Samstag, 13. April 2013

Weiß ein Bulimiker nicht, dass er zuviel essen wird?

Gibt es einen klassischen Verlauf eines Essanfalls?

Meist hört man generell von großen Mengen, die in kurzer Zeit verschlungen werden, und dass die Betroffenen schon auf dem Nachhauseweg scheinbar wie ferngesteuert Nahrung in sich hineinstopfen. Sobald sie von ihrem Einkaufsfeldzug zuhause angekommen sind, lassen sie sich auf den Boden sinken, verteilen die Lebensmittel um sich herum, verwenden weder Geschirr noch Besteck, und verabschieden sich vollständig in eine Art Paralleluniversum.

Danach, so ist der Tenor vieler Darstellungen, bereuen sie, zuviel gegessen zu haben und wollen es rückgängig machen. Das klingt so, als wüssten sie vorher nicht, dass sie zuviel essen würden. Insbesondere diese Darstellung des "Bereuens" taucht in den gängigen Beschreibungen immer wieder auf, und ich frage mich, woher sie wohl stammen? Das deckt sich in keiner Weise mit den zahlreichen Schilderungen, die ich, seit ich diesen Blog betreibe, von Betroffenen erhalten habe.

Auch der Part "kurzer Zeitraum" entspricht nicht immer den Gegebenheiten. Eine Episode kann sich durchaus auch mal über einen ganzen Tag, eine ganze Nacht oder mehrere Tage erstrecken.

Menschen, die an Bulimie erkrankt sind, sind keine willenlosen Wesen, die nur auf Impulse reagieren. Sie lassen sich genauso wenig in ein Schema pressen wie alle anderen Menschen dieser Welt.

4 Kommentare

  1. Freiluftalarm@gmail.com13 April

    Ich stimme dir zu, ich fand das Bild des willenlosen Menschen der die Kontrolle über sein Essverhalten verliert und dieses dann "Bereut" auch immer etwas befremdlich.
    Ich kenne zwar noch das "Bereuen", das habe ich heute noch manchmal. Aber das hatte nie etwas mit den Fressanfällen zu tun. Bei Fressanfällen war mir vorher immer bewusst was ich tue. Schon beim Einkaufen. Oder spätestens als ich angefangen habe zu Essen. Dementsprechend wusste ich auch was zwischen den einzelnen Fressanfällen und danach passiert.

    Ich wollte dir übrigens ein großes Lob für deinen Blog aussprechen! Ich bin selbst ehemals Betroffene und auch wenn ich seit Jahren Symptomfrei lebe, merke ich, dass ich mich dennoch immer wieder mit der Thematik auseinandersetzten muss, um nicht wieder in alte Denkmuster zu verfallen, insbesondere da ich beruflich des Öfteren mit Essstörungen zu tun habe.
    Also, vielen dank für deine tolle Arbeit hier!

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  2. Anonym13 April

    Sobald man für einen Fressanfall einkauft, weiß man doch sehr wohl, dass man sich hinterher überessen wird. Ich weiß es meistens vor dem Essanfall. Ich weiß dann auch, dass ich es hinterher erbrechen werde. Das Bereuen überspringe ich somit meistens.
    Häufig liest man als Definition "mehr Essen als ein normaler Mensch in diesem Zeitraum essen würde". Das ist allerdings korrekt, egal wie lange der Zeitraum ist.

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  3. Anonym13 April

    Ich kann mich meinen zwei Vorgängern nur anschließen.
    Wenn man schon extra einkaufen geht, dann weiß man was man danach mit dem Essen vor hat.
    Oftmal bin ich schon mit dem Plan ins Bett gegangen mir in der Früh mehrere Hörnchen zu kaufen und diese mit einem halben Pfund Butter zu essen.
    Ich bereue dann nicht, dass ich die Handlung an sich sondern, dass ich nicht stark genug war.
    Natürlich kommt es auch vor, dass ich beim Essen i.wann einfach nicht mehr aufhören kann aber oft ist es schon vorher geplant....bei mir zumindest.

    LG

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  4. Anonym16 April

    ich denke auch dass bulimische Anfälle mit Willenlosigkeit nichts zu tun haben.
    Es ist eine Suchterkrankung und die Handlungen - Einkaufen - Essen - Erbrechen - und ggf. das Ganze wieder von vorn - werden durch Suchtdruck in Gang gesetzt.
    Ich leide nun schon seit 20 Jahren an dieser Krankheit und bezeichne mich damit sarkastischer Weise als "Profi".
    Schon im Supermarkt weiß ich ganz genau was ich kaufen werde, was davon abhängig ist A - worauf ich Lust habe, denn ja, man schmeckt sehr wohl während eines Anfalls und B - was sich nach meinen Erfahrungen leicht wieder erbrechen lässt und ich weiß auch schon vorher in welcher Reihenfolge ich essen werde, denn auch das ist für das Erbrechen entscheidend.
    Ich gebe zu, man nimmt sich wenig Zeit für die Vorbereitung daheim, denn zu Hause angekommen muss es dann wirklich gleich los gehen, aber zumindest Besteck und ein Teller sind noch drin, denn zu Hause angekommen muss es dann wirklich gleich los gehen!
    Am Anfang kann ich sogar noch genießen. immerhin hat das Essen ja den Zweck das man sich besser fühlen will und um Wut, Stress oder welche anderen negativen Gefühle und Einflüsse da auch immer sind zu unterdrücken, bzw. für den Moment zu löschen.
    Doch irgendwann kippt es dann um.
    Ich esse dann weiter - oft gezwungen und unter Schmerzen - um auf die notwendige Menge zu kommen, damit ich "anständig" und möglichst gründlich erbrechen kann.
    Es gibt nichts anstrengenderes und quälenderes als den Versuch kleinere Portionen wieder los zu werden...
    Doch auch wenn wir bewusst tun was wir tun kann wohl doch kein Bulimie Kranker leugnen, dass es nur selten gelingt die Kette zu unterbrechen.
    Ich kann mittlerweile sehr gut einschätzen ob ich mich selbst durch den Einsatz diverser Skills noch stoppen kann oder nicht. Und wenn ich merke dass es nicht mehr geht, gebe ich einfach nach und nehme es mittlerweile sogar als einen Teil von mir an, auch wenn ich weiß das es falsch ist. Das mindert den Stress zumindest ein bisschen.
    Aber klar, oberstes Ziel: Gesund werden!!!

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