Samstag, 22. November 2014

Zwischenmahlzeiten- ja oder nein?

Allerorts hört man die Empfehlung, eine gesunde und vor allem normale Ernährung müsste in etwa aus 3 Hauptmahlzeiten und 2 Zwischenmahlzeiten bestehen. Aber sind Zwischenmahlzeiten wirklich vorteilhaft, wenn man von den FAs loskommen will?

Wenn die Zwischenmahlzeit einmal mehr zum FA verleitet
Unsere westliche Gesellschaft hat sich auf 3 Mahlzeiten geeinigt und viele Abläufe richten sich genau danach aus: Bevor man morgens aus dem Haus geht, stärkt man sich mit einem nahrhaften Frühstück; das Mittagessen stellt die erholsame Pause von der Arbeit dar, das abendliche Essen bringt die Familie an einen Tisch oder man trifft sich mit abends der neuen Bekanntschaft zu einem romantischen Dinner. Wir gehen davon aus, dass 3 Mahlzeiten zu einem normalen Tag dazugehören. Soweit, so gut. Aber wie sieht das mit den Zwischenmahlzeiten aus? Müssen sie sein und gehören sie auch zu einem normalen Tag dazu- Stichwort "Morgens halb 10 in Deutschland..."? Ich kann euch an dieser Stelle aus meiner eigenen Erfahrung heraus sagen, dass jede Mahlzeit das Risiko für einen FA erhöht. Je mehr Mahlzeiten ihr also in euren Tag einplant, desto eher könnt ihr irgendwann nicht nein sagen und die Mahlzeit endet im FA.

Feste Mahlzeiten und längere Phasen ohne Gedanken ans Essen
Wenn 3 feste Mahlzeiten den Tag durchstrukturieren, kann man sich viel einfacher auf andere Dinge konzentrieren. Man kann auch mal ein paar Stunden arbeiten, lesen oder alles sonst machen, was sonst durch ständige Gedanken ans Essen erschwert wird. Auch im normalen Alltag kommt es oft vor, dass nicht alle 1-2 Stunden Zeit für eine Pause ist.

Die Zwischenmahlzeit reduziert das Hungersignal
Ein weiterer Grund, weshalb ich von Zwischenmahlzeiten abrate, ist die Wirkung auf das Hunger- und Sättigungsgefühl. Bei Bulimie ist das normale Hunger- und Sättigungsgefühl größtenteils abhanden gekommen - kann aber wieder antrainiert werden. Dazu ist es erforderlich, seinen Magen nicht alle 2 Stunden mit Nahrung zu belasten, sondern ihm Zeit zu geben, weil der Magen dem Gehirn erst "Hunger" signalisieren kann, wenn dieser leer ist. Und das ist, abhängig von der Beschaffenheit der Nahrung, ungefähr nach 4 Stunden der Fall. 

Verlangsamte Verdauung
Viele Bulimiker, besonders langjährig Betroffene, haben eine verlangsamte Verdauung. Dazu gehört auch, dass die Nahrung länger im Magen verweilt als bei Gesunden. Es ist daher nur logisch, dass der Magen länger braucht, um ein Hungersignal ans Gehirn zu senden. Und zu essen, ohne wirklich hungrig zu sein, ist nicht Sinn der Sache. Sinn der Sache ist es, die Signale des Körpers wieder wahrzunehmen und sich entsprechend zu verhalten - zu essen, wenn man Hunger hat und aufzuhören, wenn der Körper sagt "ich habe genug".

Zwischen-Getränke statt Zwischenmahlzeiten
Ich habe die schöne Erfahrung gemacht, dass auch eine Pause mit einem (warmen) Getränk eine willkommene Abwechslung im Alltag darstellt. Es muss nicht immer etwas zu essen sein. 

Aber was meint ihr- sind Zwischenmahlzeiten hilfreich, wenn man von den FAs loskommen will? 

5 Kommentare

  1. Auch aus Sicht anderer Gesundheits-und Ernährungssysteme sind Zwischenmahlzeiten nicht empfehlenswert, z.B. im Ayurveda. Es sollten täglich drei regelmäßige Mahlzeiten eingenommen werden, die so ausreichend sättigen, dass man zwischendurch auch nichts in den Mund stecken muss. Dies gilt für alle. Der Grund dafür ist folgender: die Nahrung braucht eine gewisse Zeit, um verdaut zu sein, bzw. den Magen zu verlassen. Diese Zeit ist allerdings unterschiedlich, je nachdem was und wie viel man isst. Hat man ein gesundes Essverhalten, zeigt der Körper dies durch Hunger an. So ca. kann man aber sagen, dass dies 4 -6 Stunden sind. Nimmt man weiteres Essen zu sich, wenn das vorherige noch nicht verdaut ist, (auch wenn es noch so wenig ist, z.B. ein Apfel), wird der Verdauungsprozess gestört. Man hat also halb verdautes und frisch gegessenes im Magen. Irgendwann wird alles zusammen in den Darm weiter geleitet obwohl einiges davon noch nicht fertig verdaut ist, oder anderes zu lang im Magen lag, etc. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Darmflora aus usw. Ich denke es ist klar. Hier nochmal ein Vergleich: Man kocht eine Suppe und gibt immer wieder etwas frisches dazu. Was wird aus der Suppe? Wann wird sie fertig?
    Ich könnte mir desweiteren gerade für Menschen mit Essstörungen vorstellen, dass die festen, regelmäßigen Essenszeiten hilfreich sind, weil ein bestimmter Rhythmus und System hineingebracht wird, an das man sich schließlich gewöhnt. Dies kann sicher einiges harmonisieren und auch das ganze Verdauungssystem wieder in Harmonie bringen.

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    1. Vielen Dank für diese wertvolle Ergänzung! Ayurveda ist generell eine gute Sache, wenn man zu eine Ernährung kennenlernen möchte, die dem Körper wirklich gut tut und die gleichzeitig auch individuelle Bedürfnisse berücksichtigt. Auch immer wieder gern beschäftige ich mich mit der Wirkung der unterschiedlichen Nahrungsmittel auf den Körper, wie zum Beispiel kühlend / wärmend. Ayurveda hält Wissen bereit, das über Jahrtausende hinweg aufgebaut worden ist. Das ist eine völlig andere Grundlage als die kurzfristigen Ernährungstrends, mit denen sich unsere modere Gesellschaft sonst so beschäftigt.

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  2. Liebe Jo, ich lese schon seit längerem deinen Blog und deine Posts helfen sehr! Ich bin nach vielen guten und weniger guten Phasen im heurigen Jahr nun seit 4 Wochem Symptom-Frei. Ich schreibe sehr viel und analysiere meine Träume. Das funktioniert unwahrscheinlich gut bei mir.

    Bei diesem Beitrag bin ich etwas skeptisch. Ich kann mich Zeit meines Lebens daran erinnern, dass ich am Vormittag immer ein "Tief" hatte/habe, irgendwie fühle ich mich dann schwach und unterzuckert. Egal ob ich viel oder wenig frühstücke, ob ich ein Ei und Schinken oder ein Müsli esse. Am Nachmittag fühle ich mich ohne Zwischenmahlzeit besser. Ich frage mich: warum soll ich mich quälen und bis zum Mittagessen "durchhalten" wenn es mir mit einem Apfel wieder besser geht? Hat nicht jeder einen anderen Stoffwechsel und Rhythmus und sollte sich darauf einstellen? Sonst ist die Gefahr einer Essattacke ja höher oder? Immer redet man von 3 oder 5 Mahlzeiten. Ich tu mir da mit beidem schwer.

    Eine Frage habe ich noch: Ich mache nun seit 3 Wochen Sport, regelmäßig ein paar Stunden die Woche. Ich habe mir erwartet, dass mein Körper nach dieser Zeit schon etwas wohlgeformter ist. Ich esse gesund und nasche nur an einem Tag in der Woche, aber es tut sich nichts. Muss sich nach vielen Jahren Bulimie der Stoffwechsel vielleicht erst wieder einstellen? Wie lange dauert das?

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  3. Anonym07 Januar

    Hallo!
    ich habe Deinen Blog gerade neu entdeckt und freue mich darüber!
    Ich bin selbst seit 20 jahren von Bulimie betroffen und war vor einem Jahr in der Psychosomatik. Dort war es eine strenge Regel Zwischenmahlzeiten zu sich zu nehmen!
    Ich fand es gewöhnungsbedürftig, aber es hat recht schnell gut funktioniert.Ich war sehr glücklich essen zu dürfen und zu müssen! Lange Zeit nach der Klinik habe ich mich an diesen Ablauf gehalten und das ging gut. Irgendwann aber dachte ich, ich könnte die Zwischenmahlzeiten reduzieren und das ging total nach hinten los!
    Mir ist klar, dass es gesünder für den Verdauungsablauf wäre, nicht so oft zu essen, aber nach so vielen Jahren des Hungerunterdrückens, gefolgt von Fressanfällen weiß ich wie wichtig es ist sich an die Zwischenmahlzeiten zu halten! Ich glaube, es wird noch lange dauern, bis ich da entspannter sein kann!
    vlg
    M.

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    1. Hey, freut mich, dass dir mein Blog gefällt!
      Meine Erfahrung ist - und das höre ich auch von Betroffenen - dass der Körper nach einer Umstellungsphase schon in der Lage ist, 4 oder 5 Stunden ohne Essen auszukommen. Wenn es nicht klappt, liegt es meiner Vermutung nach daran, dass ungünstige Lebensmittel gewählt wurden (z.B. in Form von kurzkettigen Kohlenhydraten) oder schlicht zu wenig gegessen wurde.

      Hast du eine Vermutung, warum es bei dir nicht geklappt hat? Ist dein Blutzucker vielleicht zu schnell nach unten gesackt?

      Viele Grüße
      Jo

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