Auf dem Weg zur Symptomfreiheit wird es dir immer häufiger bewusst werden, dass ein Essanfall auch ein Zeichen für dein Bedürfnis nach Ruhe sein kann. Ein Essanfall tritt dann oft genau dann ein, wenn du dich sammeln und dich zurückziehen willst.
Äußerst interessant ist in diesem Zusammhang auch, welchen Einfluss eigentlich die Menstruation und der Zyklus auch auf die Psyche hat. Erstaunlicherweise ist es vielen Frauen oft gar nicht bewusst, dass die zweite Hälfte des Zyklus sie sehr viel besser mit ihrer Fähigkeit des urtümlich Weiblichen verbindet und sie genau in dieser Phase einen Essanfall bekommen, weil sie sich nicht genug Ruhe zugestehen.
Im Buch „Frauenkörper, Frauenweisheit“ von Christiane Northrup wird dieser Zusammenhang ganz eindrücklich beschrieben. In früheren Zeiten, in denen Frauen noch viel stärker im Einklang mit der Natur lebten, war es völlig natürlich, dass Frauen sich in den letzten 2 Wochen stärker auf ihre innere Stimme konzentrierten.
In den letzten beiden Wochen im Zyklus, auch Lutealphase genannt, bereitet sich der Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Er baut die Gebärmutterschleimhaut auf und versorgt sie mit Nährstoffen. Die Psyche ist dann eher „nach innen“ gerichtet.
In vielen Kulturen wird diese Phase mit Begriffen wie Dunkelheit, Mystik und dem Unbekanntem, aber eben auch dem Unbewussten in Verbindung gebracht. Es ist die Phase, die so gar nicht zu unserem gesellschaftlichen System und den darin gestellten Anforderungen passt. Vermutlich ist diese Phase daher auch so schlecht bewertet, und man vermeidet tunlichst, sich in dieser Phase etwas anmerken zu lassen. Wenn eine Frau sich zurückzieht, lieber alleine als in Gesellschaft sein will, entspricht sie nicht dem immer präsenten, geselligen, nach außen gerichteten Ideal der modernen Frau. Dabei ist das System des Kreislaufs, eines Aufs und Abs, sehr viel natürlicher als das lineare Prinzip unserer Leistungsgesellschaft. Man denke nur an Tag-Nacht, Ebbe-Flut, die Jahreszeiten, Geburt-Tod. Alles entsteht, stirbt und kehrt in übertragenem Sinne zurück.
Was hat das nun mit der Bulimie zu tun? Vor allem, weil doch viele Frauen mit Bulimie gar nicht sagen können, wann sie ihre Periode das nächste Mal bekommen, weil sie unregelmäßig ist?
Das ist genau die zentrale Frage: Welche gesellschaftlichen Auswirkungen haben Krankheiten wie Bulimie und Magersucht, wenn sie diesen Kreislauf so derart aus dem Gleichgewicht bringen.
Ich bin mir sicher, dass dieses scheinbar profane System - der weibliche Zyklus - eine ganz zentrale Antwort auf die Frage geben beinhaltet, welchen gesellschaftlichen Beitrag Frauen eigentlich leisten können, wenn man sich von der klassischen, nach männlichen Prinzipien funktionierenden Leistungsgesellschaft, abwenden möchte.
Bulimie reduziert Frauen in ihren Möglichkeiten, weil diese Krankheit i m m e r dazu führt, dass Frauen den Kontakt zu ihrer inneren Stimme verlieren. Diese innere Stimme gibt es in allen Kulturen, auf der ganzen Welt. Sie ist der Kern aller Religionen, und wird oft durch den Gott selbst verkörpert. Sie mag unterschiedliche Namen tragen, aber es geht immer um: Intuition, die eigene Mitte, das Selbst.
Der Zyklus schafft genau das, wenn man lernt, ihn wahrzunehmen: Zugang zur eigenen inneren Stimme.
Auch aus diesem Grund wäre es immens wichtig, die Bulimie aufzugeben- Um wieder einen normalen Zyklus zu haben!
Literatur:
Northrup, C. (2010): Frauenkörper - Frauenweisheit. Wie Frauen ihre ursprüngliche Fähigkeit zur Selbstheilung wiederentdecken können. München: Goldmann Verlag.
Prost, W. (2010): Führe dich selbst. Die eigene Lebensenergie als Kraftquelle nutzen. 2. Auflage. Wiesbaden: Springer.
Auch äußerst empfehlenswert: Der Film „Der Mond in Dir. Ein zu gut gehütetes Geheimnis“ (Stream, auf Englisch):
http://www.4science.cz/en/stream/movie/11