Donnerstag, 9. August 2012

Die Fähigkeit "Grenzen setzen" als wichtiger Bestandteil der Heilung

Grenzen setzen: bis hierhin, und nicht weiter!
Früher habe ich nicht verstanden, warum ich Grenzen setzen muss. Es war für mich ein hohler Satz ohne Bedeutung. Ich habe es zwar oft gehört, aber dennoch kam er nie bei mir an: "Du musst lernen, Grenzen zu setzen!".
Heute, nach Jahren voller schwieriger Erfahrungen, weil ich keine Grenzen setzen konnte, weiß ich um ihre Wichtigkeit und Bedeutung. Grenzen setzen schützt mich, Grenzen sind unersetzlich für mich als Mensch, als Individuum, das sich von anderen abgrenzen muss, das kommunizieren und sich mitteilen will.
Was passiert, wenn ich keine Grenzen setzen kann? Wenn ich nicht kommuniziere "bis hier, aber nicht weiter", "nein, heute kann ich nicht" oder "bitte frag jemand anderen"?
Es wird unterschiedliche Auswirkungen haben. Ich werde von anderen als eine Person wahrgenommen, die nicht "Nein" sagen kann. Das hat den Effekt, dass andere mich ausnutzen können. Menschen machen es manchmal unbewusst, aber wenn da eine Person ist, die sich immer den schwarzen Peter in die Schuhe schieben lässt, dann greifen diese Menschen gerne zu. Und solange ich mich nicht dagegen wehre, wird sich daran auch nichts ändern. Vermutlich machen sich diese Personen auch gar keine Gedanken darüber- Menschen denken die meiste Zeit nur an sich selbst.
Als jemand, der keine Grenzen setzen kann, bin ich auch jemand, der seine eigene Meinung eher seltener kommuniziert. Vor allem dann nicht, wenn ich jemanden damit verletzen könnte oder es zu einer Diskussion führen könnte. Also lasse ich es, denn sobald jemand anderes mich angreift, setze ich mich nicht zur Wehr, weil ich ja keine Grenzen setzen kann. Ich kann schlecht damit umgehen, wenn mich jemand angreift, weil ich alles an mich heranlasse, weil keine Grenzen sichtbar sind. Ihr erinnert euch vielleicht noch an das Bild mit dem Gartenzaun, das ich hier mal beschrieben habe. Woher sollen diese Leute wissen, wo mein Garten Grenzen hat, wenn es keinen Zaun gibt?
Genauso verhält es sich mit meinen eigenen Grenzen. Ich muss diese kommunizieren.
Was kann noch passieren, wenn ich keine Grenzen setze? Andere werden von mir denken, ich hätte keine eigene Meinung. Jemand, der alles nur toll findet und zu allem ja und amen sagt, wird nicht als eigenständige Persönlichkeit wahrgenommen. Man wird ihn nicht nach seiner Meinung fragen, weil er scheinbar keine hat. Jemand, der immer nur nett und freundlich ist und seine wahren Gefühle nie zeigt, wirkt nicht authentisch. Er wirkt falsch und vor allem schwach. Das soll nicht heißen, dass man cholerisch werden soll und jeden Tag einen Wutanfall haben muss, aber es trägt zur Glaubwürdigkeit enorm bei, wenn man etwas auch mal scheiße findet und das auch sagt.
Es trägt auch zur Glaubwürdigkeit bei, wenn man sich nicht alles gefallen lässt. Wenn man "nein" sagt, auch wenn andere "ja" von einem erwarten. Was andere von mir wollen, ist eine Sache, was ich selbst will, eine andere. Ich muss immer abwägen, klar, das ist bekannt. Aber ich darf meine eigene Stimme dabei nicht immer überhören.
Meine eigene Erfahrung in der Hinsicht hat mir die Richtigkeit dieser These bestätigt. Ich war bis vor einiger Zeit eine typische "Ja-Sagerin". Ich war immer nett und höflich und konnte schon, bevor ich um etwas gebeten wurde, es den Leuten von den Lippen ablesen. Meine Mutter wurde früher immer beneidet um ihre wunderbar freundliche Tochter. Ja, so war ich. Es ist nichts dagegen einzuwenden, freundlich zu sein, keine Frage. Gleichzeitig muss ich aber auch in der Lage sein, meinen eigenen Willen zu kommunizieren. Dazu gehört auch, "nein" sagen zu können ohne schlechtes Gewissen und vor allem ohne Rechtfertigung.
Es hat wirklich lange gedauert, bis ich diese Rechtfertigung ohne schlechtes Gewissen weglassen konnte. Ich war es schlicht und ergreifend nicht gewohnt, nein zu sagen und dann den Leuten auch noch auf die Nase binden zu müssen, warum ich "nein" sage ("ich kann heute nicht ...., weil ich noch .... muss").
Lasst den zweiten Teil, das "weil" weg. Bis auf Situationen, in denen es wirklich erforderlich ist.
Viel Erfolg damit!

1 Kommentar

  1. Hey, ich bin gerade am Anfang meiner "Heilungsphase" ... und ich finde deinen Blog wirklich super! Danke, du hilfst mir sehr durch die schwierige Anfangszeit!

    Das mit den Grenzen setzen stimmt tatsächlich. Das muss ich auch endlich lernen! Ich versuche das schon immer mal wieder aber noch viel zu selten. Danke für den tollen Post

    LG

    PS: hier ist übrigens mein Blog, indem ich mitteile wie ich anfange mich mit meinem Problem auseinanderzusetzen

    fressattacken.blogspot.com

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