Dienstag, 14. Dezember 2010

Sag deine Meinung!! Immer!

Mann mann mann. Dass ich das jemals schaffe, hätte ich vor ein paar Jahren nicht geglaubt.
Als ich ca. 19 war, hatte ich schon einige Jahre Bulimie, und sie war schon zur Normalität geworden. Ich schämte mich dafür, dass ich mich der Krankheit so ausgeliefert hatte. Trotzdem, ich weiß nicht, warum ich soviel Glück hatte, habe ich immer gespürt, dass ich eines Tages wieder das Licht sehen würde. Dass ich es schaffen würde. Ich wusste noch nicht, dass es noch mindestens 4 Jahre dauern würde, bis ich das Gröbste überstanden hatte und ich kein Knecht der Bulimie mehr sein würde. Es war eine grausame Zeit, vor allem im Nachhinein betrachtet.
Ich war still, angepasst, litt unter sozialer Phobie. Ich traute mich kaum, mit anderen zu sprechen, und war es nur ein harmloses, kleines Gespräch, "wie man das so macht".
Ich war schon früh ausgezogen, ich glaube heute, dass es auch meine Eltern nicht länger mitansehen konnte, wie ich mich selbst zerstörte, und wie ich der Bulimie mein Leben versprochen hatte. Das schien wohl eine Art Pakt mit dem Teufel gewesen zu sein, und ich kann ihnen kaum böse dafür sein, dass sie so hilflos waren. Ich war es auch.
Das war es also, ich war 19, angepasst, hatte immensen Respekt vor Frauen, die laut ihre Meinung sagten, die sich trauten, ihr Gehirn zu benutzen. Wie schafften sie das bloß? Es war mir wirklich ein Rätsel, und ich war so sehr im Kampf mit der Bulimie verstrickt, dass mein eigenes Gehirn davon ganz vernebelt war. An eine eigene Meinung war also nicht zu denken.
Ich glaube im Nachhinein, dass ich wohl einige lichte Momente hatte, wenn ich mich nicht vollstopfte nämlich. Das kam so ca. alle Lichtjahre mal vor. Dann schaffte ich 1en in der Schule, die ich mit Ach und Krach und einiger Verspätung hinter mich brachte. Ich dachte mir immer, wenn es doch nur immer so wär! Ich konnte also, wenn ich wollte. Scheinbar wollte ich aber nicht.
Die Folge war, dass ich ein gerade noch so das Abitur ablegte, mich dafür schämte, und seit dieser Zeit das latente Gefühl des "ich könnts eigentlich viel viel viel besser" mit mir herumtrug. Ich beneidete die Schüler nicht, die ein Einserabitur gemacht hatten, nein, ich verachtete sie dafür, dass sie dasselbe Potenzial in mir nicht sehen konnten und nicht sehen wollten.
So war ich also jahrelang das brave Mädchen, das nie den Mund aufmachte, das still alles über sich ergehen ließ.

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