Sonntag, 20. Juli 2014

Ist ein Neuanfang an einem anderen Ort leichter machbar?

Wie oft habe ich ihn schon gehört, diesen Satz, auch von mir selbst: "Ich gehe (ins Ausland/ in eine andere Stadt, ...), um mir eine neue Chance zu geben und um die Bulimie hinter mir zu lassen. Dort wird alles anders."

Zu Beginn ist alles toll und anders

Zunächst klingt das alles sehr gut und vielversprechend. Ein neuer Ort, ein neues Land- das ist erstmal ein großer Schritt und es kann auch eine große Veränderung sein. Man fühlt sich frei, beschäftigt sich eine Zeit lang mit anderen Dingen, lernt neue Menschen kennen, vielleicht eine neue Sprache oder eine andere Kultur. Und all das ist wahnsinnig spannend- und man hat erstmal auch keine FAs mehr, man hat sich auch ganz leicht unter Kontrolle, man verspürt einfach keinen Drang danach. Der Grund ist einfach: man hat einfach keinen Kopf dafür, weil man sich mit anderen Dingen befasst.

Früher oder später kommt er dann aber auch dort, am neuen Ort: der Alltag. Man wird eingeholt von alten Gewohnheiten, sobald die äußere Spannung und die Erregung über die neue Umgebung nachgelassen hat. Man hat dann wieder Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen, ist mit sich allein. Dann kommt die kritische Phase: habe ich mich wirklich verändert, oder war alles nur eine Pause, so dass es jetzt wieder weitergeht wie gehabt? Leider ist in vielen Fällen letzteres der Fall.

Und dann beginnt sich das Rad von Neuem zu drehen.

Kann man den Neuanfang trotzdem schaffen?

So ein Neuanfang kann tatsächlich ein echter Neuanfang werden, der Start in ein Leben ohne Bulimie. Man muss dabei aber eines wissen: Man nimmt sich selbst überall hin mit. Man kann sich selbst nicht "loswerden". Wenn man mit sich selbst im Reinen ist, dann ist das durchaus positiv. 
Der neue Ort kann daher auch symbolisch den Start in ein neues Leben markieren- wenn man weiß, dass man früher oder später überall vom Alltag eingeholt wird- und dann auch von seinem alten "ich".

Wenn man den Aufenthalt an einem neuen Ort also nicht als alleinigen und ausschlaggebenden Grund für eine Veränderung betrachtet, sondern sich darüber im Klaren ist, dass man trotzdem an sich arbeiten muss, dann steht dem Neuanfang also nichts im Weg!

Viele haben sicherlich schon einmal an solch einen Schritt gedacht- habt ihr es dann durchgezogen? Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?