Das Körpergewicht ist nicht das 1:1-Resultat aus den aufgenommenen Kalorien; vielmehr spielen auch viele psychische Faktoren eine Rolle, die wiederum andere Regelsysteme betreffen. Auch Stress kann beispielsweise das Körpergewicht beeinflussen- manche nehmen unter Stress zu, andere ab. Wenn also jemand, der unter Stress zunimmt, Schokolade isst und dadurch den Stress reduziert, verhindert er dann die Gewichtszunahme? Diese These hat zumindest Udo Pollmer mal aufgestellt und für mich klingt sie auch recht plausibel.
Jeder Mensch reagiert auf die gleiche Kalorienzufuhr völlig unterschiedlich. Man hat das 1998 herausgefunden, als man an der Mayo Clinic bei 16 Probanden festgestellt hat, dass die gleiche Kalorienmengen bei einigen Probanden zu einer 10-fach höheren Gewichtszunahme geführt hat als bei den anderen. Diejenigen, die weniger Gewicht zunahmen, "verheizten" die überschüssigen Kalorien einfach (durch die sog. NEAT = nonexercise activity thermogenesis).
Die Set-Point-Theorie als solche halte ich mittlerweile für fragwürdig. Zumal dieser Set-Point genetisch festgelegt sein müsste, der genetische Einfluss auf das Gewicht aber eine geringere Rolle hat als bisher angenommen.
Zu dieser NEAT-Theorie fällt mir noch ein, dass mir, seit ich normal esse, bei (zu) großen Portionen auch immer heiß wird. Das wäre ein Zeichen dafür, dass ich das NEAT aktiviert habe. Das könnte heißen, dass dieses NEAT beim selben Menschen mal ein- und mal ausgeschaltet sein kann, vielleicht je nachdem, wieviel "Angst" der Körper hat, nicht ausreichend Kalorien zu bekommen.
Viele Wissenschaftler gehen mittlerweile von der "Set Point" zur "Setting Point" oder auch "Settling Zone"- Theorie über [1]. Während der Set Point besagt, dass man ein genetisch festgelegtes Gewicht hat, geht die Settling Zone-Theorie davon aus, dass sich das Gewicht an die kalorische "Umgebung" anpasst, also daran, wieviele Kalorien zugeführt werden.
Verständlich wird es dann, wenn man 2 Menschen vergleicht, die jeweils die selbe Kalorienmenge aufnehmen, gleich groß sind und sich gleich viel bewegen. Während der erste Mensch, der bei einer relativ konstanten 3500 kcal- Ernährung z.B. 120kg wiegt, in ein Dritte-Welt-Land gesteckt wird und dort nur noch rel. konstant 1000 kcal bekommt und sein Gewicht dann auf 70kg einpendelt, könnte man das mit einer anderen Person vergleichen, der bei den 3500kcal vielleicht nur 80kg wiegt und bei der mageren Kost dann 55kg.
Ich glaube daher nicht, dass man sein Gewicht dauerhaft erhöht. Wenn man ein bisschen Sport für sich entdeckt und von den FAs wegkommt, sinkt das Gewicht meist automatisch. Jedenfalls habe ich schon mit vielen ehemaligen Bulimikern gesprochen, bei denen es genau so war. Auch ich habe langfristig abgenommen, als ich von der Bulimie losgekommen bin -und ich hatte schon Normalgewicht.
Ohne Bulimie nehme ich gar nicht mehr zu. Ich konnte mir das früher nie vorstellen, wie ich es jemals schaffen würde, ein normales Gewicht zu halten und hab gedacht, ich müsste mich ständig zügeln und kontrollieren. Das ist aber überhaupt nicht der Fall. Irgendwann bekommt man wirklich ein Gefühl dafür, wieviel der Körper braucht. Manchmal esse ich sogar mehr als ich vielleicht kalorientechnisch "müsste", weil ich das Gefühl habe, mein Körper bräuchte irgendwie mehr und weil ich auch nicht abnehmen will. Ich nehme davon aber nicht zu, wie gesagt, ich denke, man entwickelt irgendwann das richtige Gespür für die richtige Menge.