Mittwoch, 22. August 2012

Erlernte Hilflosigkeit

Diesen Begriff habe ich vor Urzeiten schon einmal gehört und für mich als teilweise zutreffend gesehen. Ja, ich habe mich früher eher reaktiv als aktiv verhalten. Ich habe auf die Dinge reagiert, anstatt selbst etwas zu unternehmen. Kein Wunder, dass ich mich meistens wie ein kleines Kind gefühlt habe.

Was ist erlernte Hilflosigkeit? Hierzu wurden Experimente mit Hunden durchgeführt, die in 2 Gruppen eingeteilt waren. In beiden Gruppen wurden die Hunde Elektroschocks ausgesetzt. Die Hunde in Gruppe 1 konnten durch die Betätigung eines Hebels den Elektroschock verhindern, während das Verhalten der Hunde in Gruppe 2 keinerlei Einfluss auf die Elektroschocks hatte.

Dies führte dazu, dass die Hunde in der 2. Gruppe, die keinen Einfluss auf die Situation ausüben konnten, nach einer Weile nur noch lethargisch in der Ecke lagen und die Schocks über sich ergehen ließen.

Ich sehe hier einige Parallelen zur Bulimie. Es könnte gut sein, dass sich viele Bulimiker wie die Hunde der 2. Gruppe fühlen. Sie haben das Gefühl, nichts an ihrer Situation ändern zu können und der Bulimie völlig ausgeliefert zu sein.

Wenn ihr euch so fühlt: dem ist nicht so!! Tatsache ist, dass jeder, egal, wie schlimm seine Abhängigkeit ist, sein Leben immer noch selbst in der Hand hat und durch sein Verhalten großen Einfluss auf seine Situation ausüben kann.

2 Kommentare

  1. Anonym22 August

    Sich der Bulimie ausgeliefert fühlen ist eine Sache. Man kann sich -wie du schon schreibst- klar machen, dass man sich daraus befreien und letzten Endes Kontrolle über sein Leben erlangen kann, wenn man es denn will.
    Ich würde gerne eine andere Dimension des Ausgeliefertseins ansprechen, die zumindest mir oft zu schaffen macht, nämlich das Gefühl des Ausgeliefertseins oft in vielen Alltagssituationen, in denen man keine Kontrolle bzw. keinen Einfluss hat auf die Rahmenbedingungen. Durch den daraus entstehenden Druck wird im Endeffekt bulimisches Verhalten ausgelöst, z.B.
    - Verspätungen
    - nervige Tätigkeiten auf der Arbeit
    - Probleme in der Familie und die fehlende Möglichkeit, ihnen zu entkommen
    - Verabredungen, auf die man eigentlich keine Lust hat
    - Essen, wenn man irgendwo zu Besuch ist und dann selbst nicht vollständig beeinflussen kann, was es gibt (oftmals unausgewogene Mahlzeiten mit Lebensmitteln,die man als Bulimikerin eigentlich zu vermeiden versucht, beispielsweise Weißmehl)
    Ich weiß, all das hört sich vielleicht lächerlich an, aber es gibt ehrlich Momente, wo mich Kleinigkeiten aus dem Konzept bringen und mir das Gefühl geben, ich bin fremdgesteuert, was in Unglücklichkeit und oftmals zu viel Essen+Hungern als Ausgleich resultiert.
    Vor allem der letzte Punkt (Essenseinladungen) bringt mich so oft zum Stolpern. Einerseits möchte man nicht unhöflich sein oder sich selbst von vornherein abkapseln, anderseits sollte man doch eigentlich auf sich selbst und seinen Körper hören, nur dann kommt das schlechte Gewissen den Anderen gegenüber, wenn man so selbstzentriert ist.
    Kennst du auch dieses Gefühl der Fremdbestimmung durch externe Faktoren aus deinem Umfeld? Wie gehst du persönlich mit ihnen um, damit sie dir nicht diese Hilflosigkeit geben, die zu einem Mehr-Essen+Hungern als Ausgleichsmechanismus führt?

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  2. Essen hat eine wahnsinnig starke soziale Bedeutung. Essen ist sozialer Kitt. Essen verbindet Menschen. Das war wohl schon immer so. Die Leute saßen schon in der Steinzeit um ihr Feuer herum und haben sich die Mammutkeule geteilt.

    Ich vermute, dass es hier darum geht: um die Rolle in der Gesellschaft. Wenn man die noch nicht kennt, wenn man sich selbst noch nicht definiert hat, wenn man nicht weiß, wer man ist, isoliert man sich.

    Das tust du, indem du nicht am Essen teilnimmst.

    An Veranstaltungen, auf die ich keine Lust habe und die auch keinen Mehrwert haben (Person xy treffen oder Spaß haben, Informationsaustausch,...) nehme ich nicht teil.

    Das Gefühl der Fremdbestimmung wird man erst dann los, wenn man es die Leute wissen lässt, wenn sie Grenzen überschritten haben. Das ist wie mit dem Gartenzaun, sie würden sonst einfach auf meinem Beet herumtrampeln ohne es zu merken :)

    Dann braucht man Essen nicht mehr als Ausgleich. Der Ausgleich erfolgt dann direkt und nicht mehr mit Essen.

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