Samstag, 27. August 2016

Körperliche Symptome bei der Heilung: Wie lange dauert die Regeneration?

Sehr oft wird mir die Frage gestellt, wie lange es "nach" der Bulimie bzw. auf dem Weg der Genesung dauert, bis sich einzelne Symptome wieder normalisieren. Darum habe ich eine kurze Liste mit den häufigsten Symptomen für euch gemacht, die auf meiner Erfahrung basiert:


Hamsterbacken:

Wie entstehen sie?
  • Hamsterbacken entstehen durch überbeanspruchte Speicheldrüsen. Beim Erbrechen wird sehr viel Speichel gebildet, wodurch die Drüsen teilweise bis auf das Doppelte oder Dreifache der normalen Größe anschwellen und dadurch als ein wichtiges äußeres Erkennungsmerkmal der Bulimie gelten. Der Fachbegriff hierfür ist Sialadenose
Wie bilden sie sich zurück?
  • Damit sie sich zurückbilden, darf also nicht mehr erbrochen werden (dabei wird sehr viel Speichel benötigt). Je seltener erbrochen wird, desto eher bilden sie sich zurück. Möglicherweise unterstützt das Lymphsystem den Prozess, dessen Aktivität durch Bewegung angeregt werden kann. Bewegung könnte das Abschwellen also beschleunigen, allerdings habe ich noch keine wissenschaftlichen Belege für diese Vermutung finden können.
Wie lange dauert es?
  • Nach meiner Erfahrung dauert es ca. 3 - 4 Wochen, je nachdem, wie stark die Schwellung war. 


Haarausfall

Wie entsteht er?
  • Haarausfall bei Bulimie wird durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren verursacht. So sind Hormonstörungen, Nährstoffmangel (inkl. Eiweißmangel) und ein zu hoher Cortisolspiegel (Stresshormone) für den Haarausfall verantwortlich. Dadurch kann es einige Zeit dauern, bis sich das Haarwachstum wieder normalisiert. 
Wie normalisiert er sich?
  • Wenn ausreichend Nährstoffe über die Ernährung zugeführt werden und das Stresslevel gesenkt wird, können sich die Haare wieder regenerieren.
Wie lange dauert es?
  • Es braucht ca. 3-6 Monate (je nach Länge), bis sich Veränderungen zeigen. Der Ansatz kann aber schon sehr viel früher nachwachsen. Die Haare werden wieder gesünder, glänzen mehr und werden voller.
Wikimedia Commons


Trockene Haut

Wie entsteht sie?
  • Hauptsächlich entsteht trockene Haut aufgrund des Nährstoffmangels und weil die Nahrung durch das Erbrechen nicht vollständig aufgenommen werden kann. In gewissen Bereichen kann trockene Haut allerdings auch durch den Kontakt mit Magensäure entstehen, wie um den Mund herum oder auf der Handfläche.
Wie normalisiert sie sich?
  • Wie bei allen anderen Symptomen auch, hilft nur, das Erbrechen zu reduzieren. Dann kann der Körper wieder die notwendigen Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen und sie den einzelnen Körperbereichen, einschließlich der Haut, zuführen. 
Wie lange dauert es?
  • Dieses Symptom ist oft schon schnell wieder verschwunden: ca. nach 3 Monaten.


Vergrößerter Magen

Wie entsteht er? 
  • Wer monate- oder jahrelang zuviel auf einmal isst, dessen Magen vergrößert sich, weil sich der Körper an die Gegebenheiten anpasst. Oft geht damit auch eine Verlangsamung der Magenentleerung einher sowie entsprechende Verdauungsprobleme und ein generelles Unwohlsein, weil der Körper nicht mehr richtig arbeitet.
Wie normalisiert er sich? 
  • Wenn die Mahlzeiten hinsichtlich ihrer Größe langsam normalisiert werden, passt sich der Körper auch wieder daran an und schrumpft. 
Wie lange dauert es?
  • Meiner Erfahrung nach dauert dieser Prozess ca. 2-4 Monate.


Empfindliche Zähne

Wie entstehen sie?
  • Durch das Erbrechen gelangt Magensäure in den Mund und in Kontakt mit den Zähnen. Dadurch wird der Zahnschmelz, die "Schutzschicht" der Zähne stark angegriffen.
Wie normalisieren sie sich?
  • Durch Vermeiden des Erbrechens und möglichst säurearme Ernährung (also wenig saure Früchte und Süßes), werden die Zähne geschützt und der Zahnschmelz kann remineralisieren. Gewisse Zahnpflegeprodukte wie Elmex Gelee oder Sensodyne Proschmelz können die Zähne zusätzlich schützen und verloren gegangene Mineralien in den Zahnschmelz zurückführen.
Wie lange dauert es?
  • Je nachdem, wieviel Zahnschmelz bereits geschädigt wurde, kann es sein, dass sich das Zahnschmelz gar nicht mehr normalisiert. Wenn allerdings noch keine Zahnschäden bekannt sind und die Zähne nur ab und zu empfindlich reagieren, kann sich das Symptom bereits nach wenigen Wochen wieder zurückbilden.

Verdauungsstörungen (v.a. Verstopfung)

Wie entstehen sie?
  • Durch die lange unregelmäßige Nahrungszufuhr und dem Erbrechen wurde der Körper auf eine harte Probe gestellt. Die Verdauung, wie auch alle anderen körperlichen Vorgänge, unterliegen einer biologischen Uhr, dem Biorhythmus. Wenn beispielsweise nachts viel gegessen wird, bringt allein das den Körper schon stark aus seinem ursprünglichen Gleichgewicht. Wenn das Essen dann bei der Bulimie allerdings auch noch erbrochen wird, ohne dass der Körper es "will", dann wurden bereits mehrere Verdauungsprozesse erwartungsvoll angeworfen, ohne dass letztlich "etwas kommt". So können die Abläufe also nicht wie natürlich vorgesehen stattfinden und der Prozess wird verlangsamt: die Verdauung erlahmt und Verstopfung entsteht. 
Wie normalisiert sich die Verdauung?
  • Wie viele der anderen Symptome auch, funktioniert die Verdauung durch Regelmäßigkeit am besten. Wenn man sich eine Struktur schafft, arbeitet auch der Körper mit und reagiert mit Hunger zu den entsprechenden Zeiten und einer geregelten Verdauung (z.B. Stuhlgang immer morgens zur ungefähr gleichen Uhrzeit).
Wie lange dauert es?
  • Auch hier gilt: Je stärker die Verdauung aus dem Gleichgewicht geraten war, desto länger braucht es, bis sie wieder normalisiert ist. Nach ca. 2-3 Monaten kann sie sich schon wesentlich verbessert haben, manchmal sogar schon nach wenigen Wochen.

Wassereinlagerungen

Wie entstehen sie?
  • Die offizielle Erklärung für Wassereinlagerungen basiert auf dem Elektrolythaushalt bzw. dem Ungleichgewicht der Mineralien im Körper, die durch Erbrechen und ungenügende / unausgewogene Ernährung entstehen. Daran besteht kein Zweifel. Eine gesunde Ernährung, vor allem mit vielen pflanzlichen Lebensmitteln, enthält aber noch viele Bestandteile, die gegen Wassereinlagerungen wirken, indem sie den Stoffwechsel unterstützen und das überschüssige Wasser abtransportieren. Oft sind bei Bulimie jedoch auch Nierenstörungen vorhanden, die für Wassereinlagerungen verantwortlich sind, und die von einem Arzt behandelt werden müssen.
Wie können die Wassereinlagerungen wieder verschwinden?
  • Wie alle anderen Symptome auch, können die Wassereinlagerungen durch eine ausgewogene Ernährung und das Vermeiden von Erbrechen rückgängig gemacht werden. Indem dem Körper wieder die notwendigen Mineralien und Nährstoffe zugeführt werden, besteht kein "Anlass" mehr, Wasser im Körper anzulagern.
Wie lange dauert es?
  • Die Wassereinlagerungen können nach wenigen Wochen wieder verschwinden. Sport kann den Prozess beschleunigen, indem es den Stoffwechsel anregt und das Lymphsystem und somit den Abtransport des überschüssigen Wassers unterstützt. Gleichzeitig sollte ausreichend getrunken werden, um dem Körper bei diesem Prozess zu helfen.

Samstag, 20. August 2016

Von der Bulimie wegkommen: Ein Ernährungs-Gerüst, das dabei helfen kann

Die Frage danach, ob es eine Ernährungsweise gibt, um die Bulimie zu überwinden, stellt sich wohl jeder Betroffene regelmäßig. 

Die Schwierigkeit besteht darin, dass es niemanden gibt, der verlässlich Auskunft dazu geben kann. Viele Ratschläge, die man im Internet finden kann, sind widersprüchlich. Mal ist es die Rohkost, mal vegan, mal steinzeitlich. Mal soll man Weizen- und Milchprodukte weglassen, weil sie suchtauslösend wirken sollen. 

Und mal soll man gar nicht über die richtige Ernährung nachdenken, sondern hauptsächlich auf seinen Körper hören - doch genau damit tun sich so viele Betroffene schwer.


Im Endeffekt willst du mit einer normalen Ernährung wahrscheinlich folgendes erreichen:
  • dir weniger Sorgen ums Essen machen
  • weniger Gedanken ans Essen verschwenden, um mehr Zeit für die wesentlichen Dinge des Lebens zu haben
  • deinem Körper wieder die Nährstoffe geben, die er braucht
  • das Essen wieder genießen


Meine eigene Erfahrung hat mir gezeigt, dass eine feste Struktur (ein "Gerüst) enorm wichtig ist, um die Bulimie hinter sich zu lassen. Daher will ich euch heute ein paar Eckpfeiler dazu aufzeigen, damit ihr euch solch ein solches Gerüst aufbauen könnt. 


Mit einem eigenen Ernährungs-Gerüst beantwortet ihr euch selbst einzelne Fragen:

  • wann (welche Tageszeit) 
  • esse ich was (welche Lebensmittel, wie sind sie zubereitet)
  • wie (unter welchen Umständen, schön gedeckter Tisch etc.) 
  • wo (an welchem Ort - zuhause, an einem Tisch, auf dem Sofa, etc.)  
  • und wieviel davon (welche Portionsgröße, vielleicht gibt es einen bevorzugten Teller, eine Schale etc.). 

Das kann man natürlich nicht zu jeder Zeit einhalten, denn als soziale Wesen begeben wir uns in Situationen, in denen wir nicht alle Bedingungen steuern können. Das gehört zu einem normalen, anzustrebenden Essverhalten auch dazu, und damit von vornherein zu rechnen und sich zu überlegen, wie man damit umgehen kann, kann die Angst davor nehmen.


9 Tipps für Einsteiger: 


Diese Tipps kannst du zum Aufbauen eines eigenen Ernährungs-Gerüsts nutzen. Sie geben zunächst keine Hinweise darauf, welche Art von Lebensmittel dir helfen könnten, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass dieses Gerüst am Anfang sehr viel wichtiger ist.



1. Nicht zu viel auf einmal wollen:

Das bedeutet beispielsweise, sich am Anfang nicht zu viele Herausforderungen zu stellen. Anstatt gleichzeitig normale Portionen und sehr gesund essen zu wollen, wird wahrscheinlich nicht klappen. Besser ist es, beispielsweise mit den Abständen zwischen den Mahlzeiten zu beginnen


2. Keine Vorräte von riskanten (oder nicht völlig risikofreien) Lebensmitteln


Wenn du normal einkaufst, hast du vielleicht die Vorstellung, dass normale Menschen ja auch mehr einkaufen, als sie an einem oder zwei Tagen essen können. Ja, normale Menschen machen das so, sie legen Vorräte an, und lagern die Sachen für Wochen oder Monate. Aber es ist keine gute Idee, es genauso zu machen. Denn wenn die Sachen erstmal in deiner Wohnung sind, ist die Hürde sehr viel niedriger, sie auch zu essen - und das während eines FAs. Du weißt für dich selbst, welche Lebensmittel gefährlich sind, und welche du ohne Probleme auch als Vorrat zuhause haben kannst. Aber stell dich nicht unnötig unter Druck. Geh lieber zur Not jeden Tag einkaufen, als weiter im Bulimie-Kreislauf zu versacken - du wirst immer noch Zeit (und Geld) sparen.


3. Wissen, dass Weizen und Milch tatsächlich „süchtig“ machen kann


Weizen und Milch enthalten Stoffe (Gluten und Kasein), das süchtig machen kann (und FAs auslösen kann), wenn eine gewisse Veranlagung oder Sucht-„Erinnerung“ besteht. Das heißt aber nicht, dass du auf diese Lebensmittel verzichten musst. Teste es für dich aus, wie du darauf reagierst, oder ob es dir vielleicht sogar hilft, diese Lebensmittel einzubauen, weil sie einen besonderen Belohnungseffekt haben, für den Betroffene besonders empfänglich sind.


4. Essen langfristig wieder als etwas Nährendes betrachten


Dieser Gedanke ist sehr wichtig, um dieses Gerüst entstehen zu lassen. Essen sollte wieder etwas werden, das Körper, Geist und Seele nährt. Essen gibt dem Körper eben nicht nur Energie und Nährstoffe, sondern hat auch sehr viel mit Genuss zu tun, den man wieder lernen kann.


5. Pausen zwischen den Mahlzeiten lassen


Lass zwischen den Mahlzeiten Pausen, die lang genug sind, um wieder ein Hungergefühl wahrzunehmen bzw. zu entwickeln (4-5 Stunden) und auch, um dem Körper genug Zeit zum Verdauen zu geben. Das Prinzip des „Snackens“ ist überhaupt nicht gesund für den Körper. Vielmehr ist das Verdauungssystem darauf ausgelegt, auch mit längeren Pausen klarzukommen. Pausen zwischen den Mahlzeiten entlasten die Verdauung und geben dem Körper so Zeit, sich anderen Baustellen zu widmen, wie der Reparatur von ganz normalen Zellschäden, die ständig überall im Körper entstehen. In vielen anderen Kulturen wird traditionell "mit Pausen" gegessen, z.B. in der indischen Ernährungsweise des Ayurveda.


6. Portionsgröße: große Portionen sind OK! 


Von der Bulimie bist du wahrscheinlich Essanfälle mit riesigen Mengen gewöhnt. Davon willst du natürlich wegkommen. Sich gleich von Anfang an an normalen Portionen zu orientieren muss aber nicht unbedingt der richtige Weg für jeden sein. Für mich hat das zum Beispiel nicht funktioniert. Ich habe mich auf das Frühstück als Hauptmahlzeit orientiert. Das heißt, ich habe mir viel Zeit dafür genommen und die meisten meiner Tageskalorien zum Frühstück gegessen. Lass dich also nicht von der "Norm" irritieren. Auch wenn es mehr ist, als andere Menschen essen würden.


7. Hilfsmittel sind auch OK! 


Wenn du die langen Pausen zwischen den Mahlzeiten am Anfang nicht leicht erträgst, kaue ruhig Kaugummi, trinke etwas oder lenk dich ab. Das Ziel sollte sein, dich an diesem Gerüst orientieren zu können, dich daran entlanghangeln zu können, so dass es dir mit der Zeit immer leichter fallen wird, nicht ständig ans Essen zu denken. Es geht darum, sich eine andere Verhaltenweise beim Essen anzugewöhnen. Und das geschieht durch ständige Wiederholungen. Egal, wie schwer es am Anfang ist, wenn du es schaffst, lange Zeit keinen FA zu bekommen, wird es dir immer leichter fallen, auf alternative Handlungsstrategien zurückzugreifen, weil im Gehirn die entsprechenden Netzwerke dafür geschaffen wurden, die dich dabei unterstützen.


8. Eine „Haupt"- Mahlzeit festlegen


Dieser Punkt muss nicht für jeden zutreffen - mir hat er sehr geholfen: Entscheide dich, welche Mahlzeit am Tag die wichtigste für dich sein soll und wann du sie einnehmen willst. Viele Menschen müssen sich bei ihren Mahlzeiten an gesellschaftlich genormten Uhrzeiten orientieren: Frühstück, Mittagessen und Abendessen haben sich bei uns etabliert. Wenn du alleine lebst und beispielsweise Student bist, kannst du vieles frei entscheiden. Wenn du jeden Tag Lust auf einen ausgiebigen Brunch hast, warum nicht? In vielen anderen Fällen, bei Berufstätigkeit beispielsweise, wirst du dich wahrscheinlich auf das Abendessen konzentrieren. Lass dir dann genug Zeit bei der Zubereitung der Mahlzeit und genieße dein Essen.


9. Nur das essen, was dir wirklich schmeckt


Das klingt vielleicht ein bisschen profan und banal, aber überlege mal: wie oft hast du schon etwas gegessen, nur weil es eben da war, weil es gesund war, oder weil es andere auch gegessen haben? Klar, oft gibt es Situationen, in denen man etwas mitisst, das ist auch ok und man muss es auch nicht übertreiben. Aber das Ziel sollte es sein, sein Essen wirklich wieder bewusst wahrzunehmen. Wie gut gelingt das bei Essen, das du eigentlich gar nicht magst? Dann versuchst du, es schnell hinter dich zu bringen. Dann lass es lieber sein, denn das kenne ich auch noch von mir selbst: wie oft hat  beispielsweise ein gesundes, aber nicht wohlschmeckendes Essen, einen anschließenden Essanfall ausgelöst? Man hat in diesen Situationen das Gefühl, als hätte man sich mit dem gesunden Essen zu etwas gezwungen, das man eigentlich nicht wollte, und fühlt sich dadurch in seinen Bedürfnissen missachtet- dann ist der Schritt zum FA nicht mehr weit.



2 weitere Tipps für Fortgeschrittene: 


Wenn du die dich mit deinem Gerüst sicher fühlst, kannst du es sozusagen mit "Inhalt" füllen und dich näher mit der Frage beschäftigen: "Was soll ich essen?". 

1. Möglichst viele pflanzliche Lebensmittel einbauen

Pflanzliche Lebensmittel haben sehr viele Vorteile, und das haben sie eigentlich für alle Menschen, aber insbesondere für Menschen, die aus der Bulimie herauskommen wollen. Denn pflanzliche Lebensmittel enthalten viele Ballaststoffe, die die Verdauung wieder ins Gleichgewicht bringen können. Die in Pflanzen enthaltenen Phytochemikalien erfüllen im Körper einige wichtige Funktionen (Auszug aus "Superimmun" von Joel Fuhrmann, S. 25):
  • "Sie regen die Produktion entgiftender Enzyme an.
  • Sie hemmen die Entstehung freier Radikale
  • Sie deaktivieren und entgiften krebserregende Substanzen.
  • Sie schützen Zellen vor Schäden durch Toxine
  • Sie kurbeln die Reparatur beschädigter DNA-Sequenzen an.
  • Sie hemmen die Replikation (Verdoppelung) des DNA-Gehaltes einer Zelle, wenn diese beschädigt ist.
  • Sie bekämpfen Pilze, Viren und Bakterien.
  • Sie hemmen die Funktion beschädigter oder genetisch veränderter DNA.
  • Sie verbessern die Fähigkeit der Immunzellen, Krankheitserreger und Krebszellen zu vernichten (zytotoxische Wirkung).
Phytochemikalien schützen zudem vor Krebs, indem sie das Immunsystem stärken - sie vernichten Krankheitserreger wie Viren und Bakterien.

2. Möglichst viele unverarbeitete Lebensmittel essen


Wenn du dir überlegst, wie du Essen wieder in gesundem Maß zu dir nehmen kannst, dann kommst du um unverarbeitete Lebensmittel nicht herum. Nur so kannst du sicherstellen, dass nichts enthalten ist, was du nicht auch in deinem Körper haben willst. Also keine Konservierungsstoffe, Füllmittel oder andere künstliche Zusatzstoffe.


Tipp zum Schluss: Die Umsetzung


Wenn du nun zum Schluss kommst, dass dir so ein Gerüst helfen könnte, dann kannst du es optimal planen, wenn du dich wirklich mit einem Blatt Papier und Stift hinsetzt und dir deine konkrete Vorstellung dazu aufschreibst oder aufzeichnest. Das muss nicht direkt alle Mahlzeiten abdecken, du kannst auch erstmal mit einem Beispieltag beginnen. 

Vielleicht machst du auch eine Collage mit Bildern von Mahlzeiten an deinem Computer. Am besten wird es funktionieren, wenn du dir ganz genau vorstellst, was du wann etc. essen willst. Frag dich also auch, wie es schmecken und aussehen wird, und wie du es anrichten willst. Probier einfach ein bisschen herum, so dass du mit einem guten Gefühl aus der Planung herausgehst.

Samstag, 13. August 2016

Die größte Gefahr, wenn man die Bulimie hinter sich lässt

Ich kann mich noch gut erinnern, wie es damals war... Man hat man das Gefühl: Wenn ich die Bulimie erstmal los bin, habe ich mein größtes Problem beiseite geschafft - und dann mach ich alles mit links. Nichts kann mich dann mehr aufhalten, das zu tun, was ich wirklich tun möchte.

Natürlich ist das Quatsch. Und ich glaube auch, dass das die meisten zumindest ahnen. Denn klar, die Bulimie hinter sich zu lassen, ist eine Monsteraufgabe, das schafft man nicht „einfach so“, und auch nicht von einem Tag auf den anderen.

Aber was danach kommt, darüber sind sich viele zumindest zu Beginn ihres Heilungswegs nicht ganz klar - und das ist auch niemandem zu verdenken. Danach, nach dem Loslassen der bulimischen Symptomatik, warten noch ganz viele andere, neue Herausforderungen, die niemand im Vorfeld wirklich vorhersehen kann.

Der Grund dieser neuen Herausforderungen liegt in der Vergangenheit begründet: jemand, der sich über Jahre hinweg hauptsächlich mit Essen, Nichtessen, Ernährung und diversen organisatorischen Dingen wie Einkaufen, Übergeben und „Ausgleichssport“ beschäftigt hat, der wird sich in vielen normalen Bereichen des Lebens schwertun: sei es, wenn es um soziale Kontakte geht, in der Freizeitgestaltung (was tun mit der vielen freien Zeit?) oder dabei, eine neue, echte Sicherheit in sich selbst zu finden.

Dass das überaus schwierig sein kann, zeigt zum Beispiel auch der Umstand, dass die Selbstmordrate unter Adipositaspatienten nach einer Magenbandoperation 4 mal höher sind als bei Nichtoperierten. Der Grund liegt ganz einfach darin, dass diesen Menschen der für sie einzig funktionierende Kompensationsmechanismus „genommen" wird. Sie können mit den Emotionen, Konflikten und vielleicht auch der vielen freien Zeit (die sie nicht mehr mit Essen füllen können) nicht umgehen, so dass ihnen der Suizid als einziger Ausweg erscheint.

Auch beim Weg aus der Bulimie gibt es keinen „Quick Fix“, keinen Schalter, den man schnell umlegen kann. Scheitern gehört auf diesem Weg mit dazu, und scheitern ist normal und längst kein Grund aufzugeben.

Beachtet auf eurem Weg auch immer, dass die Bulimie keine rein psychologische Störung ist, sondern dass die Ernährung eine ganz große Rolle spielt. Es gibt Lebensmittel, die wie Drogen wirken, und das weiß glücklicherweise mittlerweile auch die Wissenschaft (und auch viele Psychologen). 2 wichtige Stichworte hierzu sind Kasein und Gluten, hier auf dem Blog habe ich vor längerem schon Artikel dazu geschrieben.

Freitag, 5. August 2016

Kann man von der Bulimie loskommen und gleichzeitig auf sein Gewicht achten?

Diese Frage stellt sich wahrscheinlich jeder, der Bulimie hat und sich Gedanken darüber macht, wie es denn aussähe, wenn man sie loswerden würde, die Bulimie. Aber niemand - und ich glaube wirklich niemand - hat Lust darauf, zuzunehmen. Es sei denn, man hat tatsächlich Untergewicht und akzeptiert es aufgrund dessen irgendwie. Solange kein Untergewicht besteht, hegt sicherlich der Großteil der Menschen mit Bulimie den heimlichen Wunsch, noch ein paar Kilos zu verlieren.

Der Haken dabei ist nur: Wenn man immerzu auf sein Gewicht achtet, abnehmen will und es vor allem verabscheut - wenn auch nur wenig - zuzunehmen, dann ist da überhaupt kein Platz für einen gesunden Umgang mit dem Essen. Und es ist leider die Wahrheit: So wird man keinen Weg aus der Bulimie finden. Denn so wird das kleinste über-die-Stränge-Schlagen zum unverzeihlichen Fehltritt, der in den eigenen Augen alles wieder zunichte macht, was man in den Tagen, Wochen und Monaten zuvor erreicht hat. Man hat das Gefühl, wieder bei Null anzufangen. Und das demotiviert und raubt auch den kleinsten Hauch an Selbstdisziplin, die unweigerlich zur Genesung dazugehört. (An dieser Stelle möchte ich anmerken: Selbstdisziplin und Selbstgeißelung sind zwei unterschiedliche Dinge.) Entweder verfällt man nach diesem Ausrutscher in eine „jetzt ist eh schon alles egal“-Haltung oder man kasteit sich selbst ganz schrecklich, und erlaubt sich überhaupt keinen Genuss mehr, denn man hat ja versagt.

Auf meine eigene Geschichte zurückblickend, kann ich in diesen Situationen nur raten: Denkt in Wochen und Monaten, nicht in Tagen. Denkt an das Wohlgefühl, das ihr bekommt, wenn ihr nicht mehr kotzt. Denkt an euren Körper, der gesund sein wird, der gut versorgt wird, nicht an euer Gewicht.

Ich kenne übrigens niemanden, der von der Bulimie losgekommen ist, und der langfristig mit seinem Gewicht (das er sozusagen ohne Bulimie „bekommen“ hat) nicht zufrieden gewesen wäre. In meinem ganz persönlichen Fall liegt mein Gewicht im Normalbereich, ich bewege mich oft und gern, ernähre mich gesund und gönne mir relativ oft was. Das Gewicht zu halten ist kein großer Aufwand mehr, es gehört einfach in den Alltag und bereitet kein Kopfzerbrechen mehr und ich muss auch keine Dinge wieder geradebiegen, die ich durch FAs verbockt habe. Das schafft so viel Zeit für wirklich wichtige Dinge.

Samstag, 30. Juli 2016

Was ist Selbsterkenntnis und warum ist sie so wichtig auf dem Heilungsweg?

Selbsterkenntnis ist die Fähigkeit eines Menschen, sein Handeln, sein Denken und seine Standpunkte selbst wahrzunehmen, kritisch zu hinterfragen und zu beurteilen. Sie beinhaltet auch die Erkenntnis über das eigene Wachstumspotenzial.

Da Selbsttäuschung das Gegenteil von Selbsterkenntnis ist, könnte man fast schon so weit gehen, Bulimie oder das „Ausführen“ der bulimischen Symptomatik als ein Ausdruck unterdrückter Selbsterkenntnis zu bezeichnen.

Selbsterkenntnis ist die Grundvoraussetzung, um sich selbst weiterzuentwickeln. Sie ist erforderlich, um die eigene Persönlichkeit entfalten zu können und um sich letztlich selbst zu verwirklichen. Selbsterkenntnis ist ein langer Prozess, und viele Auffassungen gehen davon aus, dass er das ganze Leben lang dauert.

Ein Weg aus der Bulimie ist nur dann möglich, wenn man sich weiterentwickelt. Also ist Selbsterkenntnis Teil dieses Wegs. 

Doch wie erlangt man diese Selbsterkenntnis?


Selbsterkenntnis erlangt man dann, wenn man sich selbst besser kennenlernt: Wenn man die eigenen Schwächen und Stärken, Wünsche und Ängste, Ziele und Hindernisse, Vorlieben und Abneigungen wahrnimmt und bewusst formuliert.

Zu Beginn klappt das tatsächlich am Besten, wenn man es aufschreibt, z.B.:
  • Was kann ich gut? / Womit habe ich Schwierigkeiten, wobei bin ich schnell frustriert?
  • Was mache ich gern, was begeistert mich? / Was mache ich nicht so gern, wobei langweile / ärgere ich mich?
  • Womit kann man mir eine Freude machen? (was oft auch bedeutet: damit kann ich mir selbst eine Freude machen!) / Worüber freue ich mich überhaupt nicht?
  • Was macht mir Angst? / Aber auch: Womit kann ich mich herausfordern, um daran zu wachsen?
  • Welche Wünsche und Ziele habe ich? Und auch: Wo möchte ich in 5 Jahren stehen, was möchte ich erreicht haben, welche Menschen umgeben mich?

Selbsterkenntnis ist für jeden Menschen wichtig, egal, ob er Bulimie oder eine andere Essstörung hat oder „normal“ ist. Selbsterkenntnis und Persönlichkeitsentwicklung sollten jedem Menschen wichtig sein- denn wir leben in einer Welt, die sich ständig verändert, und daher ergibt sich eine ständig wechselnde Umgebung. Daher ist jeder Mensch immer wieder dazu angehalten, sich neu zu hinterfragen und seine Handlungen und Einstellungen zu überdenken.

Samstag, 23. Juli 2016

Ein Wundermittel?!

Was kommt auf eure FA-Wunschliste? Bildquelle

Diesen Blog gibt es nun schon mehrere Jahre (seit 2010), und all die Jahre habe ich ein Geheimnis für mich behalten.

Heute ist es soweit- ich verrate euch eines meiner „Wundermittel“, das mir beim Weg aus der Bulimie geholfen hat.

Der wesentliche Grund, warum ich bisher noch nichts darüber geschrieben habe, war der, dass ich bisher dachte, es wäre "zu krass" und zu riskant. Mittlerweile denke ich aber, dass es ein zu krass oder zu riskant bei Bulimie überhaupt nicht gibt - richtig ist, was hilft. Und daher ist es auch wichtig, darüber zu schreiben.


Wie ich darauf kam


Die Idee zu diesem "Mittel" kam mir, als ich fieberhaft nach einer Möglichkeit suchte, von dem immensen Druck wegzukommen, keinen FA mehr zu bekommen. Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, dass ich es schaffen würde, wenn ich mir die FAs für immer verbieten würde. Aber ich hatte auch keine Lust und auch keine Energie mehr, ständig von ihnen überrollt zu werden und die Kontrolle zu verlieren. Und dann auch noch Sachen in mich hineinzustopfen, die ich gar nicht mochte.


Das "Wundermittel"


Meine Antwort auf diesen Konflikt war eigentlich ganz simpel: Ich plante einen FA am Wochenende. Ich erlaubte mir also einen FA an einem Tag in der Woche, und alle anderen Tage waren tabu. Da ich schon relativ normal aß und nicht jeden Tag FAs hatte, war das für mich absolut machbar.

Der große Vorteil daran war, dass ich bewusst für diesen FA einkaufen konnte. So kaufte ich also nur das ein, was ich wirklich essen wollte. Ich musste nicht auf rohen Kuchenteig oder trockenen Reis zurückgreifen.

Durch diese Methode bekam ich zumindest teilweise das Gefühl der Kontrolle zurück. Ich plante den FA, kaufte dafür ein und schuf die Rahmenbedingungen, um ihn bewusst wahrzunehmen. Konkret sah es so aus, dass ich über die Woche hinweg eine Liste anfertigte, auf der ich alle Lebensmittel notierte, die ich gerne an meinem erlaubten FA essen wollte. Erstaunlich daran war, dass ich dadurch feststellte, dass ich einige Dinge eigentlich gar nicht mochte, sondern dass ich sie aus reiner Gewohnheit immer wieder während der FAs gegessen hatte. Die Liste wurde also zu einer Art "Wunschliste" für meinen FA-Einkauf.

Das Paradoxe an dem Ganzen war, dass ich irgendwann gar keine Lust mehr auf diesen geplanten FA hatte, denn mir wurde dadurch klar, wieviel Zeit ich für dieses absurde Hobby verschwendete und was ich alles Schöneres hätte tun können.

Zunächst plante ich diese FAs als normale FAs, nach einiger Zeit nahm ich mir auch vor, danach nicht mehr zu erbrechen. Dieser zweite Schritt hatte einen weiteren Effekt: Ich nahm nämlich viel stärker wahr, wann ich wirklich befriedigt war - wo also die Grenze lag zwischen "gesättigt / befriedigt" und dem Punkt, ab dem es nur noch um reines Vollstopfen ging.


Und nicht nur Essgestörte machen es...


Wie ich erst vor kurzem erfahren habe, wird diese Idee als sog. Cheatday auch in anderen Bereichen (Fitness und Bodybuilding) als bewährte Methode eingesetzt, um das Gewicht zu halten und gleichzeitig seinen ungesunden Gelüsten fröhnen zu können.

Klar ist, dass diese Methode eher nicht dauerhaft eingesetzt werden sollte, dazu ist sie auch gar nicht gedacht. Sie kann aber beim Einstieg in einen angenehmeren, druckfreieren und FA-bereinigten Alltag sehr wohl helfen. Schreibt mir doch mal, ob ihr sowas schon mal selbst gemacht habt oder ob ihr euch das vorstellen könntet.