Montag, 30. Juli 2012

Entwicklungsrückstand durch Bulimie?

Eine These, die ich seit längerem habe, ist eine Art Entwicklungsrückstand durch Bulimie. Falls ihr mir nicht sofort folgen könnt, möchte ich das kurz erläutern. Zu allererst, wie ich darauf komme. Ich habe das an mir selbst leider feststellen müssen- und zwar vor allem im sozialen Bereich. Leider ist es durch die jahrelange Bulimie dazu gekommen, dass mir, vor allem als ich das erste Mal längere Zeit ohne FAs gelebt habe, meine Probleme in der Interaktion mit anderen Menschen bewusst geworden sind. Mir fiel es einfach viel schwerer, mich altersgerecht zu verhalten. Ich wurde immer viel jünger geschätzt, und zwar nicht nur durch mein Aussehen, sondern auch durch mein Verhalten. Ich war wohl etwas unsicher und auch kindlich, obwohl ich damals schon 22 / 23 war. Die Leute haben mich also zuerst aufgrund meines jungen Erscheinungsbilds zu jung geschätzt, wohl so auf 17 / 18, und wurden dann durch mein Verhalten in dieser Einschätzung bestätigt.
Als kurze Beruhigung: mittlerweile hat es sich sehr verbessert, ich werde zwar immer noch jünger geschätzt, habe mein Verhalten allerdings stark verändert, bin selbstbewusst und lasse mich nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen. Ich bin souveräner geworden und weiß ungefähr, was ich will. Und vor allem, was ich nicht will.
Aber wodurch ist dieser Rückstand damals entstanden? Die Bulimie ist ein Verdrängungsmechanismus, wenn man so will. Dadurch verdränge ich all meine Gefühle, und lerne nie, adäquat mit ihnen umzugehen. So entwickle ich mich nicht weiter- wie auch... Durch die FAs verwehre ich mir selbst die Weiterentwicklung, und bleibe nich nur in sozialen Angelegenheiten, je öfter ich den Verdrängungsmechanismus anwende, immer weiter hinter meinen "Altersgenossen" zurück. Alles bleibt auf der Strecke: meine eigenen Interessen (was macht mir überhaupt Spaß?), meine Freunde (wer mag mich schon, wenn ich mich selbst hasse?), meine berufliche Zukunft (ich bin nicht gut genug etc.) und vieles mehr.
Wie kann ich ausbrechen? Indem ich lerne, die Dinge anders zu sehen. Dass Bulimie nicht nur meinen Körper zerstört, sondern dass ich dadurch vor allem auch den Kontakt zu mir selbst verliere. Gefühle sind nicht etwas, was ich vernachlässigen kann. Gefühle sind wichtige Instrumente, die mir den Weg zu mir selbst aufzeigen können. Ich muss sie nur wahrnehmen, und nach und nach lernen, mit ihnen umzugehen. Es gibt außerdem keine negativen Gefühle. Die sogenannten negativen Gefühle zeigen mir auf, was ich in meinem Leben ändern muss. Neid zeigt mir vielleicht, dass ich eigentlich etwas haben will, das ich im Moment nicht habe. Hass auf jemanden entsteht möglicherweise dadurch, dass der Mensch, der mich so aggressiv macht, ähnliche Züge hat wie ich selbst, die ich an mir aber nicht akzeptieren kann.
Es ist eine wunderbare Erfahrung, dazuzulernen. Wenn ich es annehmen kann, dass wirklich jedes Gefühl seinen Ursprung in mir selbst hat, und mir eine Hilfe ist, komme ich meinem Ziel immer näher- ich lerne mich kennen. Stellt euch eine alte Dame vor, die zufrieden in ihrem Sessel sitzt und voller Stolz von ihrem Leben erzählt.

Szene aus "Oma und Bella", Quelle: jffb.de

Dabei denke ich gerade an den Film "Oma und Bella", der demnächst im Kino anläuft und den ich mir unbedingt anschauen muss ;)

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