mit duftender Creme
  • "Königsmahl" (etwas besonderes zubereiten + zelebrieren)
  • Geschmackserlebnis (etwas neues Essbares entdecken)
  • Kulturträume: Oper...
  • Reiseziele ersinnen
  • Natur (Spaziergang...)
  • frische Luft
  • Wärme (Heizung, kuschelige Kleidung, Wärmflasche)
  • Rumgammeln 
  • Film schauen
  • jdm. meine Liebe zeigen 
  • körperliche Entspannung (einfach ruhig liegen, zur Ruhe kommen)
  • Liebe bekommen
  • kuschelige Stoffe (Tastsinn anregen, etwas anfassen, andere Kleidung)
  • meinen Körper spüren (sich massieren, sich pflegen)


Und was steht auf deiner Liste?

    Sonntag, 12. Dezember 2010

    Wenn andere nerven

    Mann, da könnt ich mich manchmal so über mich und andere aufregen. Die Wut dann nicht gegen sich selbst zu richten, sondern sich zuzugestehen, Fehler haben zu dürfen, nicht alles perfekt machen zu müssen, und gleichzeitig zu erkennen, dass andere auch ihre Macken haben, das dauert seine Zeit. 
    Meine Weg zu einem gesunden Umgang mit Wut und Frustrationen war ein sehr, sehr langer. Es hat wirklich Jahre gedauert, bis ich dort angekommen bin, so dass ich jetzt sagen kann, ich habe einen gesunden Umgang gelernt. 

    "Treue zu sich selbst und Güte zu anderen" 
    (Konfuzius)

    Das bedeutet auch, einen Umgang mit Frustrationen und Rückschlägen zu erlernen, der mir persönlich liegt, und mit dem ich wirklich gut klarkomme. Es gibt keine Lehrbuch-Weisheit, wie "man am Besten mit Frustration umgeht", das muss jeder selbst herausfinden. Und das braucht seine Zeit. 

    Gib dir selbst die Zeit, deinem Selbst, um herauszufinden, was es braucht. Mir hilft auch hier mein "inneres Kind", um mich zu beruhigen, um mit Menschen, die mich unangemessen behandelt haben, besser zurecht zu kommen. 

    Wie sich jemand verhält, hat nicht unbedingt etwas mit mir zu tun. Als Beispiel sei die "Hammer-Geschichte" aus Paul Watzlawick´s "Anleitung zum Unglücklichsein" genannt (Frage: was kann die Frau z.B. für das Verhalten des Mannes?): 


    Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. - Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er "Guten Tag" sagen kann, schreit ihn unser Mann an: "Behalten Sie Ihren Hammer".