Freitag, 23. März 2012

Rückfälle: Es geht vorüber....

Viele Jahre lang, viel zu viele Jahre lang, habe ich gedacht, ein Rückfall ist das Schlimmste. Ich war völlig gefangen in diesem Gedanken, mir genau im Moment des Rückfalls alles zunichte zu machen. Das war teilweise auch so. Wegreden kann man die Folgen nicht. Man fühlt sich einfach sch...ei....ße. Und kann sich nicht vorstellen, wie man es wieder mal NICHT geschafft hat. Warum man sich wieder was vorgemacht hat. All die Konsequenzen, das aufgequollene Gesicht, die hämmernden Kopfschmerzen, das Benommensein, der Schwindel, die quälenden Selbstvorwürfe, der widerliche Geruch überall. Das sich ins Nichts aufgelöste Selbstwertgefühl. Wieder das Gefühl, sich auf sich selbst nicht verlassen zu können.
Irgendwann wurde es mir klar, dass diese schlimme Zeit vorüber geht. Meist dauerte es ca. 3 Tage, bis das Selbstverständnis wieder einigermaßen war wie sonst. Wenn es passiert, hilft es, sich das immer wieder selbst zu sagen, dass es vorbei geht. Dass in 3 Tagen alles wieder so ist wie zuvor. Und dass dann auch ein erhebendes Gefühl eintritt, dass man diese 3 Tage überstanden hat, und wie gut es sich anfühlt, "normal" zu sein. Dass man nicht ständig unter Zeitdruck steht, weil man noch kotzen muss. Dass man sich unter Menschen trauen kann, ohne sich komisch vorzukommen.
Ein bisschen Weitblick ist hier gefragt. Und Nachsicht mit sich selbst. Rückfälle gehören dazu. Und dafür muss man sich nicht selber noch runtermachen, der körperliche Zustand nach einem Rückfall ist doch schon schlimm genug! Lieber gut zu sich sein, wie zu einem kranken Kind. Das hilft mehr als alle Vorwürfe. Den Rückfall als Chance sehen, als Auszeit von der Realität, als Möglichkeit zu lernen, was das Leben mir bietet. Als Hinweis, mal genauer hinzuschauen, was eigentlich los ist in meinem Leben und wohin es mich gerade treibt.

Donnerstag, 22. März 2012

Lebensmittel als Symbole?

Wieder eine neue Erkenntnis, die ich gern ausformulieren würde, um so ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. Natürlich weiß man sowas eigentlich, aber eben nur eigentlich. Und es lohnt sich bestimmt, einen zweiten Blick auf dieses "Phänomen" zu werfen: es geht um Symbole von Lebensmitteln.
Warum haben wir manchmal Lust auf einen Vanillepudding? Warum sehnen wir uns nach einem heißen Kakao? Was verbinden wir mit einem cremigen Eis oder einem Müsli?
Ich möchte euch dazu anregen, mal einen Augenblick darüber nachzudenken. Jeder hat irgendwo seine kleinen Rituale, bestimmte Lebensmittel, die einen Code in sich tragen und die wir dieser hintergründigen Bedeutung nach aussuchen.
Ess-Symbole tragen für mich unter anderem folgende Lebensmittel in sich:
  • der schon erwähnte Kakao: möchte ich, wenn ich mich gemütlich zurückziehen will, wenn ich mir was gutes tun will, wenn ich mich belohnen will
  • Vanillepudding: eigentlich ähnlich dem Kakao, aber zusätzlich hat es einen größeren "Nährfaktor", macht also auch ein bisschen satt im Gegensatz zum Kakao
  • Müsli: da ich Müsli früher eigentlich jeden Morgen gegessen habe und an diese Zeit gute Erinnerungen habe, esse ich es gerne morgens, wenn ich das Gefühl einer "gesunden Konstante" möchte. 
  • ausgiebiges Frühstück mit Brötchen, usw: wenn ich mir etwas gönnen möchte, wenn ich mir Zeit schenken will, wenn ich dieses Hotelgefühl will, als wäre ich im Urlaub
  • Colaflaschen: Kindheitserinnerungen 
  • Mandelmus: habe ich das erste Mal im Herbst gegessen, damals war alles neu und spannend, ich habe mich gut gefühlt, mir was gegönnt, und genauso fühle ich mich auch immer, wenn ich dieses Mandelmus esse
Es gibt noch soooo viele Sachen, die eigentlich jedes für sich ein bestimmtes Gefühl vermitteln, die ich esse, wenn ich dieses Gefühl wiederhaben will. Welche Lebensmittel stehen bei dir wofür? Ohhh, spannend...

Mittwoch, 21. März 2012

Bulimiephasen vs. "Clean"-Phasen

Geschätzte Leserschaft,
mir ist eingefallen, wie sehr sich während meiner Bulimiezeit unterschiedliche Phasen voneinander unterschieden haben. Es gab Bulimiephasen und Nicht-Bulimiephasen. Mir ist aufgefallen, wie unterschiedlich diese beiden Phasen doch waren. Ich war, so würde ich es heute sagen, ein ganz anderer Mensch während der Bulimiephasen. Ich habe mir nichts zugetraut, war weinerlich, sehr ängstlich, habe mich nicht aus dem Haus getraut. Habe alles, aber auch wirklich alles, in Frage gestellt. Während der Phasen, in denen ich keine Anfälle hatte, habe ich mich automatisch natürlich erstmal allgemein viel besser gefühlt, ich war viel öfter gut gelaunt (auch aus der Tatsache heraus, dass ich es "ohne FAs" schaffe, das hat mir eine Art Sieger-Gefühl vermittelt), und war auch sozial interessiert. Je länger und aber auch, je plötzlicher dann wiederum Bulimiephasen aufgetreten sind, desto stärker haben sie mich zurückgeworfen. Ich fühlte mich teilweise buchstäblich wieder wie ein kleines Kind, das nichts auf die Reihe bekommt. Ich habe meine Kontakte vernachlässigt, mich zurückgezogen. Zwei Menschen....es würde mich interessieren, ob es bei euch ähnlich ist oder war. Oder ob es sich eher gleichmäßig durchzieht und diese Phasen gar nicht in der Form vorhanden sind...
Viele liebe Grüße & bis bald,
eure Jo