Samstag, 11. August 2012

15 Tipps zum normalen Essen (Teil 2)

7. Sich nicht mit anderen vergleichen. Isst meine Kollegin heute schon wieder so wenig? Egal! Iss nach deinen eigenen Maßstäben. Zu Beginn ist es sicherlich hilfreich, sich generell an anderen zu orientieren, um die normalen Portionsgrößen einschätzen zu können. Aber sich ansonsten mit anderen zu vergleichen, ist tödlich. Wenn jemand z.B. mal spät frühstückt, hat er mittags einfach mal weniger Hunger und isst weniger als sonst. Jemand anderes musste schnell aus dem Haus und hat mittags dann einen Bärenhunger. Die Kollegin lädt sich einen Riesenteller voll, weil sie ihre Tage bekommt. Der Chef isst nur einen Apfel, weil er abends mit seiner Frau essen geht. Daran sollte man sich nicht orientieren.

6. Zylkusabhängiger Hunger und Appetit. Eine neue Welt hat sich mir erschlossen, als ich das erkannt habe: mein weiblicher Körper verlangt nach unterschiedlicher Nahrung, abhängig davon, wo im Zyklus ich mich gerade befinde. Kurz nach der Menstruation habe ich tendenziell weniger Hunger. Vor der Menstruation bekomme ich wieder mehr Hunger, speziell 1-2 Tage vorher habe ich wirklich oft Lust auf Süßes. Seit ich das weiß, kann ich es viel bewusster wahrnehmen und mir diese Bedürfnisse auch erfüllen. Oft gehe ich dann in die Konditorei und kaufe mir ein leckeres Stück Schokoladenkuchen. Oft ist es auch einfach das Bedürfnis nach Ruhe und Rückzug. Es macht zufrieden, die Signale eines weiblichen Körpers zu spüren und darauf einzugehen. Dabei muss es nicht immer Süßes sein, hört mal in euch hinein.

5. Sich nicht überfordern. Du isst oft ähnliches? So what. Ich kann mich noch vage erinnern, an damals, an meine ersten Gehversuche :) Ich habe ziemlich lange gebraucht, um mir (alleine lebend) so etwas wie Mahlzeiten anzugewöhnen. Und ich habe ziemlich seltsame Sachen gegessen: zum Frühstück ein paar Kekse und Kaffee, damals gab es im Aldi solche Vollkornbutterkekse, die habe ich geliebt. (Gibt´s die überhaupt noch? Müsste ich glatt mal wieder kaufen!) Ich habe einen Cappuccino gemacht und diese Kekse gegessen. Es war okay! Irgendwann, ich schätze es waren ein paar Wochen, wurden aus den Keksen dann Brötchen, die ich mir vom Bäcker geholt habe. Das Gefühl, endlich essen zu können, was ICH will, (und es unter Kontrolle zu haben) war damals so stark, dass ich diese, von außen "seltsam" wirkende Lebensmittel, gewählt habe.

4. Seinen Magen lieben. Ich hatte selten ein ungutes Gefühl im Bauch nach dem Essen, habe das von anderen aber oft gehört, dass es sich schlecht anfühlt, den Magen zu spüren. Ich weiß nicht, was du dagegen machen kannst, aber ich würde stark vermuten, dass es sich hier um eine Einstellung handelt und weniger um einen ungesunden Körper. Alles, was ich wirklich weiß, ist, dass ich heute ein befriedigendes Gefühl habe, nachdem ich etwas leckeres gegessen habe. Ich hab mir was gutes getan, und das hat auch etwas mit dem "um sich selbst kümmern" zu tun. Und das mach ich gern :)

Hier geht es übrigens zu Teil 1!

Donnerstag, 9. August 2012

Die Fähigkeit "Grenzen setzen" als wichtiger Bestandteil der Heilung

Grenzen setzen: bis hierhin, und nicht weiter!
Früher habe ich nicht verstanden, warum ich Grenzen setzen muss. Es war für mich ein hohler Satz ohne Bedeutung. Ich habe es zwar oft gehört, aber dennoch kam er nie bei mir an: "Du musst lernen, Grenzen zu setzen!".
Heute, nach Jahren voller schwieriger Erfahrungen, weil ich keine Grenzen setzen konnte, weiß ich um ihre Wichtigkeit und Bedeutung. Grenzen setzen schützt mich, Grenzen sind unersetzlich für mich als Mensch, als Individuum, das sich von anderen abgrenzen muss, das kommunizieren und sich mitteilen will.
Was passiert, wenn ich keine Grenzen setzen kann? Wenn ich nicht kommuniziere "bis hier, aber nicht weiter", "nein, heute kann ich nicht" oder "bitte frag jemand anderen"?
Es wird unterschiedliche Auswirkungen haben. Ich werde von anderen als eine Person wahrgenommen, die nicht "Nein" sagen kann. Das hat den Effekt, dass andere mich ausnutzen können. Menschen machen es manchmal unbewusst, aber wenn da eine Person ist, die sich immer den schwarzen Peter in die Schuhe schieben lässt, dann greifen diese Menschen gerne zu. Und solange ich mich nicht dagegen wehre, wird sich daran auch nichts ändern. Vermutlich machen sich diese Personen auch gar keine Gedanken darüber- Menschen denken die meiste Zeit nur an sich selbst.
Als jemand, der keine Grenzen setzen kann, bin ich auch jemand, der seine eigene Meinung eher seltener kommuniziert. Vor allem dann nicht, wenn ich jemanden damit verletzen könnte oder es zu einer Diskussion führen könnte. Also lasse ich es, denn sobald jemand anderes mich angreift, setze ich mich nicht zur Wehr, weil ich ja keine Grenzen setzen kann. Ich kann schlecht damit umgehen, wenn mich jemand angreift, weil ich alles an mich heranlasse, weil keine Grenzen sichtbar sind. Ihr erinnert euch vielleicht noch an das Bild mit dem Gartenzaun, das ich hier mal beschrieben habe. Woher sollen diese Leute wissen, wo mein Garten Grenzen hat, wenn es keinen Zaun gibt?
Genauso verhält es sich mit meinen eigenen Grenzen. Ich muss diese kommunizieren.
Was kann noch passieren, wenn ich keine Grenzen setze? Andere werden von mir denken, ich hätte keine eigene Meinung. Jemand, der alles nur toll findet und zu allem ja und amen sagt, wird nicht als eigenständige Persönlichkeit wahrgenommen. Man wird ihn nicht nach seiner Meinung fragen, weil er scheinbar keine hat. Jemand, der immer nur nett und freundlich ist und seine wahren Gefühle nie zeigt, wirkt nicht authentisch. Er wirkt falsch und vor allem schwach. Das soll nicht heißen, dass man cholerisch werden soll und jeden Tag einen Wutanfall haben muss, aber es trägt zur Glaubwürdigkeit enorm bei, wenn man etwas auch mal scheiße findet und das auch sagt.
Es trägt auch zur Glaubwürdigkeit bei, wenn man sich nicht alles gefallen lässt. Wenn man "nein" sagt, auch wenn andere "ja" von einem erwarten. Was andere von mir wollen, ist eine Sache, was ich selbst will, eine andere. Ich muss immer abwägen, klar, das ist bekannt. Aber ich darf meine eigene Stimme dabei nicht immer überhören.
Meine eigene Erfahrung in der Hinsicht hat mir die Richtigkeit dieser These bestätigt. Ich war bis vor einiger Zeit eine typische "Ja-Sagerin". Ich war immer nett und höflich und konnte schon, bevor ich um etwas gebeten wurde, es den Leuten von den Lippen ablesen. Meine Mutter wurde früher immer beneidet um ihre wunderbar freundliche Tochter. Ja, so war ich. Es ist nichts dagegen einzuwenden, freundlich zu sein, keine Frage. Gleichzeitig muss ich aber auch in der Lage sein, meinen eigenen Willen zu kommunizieren. Dazu gehört auch, "nein" sagen zu können ohne schlechtes Gewissen und vor allem ohne Rechtfertigung.
Es hat wirklich lange gedauert, bis ich diese Rechtfertigung ohne schlechtes Gewissen weglassen konnte. Ich war es schlicht und ergreifend nicht gewohnt, nein zu sagen und dann den Leuten auch noch auf die Nase binden zu müssen, warum ich "nein" sage ("ich kann heute nicht ...., weil ich noch .... muss").
Lasst den zweiten Teil, das "weil" weg. Bis auf Situationen, in denen es wirklich erforderlich ist.
Viel Erfolg damit!

Dienstag, 7. August 2012

15 Tipps zum normalen Essen (Teil 1)

Folgende Sachen haben mir geholfen, eine normale Essweise zu erlernen und beizubehalten:

15. Normales Essen bedeutet nicht, jeden Tag exakt 2000 kcal zu sich zu nehmen. Das können mal mehr, mal weniger sein. Wenn man jeden Tag versucht, dieses Pensum zu schaffen, ist es nur schwer möglich, sein eigenes Gefühl für Hunger und Sattsein zu entwickeln. Ich habe oft morgens keinen Hunger, wenn ich spät am Abend gegessen habe. Das finde ich mittlerweile völlig normal. Und wenn ich dann eben mal nicht frühstücke, ist das in Ordnung. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig außer mir selbst.

14. Probier mal die Sonntagsmethode. Sonntags esse ich das, was ich mir unter der Woche nicht gönne (z.B. Döner, Pizza). Auf diese Weise weiß ich die ganze Woche über, am Sonntag darf ich wieder. Ich muss es also nicht schon jetzt in einem FA "verbraten". So verbiete ich mir nichts (ich verschiebe die Gelüste), muss mir keine Vorwürfe machen, und kann die Ausnahme genießen.

13. Jeder hat seinen eigenen Rhythmus! Für mich zum Beispiel ist das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages. Dafür nehme ich mir auch viel Zeit (ich stehe wirklich früh dafür auf, um genug Zeit zu haben). Anderen ist das Frühstück wiederum überhaupt nicht wichtig, sondern diesen Leuten ist das Abendessen wichtig. Aber so hat jeder seine Vorlieben. Such dir deine Lieblingsmahlzeit aus und achte darauf, dass du dir wenigstens einmal am Tag genug Zeit für dein Lieblingsessen nimmst und dann die Sachen isst, die dir wirklich schmecken.

12. Gesund essen. Grundsätzlich ist ein gesundes Essen mit viel Gemüse und Obst zu empfehlen! Das sage ich aus eigener Erfahrung. Inhaltsloses Essen wie z.B. leere Kohlenhydrate in Form von Weißbrot und ähnlichem kann echt die Laune verderben, verschlechtert die Konzentration, führt zu extremen Blutzuckeranstiegen und -abfällen und provoziert damit Heißhungerattacken. Wenn ihr FAs vermeiden wollt, verzichtet darauf und konzentriert euch auf Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und gesunde Fette. By the way: Fette braucht der Organismus zum Überleben. Darauf zu verzichten ist echt lebensmüde. Also lieber ein bisschen Leinöl, Kürbiskernöl und Olivenöl zum Salat verwenden, als ein Dressing aus der Tüte oder der Flasche.

11. Bewusst Ausnahmen machen. Wenn du was Süßes willst, dann iss es bewusst. Man muss nicht jeden Tag Süßes essen, wenn das Angst macht. Am besten ist es, sich mal zu überlegen, wie oft pro Woche man sich etwas Süßes gönnen möchte. Süßes ist hier natürlich ein Platzhalter für alles, was man normalerweise nicht zum Sattmachen isst.

10.  Neue Zu- und Abneigungen entdecken. Welche Speise mochtest du früher, bevor deine Essstörung begonnen hat? Sind es noch deine Leiblingsspeisen oder verbietest du sie dir? Das Ziel sollte sein, sie wieder nach und nach zu essen, denn wahrscheinlich isst du sie immer noch gern, ganz tief in dir drin.

9. Sich nie gezwungen fühlen, etwas zu essen. Stell dir vor, du gehst spontan zu einer Grillparty. Eigentlich hast du kurz vorher erst gegessen, weil du nichts von der Veranstaltung wusstest, und hast gar keinen Hunger. Aber alle anderen essen etwas. Allein der Gedanke, jetzt noch mehr zu essen, obwohl dein Bauch schon voll ist, macht dir schon ein ungutes Gefühl. Aber du willst keine komischen Kommentare ernten und lädst dir einen Teller voll. Wenn du auf deinen Körper hören lernen willst, dann lass das lieber bleiben! Es kann wirklich ein paar Jahre dauern, bis du diese extremen Signale deines Körpers "überhören" kannst und dir in so einer Situation was zu essen nehmen kannst OHNE danach ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Bis dahin hilft nur eins: stur bleiben und auf den Körper hören.

8. Ganze Mahlzeiten und nicht im Vorbeigehen oder auf der Straße oder vor dem Kühlschrank essen. Eine Mahlzeit auf dem Teller, schön angerichtet, während man am Tisch sitzt, isst sich viel angenehmer, und der schöne Nebeneffekt ist: man behält den Überblick. Meine eigene Erfahrung hat mir gezeigt, dass 3 normale Mahlzeiten ohne Zwischenmahlzeiten in der Anfangszeit am hilfreichsten waren, um ein gesundes Hungergefühl zu entwickeln. Zwischen den Mahlzeiten sollten mindestens 4 Stunden liegen. Dann hat der Körper genügend Zeit, um die Nahrung zu verdauen. Ähnliches wurde hier schonmal erwähnt.

Hier geht es zu Teil 2!