Donnerstag, 3. Februar 2011

Essen nach Plan?

Love your Food- lieber nach dem eigenen Geschmack essen! (Bildquelle: gettyimages.com)
Wenn ich mich so im Internet umschaue, und die Ernährungsvorgaben auf jeder 2. Seite lese, wird mir ganz übel. Lieber maßgeschneidert, nach dem eigenen Geschmack ernähren, anstatt sich rigide an sogenannte "Tagespläne" von "Ernährungsberatern" zu halten, damit käme, wenn es nach mir ginge, jeder Mensch mit Essproblemen 1000 Mal besser klar.

Wenn es nach Ernährungsberatern ginge, sollte man morgens am liebsten ein "leckeres Vollkornbrot mit Kräuterquark und dazu einen Apfel und einen Joghurt" essen. Wow, lecker, denkt sich da jemand, dem Vollkornbrot nicht schmeckt und bei dem allein beim Gedanken an Kräuterquark der Würgreflex einsetzt.

Was soll das? Ok, wenn es darum geht, sich an "normale Portionen" zu gewöhnen, kann das ein Anfang sein. Aber sich auch danach an einem solchen Ernährungsplan zu orientieren, halte ich für fatal! Warum? Weil kein normaler und schon gar kein essgestörter Mensch es schafft, sich an einen solchen Plan zu halten. Der eine isst am morgen bereits die hälfte der ganzen Tagesration (zu dieser Sorte gehöre ich), die anderen essen gar kein Frühstück, dafür ein üppiges Abendessen.
Wenn einem Menschen mit Essproblemen so ein Essensplan serviert wird, dann ist es meiner Meinung nach kein Wunder, wenn er keine Lust verspürt, normal zu essen. Sich 3 mal am Tag zu einer "Normalportion" zu quälen, ist einfach die pure Quälerei und Überforderung.

Ich möchte jeden dazu auffordern, herauszufinden, was und wieviel und wann er gerne isst, anstatt sich permanent von solchen rigiden Tagesplänen ein schlechtes Gewissen machen zu lassen.
Gibt es irgendwo einen Beweis dafür, dass es gesünder macht, wenn man sich an diese Pläne hält, anstatt sich nach seinem eigenen Geschmack zu ernähren?

Das Gefühl, das ich in diesem Artikel beschreiben will, ist das folgende: man hat eine gewisse Vorstellung im Kopf, was eine "normale und gesunde Portion" ist oder sein sollte, man selbst will in dem Moment aber etwas ganz anderes, entweder etwas anderes essen, oder mehr oder weniger essen.

Ich möchte dazu aufrufen, mehr auf diese scheinbar "ungesunde" Stimme des eigenen Körpers zu hören. Es ist dann ganz und gar nicht schlimm und es wäre auch ein lächerlicher Grund für ein schlechtes Gewissen, würde man sich dann deshalb fertigmachen, nur weil das eigene Gefühl mal nicht das "Normale und Gesunde" verlangt.

Wer überhaupt hat das Recht, mir ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn ich mich meinem Körper und meiner Seele entsprechend ernähre? Niemand. Kein Ernährungsberater dieser Welt, keine Ernährungsratgeber und erst recht kein "Ernährungsplan".

Dienstag, 1. Februar 2011

Teufelskreis der Bulimie


Die mangelnde Fähigkeit im Umgang mit den eigenen Emotionen, oft im Zusammenhang mit psychischer Belastung, oft aber einfach nur Langeweile oder jeder anderer beliebige Zustand, mit dem nicht umgegangen werden kann, führt zu Überessen und danach zu einer der Gewichtszunahme entgegensteuernden Maßnahme (Erbrechen, wenig essen, etc.). Der bulimische Teufelskreis wird aufrechterhalten durch fehlende Strategien im Umgang mit den eigenen Emotionen.

Montag, 31. Januar 2011

Persönlichkeits-Entwicklung durch Bulimie gehemmt?

Wer bin ich? Diese Frage stellt sich dem normalen Menschen und, mehr noch, einem Menschen mit Bulimie. Die Bulimie, genauer gesagt, das Symptom, das Überessen, stellt für ihn eine gute Methode dar, um genau diese Frage zu verdrängen. Denn sie macht Angst, Angst davor, ohne jede Persönlichkeit zu existieren. Paradoxerweise verhindert genau diese Methode aber, dass der Mensch sich überhaupt erst mit Fragen beschäftigt, geschweige denn diese zu beantworten. Nein, im Zweifel greift dieser Mensch nach seiner altbewährten Methode der Persönlichkeits-Unterdrückung, und gibt sich somit keine Chance, sich selbst weiterzuentwickeln. Er betäubt seine Probleme, deren Bewältigung ihn doch ihn jeder Form in Charakter und Selbstbewusstsein festigen würde. Er entkräftet so selbst jegliches Potenzial, das in der Beantwortung dieser Probleme und Fragen liegt, da diese ihm so aussichtslos und bedrohend erscheinen. Diese gefühlte Bedrohung führt immer und immer wieder zur Flucht in sein geliebtes Ritual: das Überessen.
Kein Wunder, dass viele Bulimiker oft viel jünger erscheinen, als sie tatsächlich sind. Ein Teufelskreis, fühlt sich doch eine 25-jährige, die auf 16 geschätzt wird, und damit um ganze 9 Jahre zu jung, nicht ernstgenommen, eine Einschätzung von außen, die ihrem eigenen Gefühl des Unvermögens noch entgegen kommt.
Doch anstatt angemessen auf derartige, durch die Bulimie erst hervorgerufene, Fehleinschätzungen, Missbilligungen oder gar Beleidigungen zu reagieren, reagiert der Mensch mit Bulimie seiner Sucht entsprechend: mit Überessen, er isst seinen Frust und den Ärger über seine eigene Unzulänglichkeit "weg", das jedoch offensichtlich nur oberflächlich. Unter der Oberfläche wuchern seine Probleme, sein Unvermögen, sein Leben nach seinem eigenen Gefallen zu meistern, ins Unermessliche. Dieses unermessliche Unzulänglichkeit wird bald zur haushohen Mauer, die ihn in seiner Bulimie einkerkert. Ein Entkommen scheint unmöglich.
Aber stopp, wie kann Heilung dann überhaupt noch möglich sein? Es ist möglich. Der Mensch muss diese Mauer, diese Beschränktheit erkennen und als Einengung seiner Entwicklung wahrnehmen. Sieht er sie nicht als solche wahr, ist Heilung schwierig, wenn nicht unmöglich. Diese Wahrnehmung erfolgt entweder plötzlich, als eine Art "mir ist es wie Schuppen von den Augen gefallen" oder "plötzlich war der Knoten geplatzt", oder oft als die letzten Schritte eines langen Wegs, den ein Mensch mit Bulimie geht. Dann erscheint ein Weitergehen auf dem Weg der Bulimie unmöglich, oft auch, weil körperliche Beschwerden eine Aufgabe des Überessens und Erbrechens zwingend erfordern.
Ist diese Wahrnehmung, dass ein Umschwung erfolgen muss, erst einmal geschaffen, so offenbaren sich dem Menschen mit Bulimie oft zum ersten Mal die Vielzahl seiner unterentwickelten Fähigkeiten, ihm fällt auf, dass er sich beispielsweise im sozialen Kontext teils wie ein Kind benimmt, dies zu Zeiten seiner Bulimie aber aus seinem Sichtfeld verdrängen konnte und sich aus Angst vor Veränderung, aus Angst, Verantwortung zu übernehmen, nicht ausreichend mit derartigen Problemen seines Verhaltens auseinander gesetzt hat.
Als Fazit möchte ich konstatieren, dass, meiner Erfahrung nach, ein Entwicklungsrückstand bei vielen Bulimikern vorliegt. Gründe hierfür sind verschieden, jedoch habe ich den Verdacht, dass das Ausleben der bulimischen Symptome einen Entwicklungsfortschritt verhindert. Einfach formuliert, über-isst ein Bulimiker seine Probleme, anstatt sich ihnen konstruktiv zu stellen, und verhindert so seine eigene Entwicklung.

Sonntag, 30. Januar 2011

Das Unbewusste hat mir ein Lied erzählt...

Das Unbewusste, diese unbekannte Sphäre unserer kopfgesteuerten Welt, gerät dem strauchelnden Bulimiker immer wieder in die Quere. Spätestens immer dann, wenn er wieder mal versucht, seiner gierigen Sucht zu widerstehen, und ihr doch wenigstens einmal nicht nachzugeben. An dieser Stelle sei es nur kurz erwähnt: der Begriff des "Unbewussten" wurde vom Psychoanalytiker Sigmund Freud geprägt und hat seither Eingang gefunden in die Welt von Psychologie und Psychiatrie.
Warum nur muss man also immer wieder zurückkehren zu dieser, eigentlich doch verhassten, Angewohnheit. Man weiß doch, wie es einen kaputt macht, welche grausamen körperlichen Konsequenzen, welche sozialen Defizite, welch grässliche Einsamkeit und Verheimlichung diese Sucht nach sich zieht. Weil es kein inneres Bedürfnis ist, damit aufzuhören. Das jedenfalls meinen die Forscher, die sich mit diesen und ähnlichen Themen befassen. Genauso verhält es sich mit dem Rauchen, ja, man nimmt es sich fest vor, ich hör jetzt für immer auf mit dem Rauchen, aber irgendwie? Ja, irgendwie klappts dann doch nicht. Weil es nur der Kopf will, weil es kein "inneres Bedürfnis" ist. Das innere Bedürfnis wäre gleichzusetzen mit dem unbewussten Wollen. Weil man sich erst dann wirklich ein Bedürfnis erfüllt. Erst dann kann solch ein Vorhaben funktionieren. Und genauso ist es mit der B. Leider kommt dieses innere Bedürfnis erst nach einem tragischen Ereignis, beispielsweise einer durch B ausgelösten Krankheit, dem Haarausfall, dem Verlust von Zähnen oder sogar schlimmeren körperlichen Ausfällen. Erst dann stellt man plötzlich fest, man will einfach nur leben, nicht sterben. Man will nicht den Rest des Lebens am Tropf hängen oder vor sich hinvegetieren, man will LEBEN. Sein Leben selbst gestalten, nicht tagtäglich in ein Gefängnis aus Angst und Einsamkeit eingeschlossen sein.
Allein die Idee, dass da noch mehr in meinem Universum sein kann,  dass dieses Unbewusste den Großteil meiner Handlungen steuert, kann einen Umschwung bedeuten. Das Unbewusste wird ständig genährt, und ich kann es durch fruchtbare gute Erfahrungen nähren. So kann ich die Früchte säen und das Gute in meiner Zukunft ernten. Wie oft musste ich schon die Erfahrung machen, gegen mein Gewissen zu handeln, und mich tagelang mit dieser falschen Entscheidung quälen. Besser ist es, sich in dem Moment richtig zu entscheiden, dann vielleicht auch etwas mehr "Arbeit" zu investieren, diese positive Erfahrung aber mitzunehmen, und auch unbewusst mitzunehmen, und sich später daran zu erinnern.